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tjO ^*- Die gr°fsen Gemälde.

ift diefes das vollendetfte, zugleich auch von vortrefflicher Erhal-
tung ').

Seit 1512 verläfst Dürer die überaus forgfame Malweife, welche
er feinen grofsen Gemälden hatte angedeihen laffen; ja er wendet
fich für längere Zeit faft völlig von der Tafelmalerei ab, bei der er
weder feine Rechnung noch jene Anerkennung fand, die er verdient
zu haben glaubte. Die wenigen Beifpiele, die wir von feinen Gemäl-
den bis zum Jahre 1520 aufweifen können, laffen fich weder an Um-
fang noch an Meifterfchaft der Ausführung mit jenen Hauptwerken
vergleichen. An Stelle der hellen, leuchtenden Farbenfcala tritt ein
trockenes, mattes Colorit. Eine flüchtigere, breitere Oeltechnik läfst
von dem Schmelze der alten Tempera wenig mehr übrig. Erft nach
dem Jahre 1520, als Dürer in den Niederlanden die Wunder der flä-
mifchen Schule gefehen hatte, wird fein Ehrgeiz, auch als Meifter der
Farbe zu gelten, wieder rege. Er malt dann noch mit peinlicher Sorg-
falt die Bildniffe einiger Freunde und das grofse Doppelbild der vier
Apoftel als Vermächtnifs für die Vaterftadt. Damit fchliefst er feine
Thätigkeit als Maler bedeutungsvoll ab. An fchlichter Grofsartigkeit,
an gedanklicher Tiefe der Auffaffung, an bewufster Sicherheit der
Ausführung überbieten dann wohl die letzten Gemälde Dürers die
jenigen feiner Blüthezeit bis 1512. Doch die Schaffensluft, die Farben-
freudigkeit, die ftolze Zuverficht jener Jahre waren dahin.

Mancher grofse Plan mag in Rauch aufgegangen fein, als Dürer
damals das Malen verfchwur. Kaum dafs wir noch in feinen Zeich-
nungen die vorbereitenden Entwürfe zu einem oder dem anderen
grofsen Tafelgemälde entdecken können. So befindet fich im Bri-
tifchen Mufeum die grofse Federzeichnung eines Engelfturzes von
1509. In dem oben abgerundeten Felde thront inmitten Gott Vater,
die Rechte befehlend erhoben, umgeben von Engeln, die ihn theils an-
beten, theils feinen Mantel emporhalten. Darunter zu beiden Seiten fieht
man drei Erzengel, welche Teufelsgeftalten niederftofsen. Rechts in
der Ecke kniet der Stifter, dem ein Engel Troft zufpricht, unter ihm
ein rundes Wappenfchild mit einem weifsen Kleeblatte sammt Stengel
auf rothem Grunde. Eine Compofition von ganz gewaltiger Energie2).

Aus dem Jahre 1508 find uns aber auch noch die Studien zu einem
Gemälde erhalten, das Dürer erft zehn Jahre fpäter ausgeführt hat;
nämlich zu der lebensgrofsen Lucretia in der königl. Pinakothek zu

1) Auf Holz, Meter Höbe 0.467, Br. 0.36.
In der Originalgröße geftochen von Franz
Van Steen gegenfeitig, rechtfeitig von Nico-

laus Pitau; radiert von B. Weyfs.

2) Waagen, Treasures of Art I. 234.
Nr. 190.
 
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