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Sieglin, Ernst von; Schreiber, Theodor [Hrsg.]
Expedition Ernst von Sieglin: Ausgrabungen in Alexandria (Band 1,1): Die Nekropole von Kôm-esch-Schukâfa — Leipzig, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.27160#0192
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KAPITEL XV

170

Aber wozu diente das untere Stockwerk, welches uns durch die abwärtsführende
Treppe N sicher bezeugt ist? Wir stellen dieselbe Frage bei dem Grab von 1902
( Typus %•), ohne eine Antwort geben zu können, da in beiden Fällen diese Unter-
geschosse nicht untersucht werden konnten. Dürfen wir die Analogie des Licht-
schachtes von Scavo A (Tafel II, 3 Saal B) heranziehen, so waren in der Tiefe
schmälere Gänge ohne Wandnischen und Ossuarien vorhanden, deren Einrichtung und
Verwendung aber auch hier unklar bleibt. Die Rätsel der Anlage des Wescher-Grabes
vermehren sich, wenn wir den merkwürdigen zylindrischen Senkschacht in der einen
Ecke des Lichthofes ins Auge fassen. Es war der Zugang zu einer dritten Beerdigungs-
stelle, eine Anlage, welche an Gräberformen der Pharaonenzeit erinnert, an die Senk-

Schächte der Mastabagräber. Denn wie diese auf dem Boden
sich seitlich öffneten, um in einer Kammer den Leichnam
aufzunehmen, ist hier der Rundschacht in der Tiefe (wie der
Querschnitt in Beiblatt I Figur III zeigt), durch zwei lange,
niedrige und sich verjüngende Gänge erweitert, Stollen, die
im rechten Winkel auseinandergehen. Aber während die alt-
ägyptischen Grabschächte verschüttet wurden, um sie völlig
unzugänglich zu machen und die Leiche vor Beraubung und
Beschädigung zu sichern, war der Schacht hier mit Einsteige-
löchern versehen, also offen geblieben. Immerhin war auf diese
Weise ein verstärkter Schutz der Leiche gewonnen, zumal

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Abb. 105 (Typus rj, i). DasvonAgnew
publizierte Grab in Gabbari.

wenn die Stollen durch Steinmauern abgeschlossen wurden.
Ich möchte daher das ,,Brunnengrab“ als Rest ältester ein-
heimischer Begräbnissitte auffassen. Man behielt es in griechisch-
römischer Zeit noch bei für diejenigen, welche more aegyptio
bestattet werden wollten. Ein weiteres, etwas verändertes
Beispiel wird uns in Typus 1 begegnen. Die nächste Analogie
gibt Scavo A (Tafel II, 2), wo ebenfalls in der einen Ecke des
Lichthofes B der runde Schacht b zu unteren Grabräumen führt. In derselben Katakombe
findet sich eine kleine Grabanlage, die ihrem ganzen Zuschnitt nach eine Variante des
Wescher-Grabes ist, wenn wir die fehlenden Teile nicht mit August Thiersch so, wie
in Tafel II, 2 versucht worden ist, sondern nach der Herstellung in Abbildung 28
(Seite 46) ergänzen. Ich meine das Grab, welches aus conditorium F, cella memoriae E
und der vermutlich direkt in den Lichthof führenden Treppe G besteht.21

Ein besonderes Interesse erregt das von Agnew bekannt gemachte Grab r;, 1, ein
Grab aus der Nekropole von Gabbari. Es ist merkwürdig, weil es in eigenartiger Weise
altsyrische und griechische Elemente verbindet. Allerlei spätere Umänderungen und
Zusätze muss man erst wegdenken die Inschriften, welche in die Zeit der Antoninen
weisen und noch nicht christlich sind, sämtliche Nischen des Lichtschachtes und der
nordwärts angrenzenden Kammer c, welche daher in unserer Skizze Abbildung 105 mit
 
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