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Springer, Anton
Geschichte Österreichs seit dem Wiener Frieden 1809: in zwei Theilen (Band 1): Der Verfall des alten Reiches — Leipzig, 1863

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https://doi.org/10.11588/diglit.29905#0280
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270 III- l. Dic Wiederherstellung der österreichischm Macht.

tapfern 80000 Neapolitanern besiegt zu werden, gelassen wurde. Oester-
reich antwortete, wie zu erwarten stand, anf diese Proelamation nicht
allein mit einer Gegenerllärnng, sondern auch mit den Waffen. Bellcgarde
(5. April) wunderte sich darüber, daß dieser Mensch, der in Jtalien eben
so sremd sei wie neu unter den Fürsten, sich zn einer Sprache vermesse,
die man höchstens im Munde eines Farnese, Doria nnd Trivnlzi dnlden
könnte. Er, der Fremde, werfe sich znm Hanpte des italienischen Volkes
auf, während doch die Welt wisse, daß Kaiser Franz im schönsten Theile
des Landes geboren, daß er ein eingeborener, ein italienischer Fürst sen
Mit dem Tramnbilde eines großen Reiches wolle Mnrat die Geister
blenden; man würde aber die größte Mühe haben, für dieses Neich eine
Hauptstadt zn finden, da Jtalien von der Natur bereits zur Gliederung
in mehrere Staaten bestimmt sei.*) Schwerlich waren diese Redens-
arten für die Jtaliener von überzeugender Natnr, auch die wachgerufenen
Erinnerungen an die glücklichen Tage Maria Theresias und Leopolds
ließen sie nicht recht erwarmen, desto schlagender war die Wirkung der
österreichischen Waffen. Murat genoß kein Vertrauen bei der Bevölke-
rung, sein Heer, wenn auch zahlreich, besaß weder militärische Tüchtigkeit
noch sittlichen Muth, zwischen den Osfizieren, aus italienischen und sran-
zösischen Eleinenten zusammengesetzt, herrschte Zwietracht und Haß. Bis
an den Po vorgerückt, begann er das Gefährliche seiner Lage und die
Unmöglichkeit eines siegreichen Erfolges einzusehen. Er suchte einzulenken
und hätte sich gern mit Oesterreich auf diplomatischem Wege abgefunden.
Am 21. April richtete der Chef seines Generalstabes Millet de Villeneuve
an den österreichischen Befehlshaber die Bitte um einen Waffenstillstand.
Der Krieg sei eigentlich nur aus einem Mißverständnisse hervorgegangen.
Bei Cesena hätten österreichische Soldaten auf die gegenüberstehenden
Neapolitaner geschossen, diese den Augriff erwidert und so sei die Mei-
nung entstanden, als ob Oesterreich den Krieg beabsichtige. Noch könne
das Mißverständniß beseitigt werden nnd da das Jnteresse beider Staaten
Frieden und Freundschast verlange, so schlage Millet einen vorläufigen
Waffenstillstand vor. Mit Recht war General Frimont über die Un-
verschämtheit empört, mit welcher heute als bloßer Zufall entschuldigt
wurde, was vor einigen Wochen als tief angelegter Plan galU*), ging
ans den Antrag nicht ein, sondern erklärte, den Kampf mit dem Aufgebot
aller Kräfte fortsetzen zn wollen. Murat's Muth war gebrochen, er gab

duslterio II, p. 267.

**) Jm Auftufe von Nimini hatte Murat sich darüber gercchtfertigt, daß er dem
Rufe der Jtaliener nicht ftüher Folge geleistet; er habe den rechten Zeitpunkt abge-
wartet, bis er die Beweise von der Treulosigkeit der Feinde der Nation in den Händen
gehabt. Nachdem er dicse 8perien^a prorNg e katgle gewonnen, sordert er die Mailändew
Venetianer, Brescianer auf, die Waffen zu ergreifen.
 
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