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Thomasin von Zerclaere.

Thomasin Verdankt ihren Schriften zweierlei. Er hat vermutlich
nach der Methode, die Johannes von Salisbury seinen eigenen Lehrern
nachrühmt, Grammatik gelernt, hat sich also schon auf der Schule durch
ausgedehnte Lektüre antiker Autoren eine gute Latinität erworben. Er
hat sich überdies an der Hand der Lehrbücher Wilhelms, Johannes' und
Manus' Kenntnisse in den verschiedenen Zweigen der sieben freien
Künste angeeignet. Darüber hinaus freilich reicht ihre Wirkung nicht.
Sie sind ihm Schulschriftsteller geblieben, die vorbereitendes Wissen
liefern, nicht aber konnten sie seine Weltanschauung entscheidend beein-
flussen. An ihr Studium hat sich noch das der Theologie (äivmUus)
angeschlossen, in welchem andere, größere Führer den Weg gewiesen
haben. Und außerdem — wir dürfen das keineswegs unterschätzen —
liegen zwischen Schulzeit und Domherrenwürde jene schicksalsschweren
und eindrncksreichen Jahre, in denen Jnnocenz III. mit fester Hand
das Steuer des in den Stürmen und auf den hochgehenden Wellen
der Zeitereignisse arg gefährdeten Schiffleins Petri ergreifen mußte,
die Jahre, in denen Otto vor Philipp unterliegt und sich wieder erhebt,
vom Papste gekrönt, gebannt und endlich abgesetzt wird. Gewaltige
Ereignisse und neue Pflichten haben stärker auf den jnng-en Domherrn
gewirkt als Erinnerungen an die Schnle.
Thomasin vergißt nicht, was er einst gelernt hat. Er ordnet es
seinem Werk ein und seiner Aufgabe unter. Die nrtee treten zurück vor
der ckivmitus, äiu ie meisterinns rvas (9157f.). Aus der Lbilosopbia
mnnäi Wilhelms von Conches entlehnt er naturwissenschaftliche An-
gaben (2277—2422), die dieser seinerseits zu einem guten Teil dem
Mumias verdankt^. Auf dieselbe Weise bezieht er von Johannes von
Salisbury die Unterlagen für das, was er über die vier Künste iius-Ai-
nütio, rütiö, memorjü und inteUeetus in den Versen 8789ff. und über
die fünf Sinne 9449ff. ausführt^. Entsprechend ist es bei dem meisten
Übrigen, das Schönbach noch anmerkt. Der Inder cke plauotu naturns
des Manus ab Jnsulis liefert das Schema für die Darstellung der sieben
'N kdilos. Uuuäi I 21—11 22, Migne 172, 48ff.; Umaios II 17ff. Da-
neben ist für Welscher Gast 12867ff.; 12955; 12982; 13009 der zn
vergleichen, s. Friedrich Wilhelm, Denkmäler deutscher Prosa des 11. und 12.Jahr-
hunderts (Münchener Texte 8), München 1914, S. 24,19; S. 4,1 (jüngere Fassung
ebd. S. 5, 1); S. 25; S. 4, 1 bzw. 5, l. Thomasin hat natürlich einen lat. Text
gekannt. Dazu vgl. Friedr. Wilhelms Kommentar, Münchener Texte 8 8, München
1916, S. 13ff.; ferner Fr. Lanchert, Geschichte des Physiologus. Straßburg 1889.
<te sspt. «sxt. 8svt. IV, Migne 199, 951 ff.; bzw. ebd. 8eet. III, Migne
199, 950f. Außerdem ist auf den Anticlaudian des Alauns ab Jnsulis hinzuweisen.
Leist (Anm. 777) 1882, 61 Anm. 1.
 
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