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9. Thvmasins Weltanschauung.

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Abschnitten dickes bzw. (Manus) allegorische Dichtung behandeln kann.
Wilhelm von Conches, Johannes von Salisbury und AlanUs ab Jnsulis
haben trotz mancher Unterschiede im einzelnen doch im ganzen gegen-
über anderen ihrer Zeitgenossen soviel miteinander gemein, daß man
gern von ihnen als von einer besonderen Richtung innerhalb der mittel-
alterlichen Philosophie gesprochen hat, die man als platonisch oder
Humanistisch-Platonisch ansprechen zu dürfen glaubte^.
In diesem Kreise wird Platons Dimuios gern gelesen und benutzt'^,
jenes Werk, das man wohl als die einflußreichste griechische Schrift im
Mittelalter bezeichnet hat. Wilhelm von Conches hat selbst in seinen
Anfängen einen Kommentar dazu geschrieben und schließt sich in seiner
Ukiilosopbia muucli weitgehend der traditionellen Platonischen Anschau-
ungsweise an^b. Johannes von Salisbury verrät im UolierutieuL gleich-
falls starke Einflüsse dieses Buches"^. Aber einmal enthält der limuios
keineswegs den ganzen Plato, ein „Platonismus", der sich nur auf ihn
gründen wollte, wäre notwendig schief und verzerrt"", und zum andern
ist seit der kommentierten Ausgabe des Chalcidius aus dem 4. Jahr-
hundert sehr viel aristotelisches, stoisches und philonisches Gut mit ein-
geschleppt worden^. Daher ist es besser, mit der Bezeichnung „plato-
nisch" zurückhaltender zu sein und lieber von neuplatonischen Einflüssen
zu reden. Eher kann man schon, wenn auch mit gewissen Vorbehalten,
die Gelehrten von Chartres als „humanistisch" bezeichnen, dann näm-
lich, wenn man darunter weiter nichts versteht, als daß sie nicht nur
das Studium der Alten neu belebt, sondern auch in größter Ehrfurcht
zu den heidnischen Philosophen der Antike anfgeblickt haben.
„vorwiegend platonisches Kolorit" Gra bmaun (Anw. 384) II 407; „Hoch-
burg des Platonismus" Maurice de Wulf (Amu. 741) 183; „humanistisch-plato-
nische Richtung" Joh. Hessen (Anm. 741) 76.
L.. (Nerval (Anm. 741) 232; 246ff.; Etienne Gilson (Anm. 741) 59 ff.
Hans Liebeschütz, Kosmologische Motive in der Bildungswelt der Frühscholastik,
Vorträge der Bibliothek Warburg, hg. Fritz Saxl. 1923—1924. Leipzig u. Berlin
1926, 83ff. S. 112; 119; 129 n. ö.; für Alanus außerdem O. Leist, Der Lnti-
vlauüinuus, ein lat. Gedicht des 12. Jahrhunderts, und sein Verfasser Alanus ab
Jnsulis. Progr. Seehausen 1878, 5 und ebd. Anm. 1.
Mauitius (Anm. 832) III 218 bzw. 216.
s. die Nachweise bei Webb (Anm. 404) II497. Dabei kann er gelegentlich
den Timnioskommentar des Wilhelm von Conches benutzen. Mauitius (Anm. 332)
III 215 Amu. 3.
's" Ernst Hoffmann, Platonismus und Mittelalter, Vorträge der Bibl. War-
burg 1928—1924. Leipzig u. Berlin 1926, 17ff. S. 65ff.
Joseph Bernhart, Die philosophische Mystik des Mittelalters. München
1922, 249 Anm. 12.

Teske, Tbomasin.

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