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II. Thomasin von Zerelaere.

Epen immerhin etwas lernen, ckaz im bozzort sine sinne (1112). Der
Ältere aber soll darüber hinausstreben zur reinen Wahrheit. In den
Epen findet er sie nicht, dort ist xvürlmit mit lüZe vermischt. Zwar
müssen wir den Dichtern danken, daß sie uns in ihren Werken lmzemlm-
nunM (ter zudt und äer vrLrbeit gegeben haben, besser aber wäre es
gewesen, sie hätten
vil Mr Lu tütztz vasro (l140f.).
Der ältere Thomasin hat dem jüngeren nichts vorzuwerfen. Er
hat auch in seiner Jugend sich nie darin versucht, höfische Epen zu über-
setzen oder zn schreiben. Vielleicht hat er sie gar nicht einmal gelesen,
hat sich mit einer ganz oberflächlichen Kenntnis der Stoffe und Gestalten
begnügt. Sein Dichten hatte schon damals einen lehrhaften Zug. Was
er gelehrt, das war freilich etwas ganz anderes als das, worum er sich
heute bemüht. Es stand dem Geist, der in den Lventiureu lebt, nicht
einmal fern. Jetzt will er Kern sm rede 26 guoton ckiuMn (1161).
Doch unversehens hat er mitten in der Arbeit vertreten sein zil
(1163) und hat Dinge behandelt, die eigentlich außerhalb seines Planes
liegen. Er will ja eine Tugendlehre geben nnd hat nun schon nahezu
1000 Verse von Sitte mehr als von Sittlichkeit gesprochen. Um der
Kinde willen hat er ursprünglich Beabsichtigtes übergangen (1167 f.),
ihretwegen würde er noch mehr abschweifen, tvaor sin zit (1169). Statt
dessen verweist er auf sein welsches Buch von der büksolmü, aus dem
er nun einen Auszug in sein neues Werk einrückt. Jbm folgt ein un-
gleich kürzerer ans der Frauenzucht. Dann schließt das I. Buch mit der
Feststellung, daß er nunmehr an seine mnterjv kören und sagen wolle,
wie die Herren ir tuende suln pklegen (1691 ff.).
So ist das I. Buch des Welschen Gastes uneinheitlich. Es soll der
erste Abschnitt einer Tugendlehre sein. In diesem Sinne beginnt es,
als solches wird es immer wieder einmal ein Stück geführt. Aber der
Plan wird dadurch gestört, daß ständig die Gedanken und Anschauungen
des jüngeren Thomasin, des Verfassers der welschen Ensenhamens, in
dem älter gewordenen wieder aufsteigen und ihm in die Feder geraten.
So ist das I. Buch des neuen Werkes mehr als ein Stück Tngendlehre
eine Einleitung in die vortszia. Das darf nun keineswegs so aufgefaßt
werden, als sei es als Einleitung zu den übrigen Büchern gedacht ge-
wesen in dem Sinne, daß Thomasin „hier weniger von dem ethischen
Stoff selbst, als vielmehr von den Bildungsmitteln dazu°°8" sprechen
"°b Ludwig Diestel, Der Wälsche Gast und die Moral des 13. Jahrhunderts,
Allgemeine Monatsschrift für Wissenschaft und Literatur 1852, 687— 714, S. 690.
 
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