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III. 1. Die Wiederherstellung der österreichischen Macht.
eben nur der Widerschein der wirren Einfälle und sich durchkreuzenden
Pläne der Congreßmächte, welche das nicht repräsentirte Jtalien als
todtes Gnt behandelten nnd sich um den Besitz des schönen Landes in
unwnrdiger Weise stritten. Preusien wollte den König von Sachsen durch
die Legationen entschädigen, der spanische Gesandte protestirte gegen die
Uebergabe Parma's an die österreichische Marie Lonise und verlangte das-
selbe für seine bourbonische Marie Leuise, die ehemalige Königin Etrnriens,
Frankreich lag die Wiederherstellung der Bourbonen auf dem Throne
Neapels am Herzen, Piemont bemnhte sich in zahlreichen Denkschriften,
die Wichtigkeit seines sicheren und unabhängigen Daseins zn beweisen und
die erdrückenden Umarmungen Oesterreichs abzuweisen*), dieses endlich
fand auch in dem rechten Tessinufer, anch in Piacenza und den Legationen
brauchbare Ergänzungen des bisher schon Erworbenen. Zur Beruhigung
der italienischen Gemüther sirug dieses willkürliche Schalten mit dem
Lande nnd Volke nichts bei. Was bisher ein bloßer Traum war und
nur nebelhaft der Phantaste der Dichter vorschwebte, die Unabhängigkeit
Jtaliens, begann allmälich einen Körper zu gewinnen, freilich nur einen
krüppelhaften, wie ihn eben Verschwörer nnd politisirende Soldaten
schaffen können.
Napoleons Verweilen anf dem nahegelegenen Elba nährte die Hoffnnng
der unzufriedenen italienischen Armee, die mit Recht darüber klagen durfte,
daß sie das Loos der Besiegten tragen müsse, ohne in freiem Kampfe
überwnnden zu'sein; Murats täglich schwankendere Stellung, sein richtiges
Gefühl., daß er auf den Thron Neapels keinen andern Rechtstitel be-
besitze, als den seiner augenblicklichen Unentbehrlichkeit, seine Ueberzeugung,
daß der Wiener Congreß nnter dem Einflusse Talleprands nur Feind-
seliges gegen ihn im Schilde führe, bildeten die Brücke zu seiner Ver-
einigung mit der nationalen Partei und schenkten den geheimen Gesell-
schaften einen weiten Spielraum für ihre Thätigkeit. Bereits am
27. August 1814 mußte Oesterreich ein Verbot gegen die Freimaurer
und Carbonari ergehen lassen, mit einer Polizeimaßregel seine Regiernng
beginnen. Wenige Wochen später wurde die Wiener Festversammlung
durch die Nachricht von Unrnhen in Mailand aufgeschreckt. Jm Theater
ließen (17. Oetoberj Offiziere und junge Leute Napoleon hoch leben und
widersetzten sich der einschreitenden öfterreichischen Wache. Das Gerücht
übertrieb, wenn es von Todten und Verwundeten sprach, aber selbst der
österreichische Beobachter gab zu, daß in Jtalien „Einige die Unruhe
liebten, daß der Geist des Volkes nicht allgemein gut sei, Viele aus dem
Civil- und Militärstande die frühere Verfassung zurückwünschten und das
*j Es ist Reuchlin's Verdienst, die alte Erbftindschast zwischen Oesterreich und
Piemont, die Unverträglichkeit der beiden Staaten nebeneinander nachgewiesen und daS
Verhältniß derselben zn einander aus sachlichen Gründen erklärt zu haben.
III. 1. Die Wiederherstellung der österreichischen Macht.
eben nur der Widerschein der wirren Einfälle und sich durchkreuzenden
Pläne der Congreßmächte, welche das nicht repräsentirte Jtalien als
todtes Gnt behandelten nnd sich um den Besitz des schönen Landes in
unwnrdiger Weise stritten. Preusien wollte den König von Sachsen durch
die Legationen entschädigen, der spanische Gesandte protestirte gegen die
Uebergabe Parma's an die österreichische Marie Lonise und verlangte das-
selbe für seine bourbonische Marie Leuise, die ehemalige Königin Etrnriens,
Frankreich lag die Wiederherstellung der Bourbonen auf dem Throne
Neapels am Herzen, Piemont bemnhte sich in zahlreichen Denkschriften,
die Wichtigkeit seines sicheren und unabhängigen Daseins zn beweisen und
die erdrückenden Umarmungen Oesterreichs abzuweisen*), dieses endlich
fand auch in dem rechten Tessinufer, anch in Piacenza und den Legationen
brauchbare Ergänzungen des bisher schon Erworbenen. Zur Beruhigung
der italienischen Gemüther sirug dieses willkürliche Schalten mit dem
Lande nnd Volke nichts bei. Was bisher ein bloßer Traum war und
nur nebelhaft der Phantaste der Dichter vorschwebte, die Unabhängigkeit
Jtaliens, begann allmälich einen Körper zu gewinnen, freilich nur einen
krüppelhaften, wie ihn eben Verschwörer nnd politisirende Soldaten
schaffen können.
Napoleons Verweilen anf dem nahegelegenen Elba nährte die Hoffnnng
der unzufriedenen italienischen Armee, die mit Recht darüber klagen durfte,
daß sie das Loos der Besiegten tragen müsse, ohne in freiem Kampfe
überwnnden zu'sein; Murats täglich schwankendere Stellung, sein richtiges
Gefühl., daß er auf den Thron Neapels keinen andern Rechtstitel be-
besitze, als den seiner augenblicklichen Unentbehrlichkeit, seine Ueberzeugung,
daß der Wiener Congreß nnter dem Einflusse Talleprands nur Feind-
seliges gegen ihn im Schilde führe, bildeten die Brücke zu seiner Ver-
einigung mit der nationalen Partei und schenkten den geheimen Gesell-
schaften einen weiten Spielraum für ihre Thätigkeit. Bereits am
27. August 1814 mußte Oesterreich ein Verbot gegen die Freimaurer
und Carbonari ergehen lassen, mit einer Polizeimaßregel seine Regiernng
beginnen. Wenige Wochen später wurde die Wiener Festversammlung
durch die Nachricht von Unrnhen in Mailand aufgeschreckt. Jm Theater
ließen (17. Oetoberj Offiziere und junge Leute Napoleon hoch leben und
widersetzten sich der einschreitenden öfterreichischen Wache. Das Gerücht
übertrieb, wenn es von Todten und Verwundeten sprach, aber selbst der
österreichische Beobachter gab zu, daß in Jtalien „Einige die Unruhe
liebten, daß der Geist des Volkes nicht allgemein gut sei, Viele aus dem
Civil- und Militärstande die frühere Verfassung zurückwünschten und das
*j Es ist Reuchlin's Verdienst, die alte Erbftindschast zwischen Oesterreich und
Piemont, die Unverträglichkeit der beiden Staaten nebeneinander nachgewiesen und daS
Verhältniß derselben zn einander aus sachlichen Gründen erklärt zu haben.