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II. Thomasin von Zerclaere.

verschiedenster Art. Zu einem Teil führen sie Gedanken des Welschen
Buches in moralisierender Breite weiter, zum andern wenden sie sich
von der Minne zur Ehe. Ihnen allen ist gemeinsam die andere Haltung,
die Haltung des Predigers und Sittenlehrers.
Unter diesen Einschüben war mehrfach von falscher Minne die
Rede. Darauf nimmt Thomasin Bezug, wenn er 1549 fortfährt:
Habt irr Avoivrlrt, iek k Ln xesvit
«in teil von ävr vnlseüsit.
8vvr sm wil vornornon invrv,
vr nniv kovrvn irmnie Ivrv
äio ieii viävr äiv vslsvkvit
in vvlksokvr unnKv IiLn Avsvit.
Das kann sich nicht auf das bisher besprochene Welsche Buch beziehen;
denn das richtet sich ja an den Mann, der äer mimm Kruft mit «eboeuvm
«inne truZen rviU (1176f.). Darin war tvohl von üüiseüeit und von
unhöfischem Wesen die Rede, nicht aber von vulsebeit. Für den Mann
aber sind diese neuen Lehren nicht bestimmt. Von ihnen sagt Thomasin
ausdrücklich:
ick tot on vinvi vrovvn uv erv,
(iiu düt <Ior solbsii ter«.
Iek Ikitv viv ein vrouvs solclo
Iiu siek Avni kvvarvu voläv
«rkviui äiv valsekvii mimiav! o
äio sieli bvvvAvrikriiit äsr vrv (1385ff.).
Das ist doch wohl so zu verstehen: nachdem der junge Geistliche
eine Anstands- und Minnelehre für den Ritter verfaßt hat, bittet ihn
eine hochgestellte Dame um ein Gegenstück dazu. Nachdem er dem
Mann den Weg der hohen Minne gezeigt hat, soll er nunmehr der
Dame raten, wie sie den höfischen von dem unhöfischen, den treuen von
dem ungetreuen, falschen Werbenden unterscheide. Auch aus dieser
Arbeit gibt er einen, freilich ungleich kürzeren Auszug. Die vrouve
soll wissen, wem sie ihr Herz schenkt (1565—1570), sie soll sich nicht durch
den Reichtum eines untugendhaften Mannes bestechen lassen (1571—
1588), soll sich an Standesgenossen halten (1589—1592), einen anderen
nur dann nehmen, wenn er bickerbe uucke guot ist (1593—1606). Einen
Klugen soll sie den Toren vorziehen (1607—1624). Sie hüte sich vor
einem boeservibt; denn der rühmt sich ihrer Minne und zieht sie in
den Schmutz (1625—1656).
Das ist eine Minnelehre für die Frau. Auch hier wird von Minne,
nicht von der Ehe gesprochen. Den Regeln, nach denen der Mann
werben soll, werden hier solche entgegengestellt, nach denen die Frau
 
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