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Sieglin, Ernst von; Schreiber, Theodor [Editor]
Expedition Ernst von Sieglin: Ausgrabungen in Alexandria (Band 1,1): Die Nekropole von Kôm-esch-Schukâfa — Leipzig, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.27160#0197
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KAPITEL XV

■75

Textbild 181 a und b wiedergegeben sind. Beidemal ist eine Tür mit besonderem Fleisse
dargestellt, einmal ist es eine halbgeöffnete Tür griechischer Form, das andere Mal eine
griechische neben einer ägyptischen; in dem ersten Falle wird auch das Gebälk des
Daches durch vorspringende Sparrenköpfe ganz so angedeutet, wie in dem vorerwähnten
Vedutenbildchen.

Ist bei diesen gebäudeartigen Altären der Gedanke an das im Freien über dem
Grabe darzubringende Blutopfer massgebend gewesen, so mag in anderen Fällen die Idee
der Kapelle oder des Wohnhauses, in welchem der Verstorbene dauernd Aufenthalt
genommen hat, vorgeherrscht haben. Zwei aus dem Friedhof von Hadra stammende
Kalksteinaufsätze (Abbildung 109 und 1 10) veranschaulichen diese neue Form des Grab-
oberbaues, von der das alexandrinische Museum noch andere Varianten aufweist. Der
Uräenfries gibt der neuen Heimstätte des Toten einen sakralen Anstrich. Der Edelfalke,
dessen Reste neben denen der stehenden Figur des Verstorbenen innerhalb der Tür von
Abbildung 109 sichtbar sind, gewährleistet den göttlichen Schutz, wie ja auch die Hunde
auf den Nebenseiten als Grabwächter dienen. Besser erhalten ist in dem zweiten
Exemplar die in der offenen Pforte sichtbare Büste des Verstorbenen, die nach den Ver-
hältnissen des Baues zu einer stehenden Eigur zu ergänzen ist. Das kurzgelockte Haar
und die vom Hinterkopf auf die Schultern fallende Perücke sichern den Porträtcharakter
und verhindern die Auffassung als Götterbild.28 Mögen nun diese kleinen Darstellungen
grössere Vorbilder genau wiedergeben oder nicht, jedenfalls konnten sie als Stellvertreter
monumentaler Bauten dienen und sind als solche auf dem Grabe aufgestellt worden.
Das hat Botti29 auf dem Gräberfelde bei Fort Saleh konstatiert, wo er über dem Erd-
boden des edicules souvent ornes de statues gesehen hat, leider ohne diese Beobachtung
durch Wort und Bild genauer zu erläutern.

1 Vergl. Botti, Memoire § 3 mit Note (in Teil VII dieses Werkes). Zu Gruppe c oder d gehören auch die
beiden, von Pococke, A Description of the East (London 1743), vol. I, pl. V, bekannt gemachten Katakomben, die im
Westen der Stadt nach Gabbari zu und an der Küste vor Meks lagen. Es ist aus den Grundrissen nicht zu ersehen,
ob sie durch Lichtschächte erhellt waren. Die eine Anlage bietet durch einen mit vier Pfeilern ausgestatteten Saal von
ungewöhnlich grossen Abmessungen eine Parallele zu dem Pfeilersaal des Grabes von Scavo D.

2 7) cmßäs, das klinenartige Lager für die Leiche, und 7) oopog, der Sarg, vergl. 0. Kern, Inschriften von
Magnesia Nr. 281. W. Altmann, Architektur und Ornamentik der antiken Sarkophage p. 22 u. 31.

3 Vergl. S. 194 Abb. 135.

4 Vergl. Bottis Memoire § 28 (in Teil VII dieses Werkes).

5 Bull, de la Soc. arch. d’Alexandrie nr. 2, 1899, p.48, pl. I. Noack, Mitteil. d. ath. Inst. XXV, 1900, p. 229.

6 Ein paar kurze Notizen über dieses interessante Grab gibt Botti in der Rivista Egiziana VI, 1894, p. 149.

7 Hermann Thiersch, Zwei antike Grabanlagen bei Alexandrien (Berl. 1904), Tafel I -III. A. Schiff, Alexan-
drinische Dipinti I, p. 56.

s Näheres darüber im 2. und 3. Bande der Sieglin-Publikationen. Vergl. auch Bulletin de la Societe archeo-
logique d’Alexandrie nr. 2 p. 55.

9 Die durchaus abweichenden Sitten der älteren, vorptolemäischen Zeit, in welcher der Gräberschacht
ausgefüllt wird und der Totenkult in oberirdischen Räumen vor einer Scheintür stattfmdet, kommen für uns nicht
in Betracht.

10 Vergl. die Zusammenstellung bei Ohnefalsch-Richter, Kypros Tafel LXXII.

11 Botti, Bull. Soc. Alex. nr. 4, 1902, p. 9fr. Schiff, Alexandrinische Dipinti I, p. 67, vergl. p. 55 Anm.2.

12 Alfred Schiff konnte das von Botti unzulänglich beschriebene Grab eingehend untersuchen, hat aber aus
Rücksicht auf eine von Botti geplante, dann unterbliebene Publikation die bauliche Einrichtung des Grabes nicht
erschöpfend behandelt. Mir selbst ist es leider nicht vergönnt gewesen, das Grab zu sehen.
 
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