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Kriegstagung für Denkmalpflege [Editor]
Stenographischer Bericht — Berlin, 1915

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Sonnabend, den 28. August
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https://doi.org/10.11588/diglit.29910#0035
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Kanonen mit großer Kraft antworteten.“ Der Korrespondent sah heim
Verlassen der Kathedrale „at the head of the mainstreet“ einen französischen
Artilleriepark mit einer starken Schutztruppe von Infanterie dahinter.
Die Soldaten biwackierten auf den Straßen. Eine deutlichere Widerlegung
jener Keimser Behauptungen ist kaum möglich.

Und dann ist durch die Mitteilungen des Großen Generalstabs und
des Kriegsministeriums endgültig die Anwesenheit von Kolonnen, von
Wagen- und Munitionsparks sowie von Trains auf den Hauptplätzen und
Straßen in der Nähe der Kathedrale festgestellt worden. Die Aufstellung
einer großen Artilleriegruppe in unmittelbarer Nähe der Kathedrale in öst-
licher Richtung ward sowohl durch den Feuerschein wie durch die Rauch-
entwicklung deutlich. Die Aufstellung war, wie der Bericht unserer Obersten
Heeresleitung damals schon feststellte, so angeordnet, daß hei jedem zu
hoch gehenden Geschoß notwendig die Kathedrale getroffen werden mußte,
die so als Kugelfang diente. Seit dem 12. September fand ein heftiger
Artilleriekampf zwischen den französischen Batterien in der Stadt und an
deren Nord- und Ostrand einerseits und den deutschen Batterien anderer-
seits statt. Die ganze Stadt Reims war, ihrer Stellung als Festung ent-
sprechend, von den Franzosen in die Feuerlinie gezogen und zu dem wich-
tigsten militärischen Stützpunkt der ganzen Champagnefront gemacht.
Am 19. September morgens wurde auf die Meldung von den Truppen-
ansammlungen in der Nähe der Kathedrale auch deren unmittelbare Um-
gebung von der gesamten Artillerie unter Feuer genommen. Die Beschießung
hielt sich streng an die durch die Oberste Heeresleitung erlassene, durch
das Generalkommando besonders eingeschärfte Vorschrift, die Kathedrale
zu schonen. Zwischen 10 und 11 Uhr vormittags ist dann durch das
Scherenfernrohr von dem Beobachtungsstand des betreffenden Fußartillerie-
regiments durch den Batteriechef ein Winkerposten auf dem einen Turm
der Kathedrale festgestellt worden, der mit zwei Winkerflaggen Signale
gab. Da Fliegeroffiziere überdies noch die gleiche Meldung überbrachten,
wird die Tatsache dem zuständigen Divisionskommandeur mitgeteilt, der
sich nun unabhängig durch das Scherenfernrohr von dem Vorhandensein
des Beobachtungspostens überzeugte. Mittels Schrapnells kann der Posten
nicht vertrieben werden. Es wird deshalb beim Generalkommando ange-
fragt, ob unter diesen Umständen an dem Verbot der Beschießung der
Kathedrale festgehalten werden müsse. Das Generalkommando erwidert,
daß ein Mörserschuß auf den Turm abgegeben werden könne, wenn der
feindliche Beobachtungsstand auf der Kathedrale einwandfrei festgestellt
sei. Es wird noch ein Stabsoffizier des betreffenden Generalkommandos
auf den Beobachtungsstand entsandt, der wiederum durch das Scheren-
fernrohr die Richtigkeit der Beobachtung feststellt. Erst dann wird schweren
Herzens der Befehl gegeben, einen Schuß auf die Kathedrale abzufeuern.
Das geschieht mittags 12 Uhr 20 Minuten. Der Schuß trifft den Turm an
der Stelle, an der sich der Winker befand. Die Meldung von der Wirkung
des Schusses wurde dem Befehlshaber überbracht und das Feuer auf die
Kathedrale eingestellt, da der Winkerposten nicht mehr zu sehen war. Ich
gehe hier nur die offiziellen Feststellungen. Gegen 5 Uhr nachmittags ist
von dem Beobachtungsstand der Batterie festgestellt worden, daß die
Kathedrale in Flammen stand. Der Brand ist unabhängig von dem auf
 
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