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II. Thomasin Vvii Zerclaere.

verleiht (6642f.), wenn er den Papst als unfern vnter geistliebeu (11108)
bezeichnet. Er ist unser geistlicher Vater, nicht der pater lamilius, dem
die Ordnung der Welt und die Sorge für die weltliche pax obliegt.
Seine Pflichten sind geistlicher, religiöser Art, weder Herrschaft noch
Schwert, noch weltliche Justiz.
Hier spricht Wolfger aus Thomasin. Ebenso ist es in der Frage
des Gehorsams und der Untertanenpflicht. Gregor VII. hatte als erster
gewagt, kühn die „seit einem Jahrtausend weise innegehaltene Schranke
der Achtung und Ehrerbietung vor dem Träger der Staatsgewalt"
niederzureißen"^ und Untertanen vom Treueid gegen einen ungerecht
gewordenen Herrscher zu entbinden. Johannes von Salisbury geht
nur noch einen Schritt weiter, wenn er im koiierutieus den Tyrannen-
mord ausdrücklich rechtfertigt"^. Thomasin folgt hier seiner Vorlage
nicht, er betont ihr gegenüber immer wieder die Pflicht des Untertanen.
Auch darin ist er konservativ und revolutionären Neuerungen abgeneigt.
Wie an der echt christlichen Auffassung des von Gott verliehenen Fürsten-
amtes, so hält er auch an der ebenso echt christlichen Lehre vom dulden-
den Gehorsam^« fest. Wie dort, so befindet er sich ebenso hier im Ein-
klang mit den Ansichten seines Fürsten.
Von hier aus erklärt sich nun Wolfgers und Thomasins Stellung
zur inuerfriaulischen Lage. Hatte es von jeher Wolfgers eigenstes An-
liegen sein müssen, um seines Landes und des eigenen Amtes willen
sich an das Reich anzulehnen, auch hier der staufischsn Tradition zu
folgen, so gilt das in dem gefährlichen zweiten Jahrzehnt des 13. Jahr-
hunderts in verstärktem Maße. Hier und jetzt kommt alles daraus an,
das Bestehende und den gegenwärtigen Zustand zu erhalten. Dem
Fürstenamt darf nichts genommen werden, weder von unten noch von
oben. Deshalb knüpft Thomasin es noch einmal unmittelbar an Gott,
betont seinen Charakter als eines von Gott verliehenen Amtes, füllt es
mit metaphysischem Gehalt. Die aufstrebenden Dienstleute weist er in
ihre Schranken. Nur der Rat steht ihnen zu, nicht mehr, aber auch nicht
weniger. Wie den Herrn, so beugt er auch sie unter Gott. Auch der
Gehorsam wird metaphysisch begründet. Alles aber, Fürstenamt und
Untertanenpflicht, Rittertum und Geistlichkeit, die sittliche wie die soziale
Ordnung, reiht er ein in den großen Zusammenhang von stueteund m üre,
rettt und mitte. Seinen politischen Forderungen verleiht er Nachdruck
durch den eindringlichen religiösen Ernst seiner Haltung. Er tritt ein
Kern (Anm. 897) 236.
kolier. II119, Webb (Anm. 404) I 232f.; Kern (Anm. 897) 235 n. ebd.
Anhg. XXXI (S. 423ff.). Kern (Anm. 897) 204ff.
 
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