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Thomae, Walter
Das Proportionenwesen in der Geschichte der gotischen Baukunst und die Frage der Triangulation — Heidelberger kunstgeschichtliche Abhandlungen, Band 13: Heidelberg: Verlag von Carl Winters Universitätsbuchhandlung, 1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.65298#0047
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Geschichtlicher Teil — Oie Messungen an den Denkmälern selbst HZ

Ja es hat fast den Anschein, als sei die Neigung zur Schematisierung
sowohl durch Ouadratur als durch Triangulation eine besonders
starke in Italien, dem Lande Vitruvs. Die strenge Ouadratur in den Grund-
rissen von Florenz, Mailand, Bologna, wird im Norden noch nicht einmal von
Röln erreicht, ebenso steht die Bearbeitung der Ouerschnittfigur von Mailand
wohl vereinzelt da. Den Geist beginnender Nenaissance zu erkennen ist an-
gesichts der frühen Daten untunlich. Line andere Krage ist, ob Lesariano die
zweite Ouerschnittfigur schon aus Renaissanceempfinden hinzugefügt hat? jeden-
falls hat die Renaissance die Triangulation als eine Eigentümlichkeit der Gotik
angesehen. Auskunft über die Bewältigung dreischiffiger (Querschnitte geben
uns diese Figuren nicht. Jede neue Bewegung, auch Stilbewegung wie die
gotische, kommt einmal zu ihrem Schulbuch, nach dem sich nicht alle richten,
sowie es im kirchlichen Leben Orthodoxe und Sekten gibt, welch letztere die
eigentlichen Träger des religiösen Lebens sind. Ivie weit ging die offizielle
Anerkennung hier? Die Schulregel soll vor Verwilderung schützen, am meisten
auf dem Bauplatz selbst, denn es mangelte an Laurissen, die nach Matzstab auf-
getragen waren. Allerdings erwähnt z. B. Lacher nichts von solchen. Sobald
aber eine solche Stilbewegung ihre Norm bekommt, liegt die vereinfachte Mittel-
figur aus den Möglichkeiten am nächsten, und diese ist das gleichseitige Dreieck.
Oie schon damals vorkommende Berufung auf die Stabilität dieser Figur ist
natürlich ohne Sinn, aber sie beweist, datz man nur einfache aufrechtstehende
Hauptdreiecke kannte, keinen Übereinanderbau von Teildreiecken.
Die Messungen an den Denkmälern selbst.
Grundsätze der Messungen. Das Prinzip der Ouadratur und Triangulation
kennen wir nur aus den hier besprochenen Ouellen, aus dem Text und den
Figuren literarisch-graphischer Erzeugnisse: den Skizzenbüchern, Skizzenblättern,
Oombauakten, Steinmetzordnungen, Geometrie- und Architekturbüchern. Was
unter Triangulation verstanden wurde, konnten wir mit einiger Mühe und
Mehrdeutigkeit aus den eingezeichneten Hilfslinien und den Textbeschreibungen
entnehmen. Immer wieder fanden wir, datz bei Ouerschnitten die Futzpunkte
der Dreiecke in den Pfeilerachsen liegen, auch die Spitzen über den Gurtbögen
in der Masse, gleichsam in den Bogenachsen, oder auf Linien, welche die Rämpfer-
höhe bezeichnen. Was uns nie begegnet ist, sind Figuren in Lichtmatzen, auch
nicht in der Laibung des Spitzbogens. Sodann ist Tatsache, datz uns andere
Ouerschnitte als die fünfschiffiger Basiliken nicht begegnet sind, für dreischiffige
haben wir keine Ouellen.
Eine Triangulation, welche zu der der Ouerschnitte nicht ganz stimmte,
war die des Mailänder Grundrisses von Lesariano,- dort wurden als Dreiecks-
punkte auch sekundäre (nicht Achspunkte) gewählt, und ihre Lage war zudem
noch recht zweifelhaft und rechnerisch nicht einwandfrei.
Wenn wir also jetzt die Denkmäler selbst auf etwaige Spuren einer Anwen-
dung von Ouadratur, Triangulation usw. prüfen wollen, so sind wir selbst-
Thomac, Proportionenweseu. ü
 
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