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Thieme, Paul
Bhāṣya zu vārttika 5 zu Pāṇini 1.1.9 und seine einheimischen Erklärer: ein Beitrag zur Geschichte und Würdigung der indischen grammatischen Scholastik — Berlin, 1935

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https://doi.org/10.11588/diglit.39854#0037
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Bhasva zu varttika 5 zu Panini 1. 1. 9 und seine einheimischen Erklärer. 199
Er beherrscht das Bhäsya unendlich viel besser, als irgend jemand
vor ihm, und überragt seine Vorgänger gleicherweise in Gründlich-
keit, Scharfsinn und Originalität. Kaiyata sagt von sich, daß er den
Ozean des Bhäsya langsam ausschreitend gleich einem Lahmen auf
der von Bhartrhari gezimmerten Brücke überquert habe (Einlei-
tung V. 7), womit er nicht nur seine Sorgfalt in der Auswahl der
richtigen Interpretation charakterisiert, sondern auch die Vorsicht,
mit der er fast gänzlich an der Erklärung der einzelnen Stelle
klebt, mit der er darauf verzichtet, eigene neue Interpretationen
zu versuchen. Wir haben an einem kleinen Beispiel gesehen, daß
Haradatta und Bhattoji Diksita wesentlich auf ihm beruhen, daß
auch sie keine entscheidenden Neuerungen einführen: Sie ver-
schärfen, verfeinern, treiben auf die Spitze — gelehrte aber in-
spirationslose Grübler. Glanz anders verhält es sich mit Nägo-
jlbhatfa. Er hat den Unterschied selbst gefühlt und in seiner be-
scheidenen Weise zum Ausdruck gebracht: Dem Versprechen Ivai-
yata’s, das Bhäsya ‘traditionsgemäß’ (yathägamam) erklären zu
wollen (Einleitung V. 5), stellt er sein eigenes Prinzip im Uddyota
gegenüber (Einleitung V. 4):
. . . Bhäsya-Pradipavyäkhyänam kurve ham tu yathämati.
„Ich jedoch interpretiere das Bhäsya und den Pradlpa (nicht
traditionsgemäß, sondern) wie ich es für richtig halte“.
Er braucht keine Brücken und Krücken. Wie ein großer
Virtuose handhabt er mit scheinbarer Leichtigkeit und mit abso-
luter Sicherheit Patanjali’s schwieriges Werk, spielt er mit den
im Bhäsya vorgebrachten Gesichtspunkten, Möglichkeiten und Lehr-
meinungen — ein kongenialer Denker, der sich niemandem beugt
als dem ‘Herrn der Schlangen’ (LSS. V. 3: natvä Phamsam . . .),
das heißt dem Gfott »Siva, dem Offenbarer der Grammatik, und dem
Patanjali*).
Siegreich behauptet denn Näg. das Eeld gegen Kaiy. auch bei
der Erklärung unserer Bhäsyastelle im Uddyota. Es muß fallen

indem man vinä statt mit sarvädesatvam mit abhävena konstruiert, in der fol-
genden künstlichen Weise: „Auch ohne das Nichtvorhandensein des Namens
‘anubandha’ (i. e. auch wenn d in dä usw. schon von vornherein ‘anubandlia’
heißen, wie es nach LSS in der Ordnung ist) ergibt sich korrekt, daß dä usw.
für das Ganze substituiert werden auf Grund der Aufeinanderfolge (von dä und
ä, die in dä verborgen ist, und dem Suffix den Charakter eines aus mehreren
Lauten bestehenden Substituts: ä -f- ä gibt)“.
1) Zu Patanjali als Schlange vgl. oben S. 193 Anm. 4. — Kontrastiere die
Anrufung des grammatischen Dreigestirns und der siddbäntasthäpakäb bei Bhat-
toji Diksita oben S. 193.
 
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