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II. Thomasin von Zerclaere.

daß der Bischof, der zugleich Herzog ist, einen Laienrichter für seine
weltlichen Gerichte neben sich habe, schweben ihm natürlich zunächst
die Verhältnisse in Friaul und Istrien vor Augen. Außerdem legt er
damit einen Beschluß der Lateransynode von 1215 aus, der die Juris-
diction der Kleriker und Laien gegeneinander abgegrenzt hat°'-. Der-
artige unmittelbare Anregungen durch die gerade eben abgeschlossene
Synode finden sich noch mehrfach^. Mehr als alles andere aber packt
den Dichter der Gedanke des Kreuzzuges. Für ihn setzt er sich nut
ganzer Kraft ein, für ihn wirbt er. Ihn vertritt er gegenüber Walthers
erbitterten Sprüchen. Jubelnd begrüßt er Friedrichs Entschluß zur
Führung. Ihm, dem dritten, der es versucht, ihtu wird es gelingen;
denn der heiligen Dreizahl muß Erfüllung winken. Hier geht Thomasin
— ohne es besonders hervorzuheben—nicht mit Jnnocenz; dessen Wunsch
war ja kein kaiserlicher, sondern ein päpstlicher Kreuzzugs. Es ist kaum
anznnehmen, daß der Erlaß des Papstes, mit dem er ihn am 14. Dezem-
ber 1215 als eben päpstliches Unternehmen organisiert, in Friaul nicht
bekannt gewesen sein soM°. Trotzdem ruft Thomasin den Kaiser zur
Führung auf.
Sollte er nicht um die Ansicht und Absicht Roms wissen? Oder
liegt etwa doch ein tieferer Grund zu dieser abweichenden Einstellung
vor? Thomasin stimmt in sehr vielen Dingen ganz mit Jnnocenz über-
ein. Beide leben in Gedankengäugen, die seit Augustin mehr und mehr
Gemeinbesitz der kirchlichen Welt geworden sind^. Auch bei Jnnocenz
begegnen Gedanken wie der, daß diejenigen, die der 8uporbiu anhängen,
den Frieden der Welt stören^, während die Kinder Gottes dem Ruhm
abhold seiend Mit scharfen Worten wirft er dein Grafen Raimund
von Toulouse vor, er verfolge Gottes Kirche aus Hoffart^. Die virtus
priuoipulis des christlichen Herrschers dagegen ist die iustitia?»«. Sie
verbinde sich mit der Demut und dem Gehorsam gegen Gott, von dem

E Hefele (Anm. 198) V- 894.
W Zorn des Richters: Welscher Gast 12559ff.; Hefele (Amu. 198) 898.
Hehlerei: WGast. 12575; Hefele (Amu. 198) V- 898.
Hauck (Amu. 161) IV 791; Kantorowicz (Amu. 68) I 71.
Hauck (Anm. 161) IV° 791 Amu. 6; 6; 7.
W Jnnocenz vgl. außer Bernheim (Amu. 785) Johannes Fiebach,
Die augustinischen Anschauungen Papst Innozenz' III. als Grundlage für die Beur-
teilung seiner Stellung zum deutschen Thronstreit (1198—1208). Diss. Greifswald
1914; Erich W. Meyer, Staatstheorien Papst Jnnocenz' III. (Jenaer Hist. Ar-
beiten 9). Bonn 1919.
--- Fiebach (Anm. 926) 30ff. ebd. 27.
8p. X 69, Migne 215, 1166ff. "" Fiebach (Amu. 926) 48.
 
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