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Springer, Anton
Geschichte Österreichs seit dem Wiener Frieden 1809: in zwei Theilen (Band 1): Der Verfall des alten Reiches — Leipzig, 1863

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https://doi.org/10.11588/diglit.29905#0282
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III. 1. Die Wiederherstellung der österreichischen Macht.

heit erfüllt. Die weiteren Bestimmungen des Patentes (v. 7. April)
befahlen aber die Theilung des Königreichs in zwei „Gouvernements-
territorien," in das Mailändifche Gubernium am rechten und das Ve-
netianische am linken Ufer des Mineio. Die Gouverneure — in den
ersten Jahren Graf Saurau in Mailand nnd Graf Goes in Venedig —
unterstanden nicht dem Vicekönige, sondern waren von den Wiener Hof-
stellen unmittelbar abhängig; das Amt des Vicekönigs war wesentlich
ceremonieller Natur. Er hatte in Mailand Hof zu halten, bei seierlichen
Gelegenheiten den Kaiser zu vertreten und einzelne Actenstücke mit seiner
Unterschrift zu schmücken. Die Nichtigkeit des Amtes wurde noch durch
die leere Persönlichkeit des Mannes, welchem dasselbe übertragen wnrde,
gestärkt. Erzherzog Anton, zuerst znm Vicekönig ernannt, hatte diesen Posten
gar nicht angetreten, erst Erzherzog Rainer, wie die meisten Erzherzoge
zum Gärtner erzogen, hatte (3. Ianuar 1818) seinen Sitz in Mailcmd
ausgeschlagen und hat ihn dreißig Jahre lang behauptet, ohne aber irgend
welchen politischen Einfluß zu gewinnen oder auch nnr anznsprechenU)
Anch die Centralcongregationen traten nicht zu Ständen des Königreichs
znsammen, sondern vertraten nur die beiden getrennten Verwaltungsge-
biete. Kaiser Franz hatte sie eingesetzt, um, wie es in dem Patente hieß,
die Wünsche und Bedürfnisse der Einwohner im gesetzlichen Wege genau
zu vernehmen und die Einsichten und Rathschläge ihrer Repräsentanten
zu benützen. Wohlwollende österreichische Schriftsteller versicherten, daß
sie den Behörden „gleichsam als Controle" zur Seite ständen. Von der
Controle merkte man nichts, desto mehr von ihrem nur „gleichsamen"
Dasein. Jhre Thätigkeit war in Wahrheit aus das Abfassen von Bitt-
schristen eingeschränkt, ihre Zusammensetzung aus begüterten adelichen
und bürgerlichen Grundeigenthümern nnd Abgeordneten der königlichen
Städte, welche der Bestätigung durch die Regierung bednrften, eine schlechte
Bürgschaft für ihre Unabhängigkeit, ihr Einfluß durch den §. !7 der
Verfassung vernichtet, welcher der Regierung das Recht gab, alle Mit-
glieder, die sich des kaiserlichen Vertrauens unwürdig zeigten, von der Cen-
tralcongregation auszuschließen. Dem Namen nnd Wappen nach ein
Königreich, wurde die Lombardei thatsächlich als eine eroberte Provinz
behandelt, deren Rechte anzuerkennen lediglich im Belieben des sremden
Gebieters stand. War aber auch die Selbständigkeit des Landes in jeder
Weise verletzt, eine wahre Centralisation der Verwaltung wurde dennoch

*) Selbst die panegynsche Schilderung des Erzherzegs Rainer in Wurzbach''s (mit
Itnterstützung der k. Akad-emie der Wissenschaften herausgegebenen) Biographischem
Lerikon d. K. Oesterreich (VII. S. 124) weist über ihn nichts Anderes zu sagen, als
daß er Wohlthätigkeitsanstalten untcrstützte, Patron der Kleinkinderbewahranstalten und
der grauen Schwestern wurde, im Schloßgarten zu Monza viele Blumen akklimatistrte
und zu verschiedenen Bauten den Grundstein legte.
 
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