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— 48 —

Die nicht erhebliche Ungleichheit, die sich erst bey Abtheilung des Frieses nach den Seiten
des ursprünglichen Standorts in den Maafsen zeigt, und die durch Versetzung einzelner Marmor-
platten nie ganz gehoben werden kann, mag überhaupt durch die vielen Brüche entstanden seyn,
insbesondere mag der Unterschied von 3 Z. bey den langen Seiten daher rühren, dafs in antiker Zeit
eine Anstückung gemacht war, die wegen des fehlenden Raumes für auftreffende Platten in zwey
Ecken schon stattfinden mufste, und dafs die Länge der ao"""1 und 2a""1 Platte sich nicht genau
bestimmen liefs. Wir dürfen daher bey der ersten längeren Seite 2 Z. hinzurechnen, von der
zweyten längeren Seite 1 Z. abrechnen, woraus die völlige Gleichheit und das bestimmte Maafs von
101 F. nach Abzug der Ueberragungen hervorgeht.

Selbst über die Anbringung des Frieses, hinsichtlich der Architektur der Cella, gab der Ver-
gleich der Maafse mit der Zusammenstellung eine berichtigende Auskunft, indem die frühere
Vermuthung, dafs der Fries eine Breite von i4% F. und eine Länge von 36 F. in den Seiten
eingenommen habe, sich mit den Maafsen und Gruppen auf keine Weise vereinbaren liefs. Wegen
der Beschränktheit des Raums und der Doppelheit des Gegenstandes ward der Fries auf angezeigter
Kupfertafel T. VI. in zwey Hälften abgebildet, welche das Auge, wie die Zeilen einer Schrift, in
eine fortgehende Reihe vereinigen kann.

Weniger Schwierigkeit, als die Zusammenstellung, gewährte die ebendaselbst gegebene Er-
gänzung des Frieses, weil von den abgebrochenen Theilen der Figuren meistens die Spuren nach-
geblieben sind. Zwey Figuren allein machen eine Ausnahme; aber auch von diesen ist noch so viel
als nö'thig vorhanden, um den Gang der Linien und die Bewegungen mit Sicherheit zu errathen.
Es scheint mir daher, dafs von allen Ueberbleibseln des Alterthums vorzugsweise dieser Fries zu
einer völligen Wiederherstellung (sey es auch nur mitStucco*) auffodert und dazu hoffeich hier
nicht ohne Erfolg Veranlassung zu geben.

Alle vier Seiten des Parallelogramms, welches das Local darbietet, umgab der Fries als eine
zusammenhängende, reiche Binde, deren bildlicher Inhalt in einer Folge von verschiedenen Hand-
lungen, wie bey einer Schrift, fortschreitend sich entwickelt. Durch diesen ältesten und einfachsten
Grundsatz der Darstellung, der dem Relief eigentümlich ist, treten die Bildwerke der Friese zur
Versinnlichung heiliger Sagen an die Stelle der Bilderschrift, mit welcher ursprünglich manche
Völker die Heiligthümer zierten, und sie behielten auch einigermaafsen ihren symbolischen Charakter,
indem oft nur ein Theil das Ganze bezeichnen mufs, wovon auch in diesem Friese Bevspiele vor-
kommen. Wie der Gesang im religiösen Chortanzc um den Altar schwebte, bewegte sich die Hand-
lung in diesen Bildwerken um den heiligen Raum, wo das Bild des Gottes stand. In ähnlichem Sinne,
wie Pindar seinen Siegeshymnus3) »einen Lydischen Hauptschmuck« nennt, »mit erschallendem
Laut bunt geziert« , umkränzte diese Binde den siegreichen Helfer. Vergleichbar einem solchen
Hymnus, einem Päan 4) auf Apollo, der in Wechselgesänge der Halbchöre getheilt, nach aller
Dichtungsweise voll epischen Inhalts war, sehen wir in derselben zwey Vorstellungen aus dem
Leben des Theseus den Beystand verherrlichen, den der Gott in zwey verhängnifsvollen, berühmten
Kämpfen den Griechen geleistet: bev der Niederlage des fanatischen Amazonenschwarmes im Kriegs-
zuge wider den Helden, und bey der Niederlage des rohen Centaurenvolkes auf seines Gefährten und

2) Im Einverständnils mit der Ansicht, dafs die Marmorergänzung antüler Kunstwerke oftmals dieselben verdorben wegen der Schwierig-
keit der Auflassung des Styls und Gefahr einer Beschädigung, schlage ich dieses Mittel Tor.

a) S. den achten der Nemeisehen Siegcsgesange V. i5., Urschrift und Uebers. Ton F. Thiersch.
4) Italuv, Lobgesang, bey Homer Hymnus zur Tilgung eines Uebels.
 
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