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II. Thomasin von Zerclaere.

den merkwürdigen Anklang der Verse Welscher Gast 3860s. an die
ersten beiden Verse des Jwein heranziehen können^«. Doch das kann
auf einem Zufall beruhen^. Es bleibt dabei, daß Thomasin im ganzen
mit deutscher Literatur nicht vertraut ist. Sein Deutsch hat er gehört,
nicht gelesen. Auch die Namen, auf die er anspielt, kennt er nicht aus
dieser Quelle.
Das wird etwa deutlich bei der Gestalt des Kalvgriand. In Chre-
tiens Idain ist er trotz gewisser Schwächen ein tapferer Artusritter.
Hartmann macht ihn zu einem dünkelhaften Feigling, der nicht aus
Höflichkeit, sondern aus Trotz und Gehorsam weitererzählt^. Thoma-
sins Lob stünde dem französischen Helden wohl an, nicht aber dem Hart-
manns. Entsprechend ist es mit Key. Er ist doch in der deutschen Über-
lieferung nicht in erster Linie uut'uogv. Zumindest Wolfram bemüht
sich deutlich, ihn zu heben und ihm Gerechtigkeit widerfahren zu lassen^.
Hartmann schildert ihn zwar als boshaften und trägen Menschen, ver-
sucht aber doch selbst, das wieder abzuschwächen^". Immerhin ist der
Fall Key nicht so überzeugend wie der Fall Kcilogriand. Wichtiger
scheint mir die Tatsache, daß eine ganze Reihe der genannten Namen
in deutschen Epen der Zeit kaum oder gar nicht vorkommen.
Auch das will beachtet sein, daß das höfische Epos sich im gesamten
deutschen Südosten erst verhältnismäßig spät einbürgert. Hier, bei den
deutschen Anrainern Friauls, blüht vielmehr das Heldenepos, erzählt
man von den Taten der gotischen und nibelungischen Könige und ihrer
Gefährten. Hier ist keiner der großen höfischen Epiker zu Hause, hier
ist auch der Stoff des bretonischen Kreises weniger beliebt und weniger
bekannt als im Westen und im romanischen Süden^. So kann Pan-

Thomasin: der inan
der sm IwILV und sw Zvmüete
IM Zskert an rsiite Mete.
Jwein: svvvr an rodts Zuetv
vendvt sin Asraüeto.
Ebenso zieht Behaghel aus seiner Beobachtung, daß die Verwendung
von lit. Eigennamen in appellativer Bedeutung zuerst bei Wolfrani (Parz.297,19),
danach im W. G. 1062,1072 begegnet, keinen Schluß ans Einfluß oder Abhängigkeit.
Gesch. d. Dtsch. Spr? 69. Vgl. a. ders., Deutsche Syntax I, S. 49ff.
vgl. Witte, PBB. W (1929) 181.
Parz. (Lachm.) 296, 18sf. Bgl. die hübsche Zusammenstellung bei Hans
Naumann, Höfisches Lesebuch. Berlin 1981, V (S. 77ff.). Zu Wolframs Key-
Auffassung s. a. Singer (Anm. 422) 172.
"° Jwein 2S65ff.; Witte PBB. S8 (1929) 136.
Fr. Panzer, Das altdeutsche Volksepos. Halle 1903, 27.
 
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