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Thieme, Paul [VerfasserIn]
Der Fremdling im Ṛgveda: eine Studie über die Bedeutung der Worte ari, arya, aryaman und ārya — Leipzig, 1938

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https://doi.org/10.11588/diglit.40195#0024
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1. Kapitel: Mittelindisch are, re „du da“

daß es eigentlich wundernimmt, warum er sich so entschieden
sträubt (a. a. 0. S. 19f.), Bloomfields Vorschlag (JAOS 45
S. 161h.) anzunehmen, daß an auch „noble priest“ heißen
könne; warum er überhaupt noch den Versuch macht, eine
Bedeutung exegetisch zu begründen, die mit einer so bunten
Vielfältigkeit von Möglichkeiten trächtig geht, daß kaum
eine auf angenehme oder unangenehme, freundliche oder
feindliche Persönlichkeiten gehende Bezeichnung denkbar
wäre, die sich nicht aus einer der beiden „Grundbedeutungen“
zwanglos ableiten ließe, der nicht zwischen „Getreuer, Aus-
gezeichneter“ und „feindlich Gesinnter, konkurrierender
Patron“ irgendwo Platz zu schaffen wäre.
Mir scheint, die Richtigkeit unserer Überlegungen über die
ursprüngliche Bedeutung des mittelindischen are erfährt
durch das Verhalten des Wortes an neue Bekräftigung. Sie
haben uns bereits auf einen Begriff geführt, der unvergleich-
lich lebendig-unmittelbarer als „reicher Herr“ und nicht nur
im Bezirk des Opferplatzes jene geforderte Zwiespältigkeit
in sich trägt, die ihm erlaubt, bald emphatisch feindliche,
bald emphatisch freundliche Gefühle zu erregen: den Begriff
des Fremden. Den Fremden mag man freundlich empfangen
und bewirten: er hat ein Recht auf Schutz und Gastlichkeit,
wenn er darum bittet. Man mag ihn aber auch mit Miß-
trauen, Neid oder Haß betrachten, als den, der außerhalb
des Familien- und Stammverbandes steht, und der, wenn er
in feindlicher Absicht naht, den .Frieden der Ansiedelung
oder des Hauses durch Raub, Gewalttat oder Verrat bedroht.
Auf eine kurze Formel gebracht: Der Fremde ist bald der
hostis, bald der gast.
 
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