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Stroh, Armin; Kirmaier, Max; Kirmaier, Max [Ill.]; Stroh, Armin [Mitarb.]; Kirmaier, Max [Mitarb.]
Die vor- und frühgeschichtlichen Geländedenkmäler der Oberpfalz (Text) — Kallmünz/​OPf.: Lassleben, 1975

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https://doi.org/10.11588/diglit.63259#0024
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Mit Steinmetz’ Tätigkeit beginnt eine neue Epo-
che, die man vom Standpunkt des historischen
Vereins von Regensburg aus als Ära Steinmetz
der vorhergehenden gegenüberstellen kann, die
durch die Namen Walderdorff und Dahlem ge-
prägt war. Hat diese durch Ansammeln umfang-
reichen Fundmaterials der Vor- und Frühgeschich-
te Gewicht und damit eine selbständige Stellung
gegeben, die in Zukunft stets in Rechnung gestellt

werden mußte, so schuf Steinmetz dazu den wis-
senschaftlichen Rahmen und gab den Beständen
eine Ordnung, die den Ruf des „Ulrichsmuseums“
begründeten.
Indessen war die systematische Ausplünderung
der oberpfälzischen Grabhügel seit Jahren im Gan-
ge. Erst spät versuchte der Verein in Anbetracht
der bei der Gründung gestellten Aufgaben Gegen-
maßnahmen zu ergreifen.

DIE GRÜNDERJAHRE BIS ZUM ENDE DES 19. JAHRHUNDERTS

Der Aufschwung der Naturwissenschaften zusam-
men mit der wirtschaftlichen Konjunktur im letz-
ten Jahrhundertviertel brachte eine ungeheure Be-
lebung des Interesses an vorgeschichtlichen Dingen.
Im Zuge des Baues der Eisenbahn von Regens-
burg nach Nürnberg wird die Schelmenhöhle an-
geschnitten. Ihre Untersuchung durch O. Fraas und
K. A. von Zittel 1871 erbrachte erstmals den
Nachweis eiszeitlicher Menschen in Bayern57. Sonst
wirkt sich die neue Zeit in der Oberpfalz nicht
zum Guten aus. Neben einigen privaten Interes-
senten, wie z. B. den Arzt Scheidemandel, über
den im Folgenden ausführlich gesprochen wird,
waren es vor allem große Museen, die gleich star-
ken Magneten die Funde an sich zogen. Da in al-
len Fällen ein geeigneter und geschulter Mitarbei-
terstab fehlte, überließ man das Beibringen von
Füllmaterial für die noch leeren Museumschränke
Händlern, die bald einen Stab von kleinen Leu-
ten an der Hand hatten. Wenn in der Reaktion
gegen diese Zustände vor allem das Museum für
Völkerkunde in Berlin von einheimischer Seite
angeprangert wurde58, so sind die Erfolge der
bayerischen, amtlichen Bemühungen, die sich vor-
wiegend an den Namen J. Naue knüpfen, nur in-
sofern bessere, als die Funde wenigstens zum größ-
ten Teil in Bayern verblieben. Wissenschaftlich ge-
sehen steht die Ausgrabungstätigkeit auf gleicher
Stufe. Man hat den Eindruck, es hätte eine Art
Panik Platz gegriffen, wobei jeder versuchte, noch

einen gehörigen Happen zu erwischen, ehe der
letzte Grabhügel umgegraben wurde.
Zur Beleuchtung der Zustände seien Abschnitte
aus einem Manuskript H. Scheidemandels59 zitiert,
das er vermutlich bei der Übergabe seiner Samm-
lung im Jahre 1917 an das Ulrichsmuseum in Re-
gensburg niedergeschrieben hat60: „Beiträge zur
Geschichte der Gräberforschung im Bezirk Pars-
berg. Vom Jahre 1875 an war mir in meiner Tä-
tigkeit als prakt. Arzt zu Parsberg Gelegenheit
gegeben, die Bezirke in der Umgebung von Pars-
berg, in welchem Hügelgräber aufgebaut waren,
beständig zu überwachen und Gelegenheitsfunde
bei Kulturarbeiten oder von Ausgräbern gemacht,
zu erfahren. Es wurde damals verhältnismäßig
noch wenig gegraben, verhältnismäßig, weil nur
einige Liebhaber von Altertümern sich damit ab-
gaben zu sammeln. Die Funde damals wurden
meist an reisende Händler verkauft. Da ich durch
Lesen praehistorischer Aufsätze auf die Wichtig-
keit derartiger Grabfunde aufmerksam wurde, so
nahm ich mir vor, einer Verschleuderung von Fun-
den vorzubeugen und vorhandene zu kaufen und
die früheren „Liebhaber“ von den Verkäufen und
Ausgrabungen abzuhalten. Ich begann dann selbst
zu graben, studierte fleißig die Regensburger
Sammlung. Mit dem Ankäufen der Funde und den
Ausgrabungen erwuchsen aber immer mehr La-
sten, denn wo Gräber von der Kultur gefährdet
waren, mußte ich dieselben auf meine Rechnung

57) Die Höhle ist, wohl auf Grund einer Verwechslung als Räuberhöhle am Schelmengraben in die Literatur
eingeführt. — F. Birkner, Die eiszeitliche Besiedlung des Schulerlochs und das untere Altmühltal. JAW
München 28, 5 1916, 3. — H. Lindner, Die altsteinzeitlichen Kulturen in der Räuberhöhle am Schelmen-
graben bei Sinzing.
58) VO 54, 1902, 249 ff.
59) Dr. Heinrich Scheidemandel, prakt. Arzt, gest. 1925, 1875—1887 in Parsberg tätig, danach in Nürnberg.
Seine Sammlung ging 1917 nach Regensburg. Siehe VO 70, 1920, 63.
60) Die Funde aus einigen Grabungen gelangten auch nach München (Degerndorf-Eggenthalmühle und Gottes-
berg).

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