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Gefühlssprache und nachahmende Sprache.

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welcher zugleich der Sinn des Wortes in ein neues Stadium eintritt,
führt Mr. Wedgwood einen schlagenden Fall aus, nämlich den
Zusammenhang von Interjectionen des Widerwillens und der Ab-
neigung, wie puhl pfui\ etc. mit jener grossen Gruppe von Wörtern,
welche im Englischen durch foul (faul) und fend (Teufel), im
Sanskritischen durch die Verben puy, „faul werden, stinken“ und
piy, piy, „schelten, hassen“, vertreten ist1). Zu Gunsten dieser
Theorie mögen hier noch einige weitere Zeugnisse angeführt werden.
Die Sprachen der niederem Rassen gebrauchen den Laut pu, um
einen üblen Geruch auszudrücken: der Sulu sagt: „das Fleisch
sagt pu“ (inyama iti pu), wenn er meint, es stinkt; der Timorese
hat poöp, „stinkend“; die Quiche-Sprache hat puh, poh, „Fäulniss,
pus“, pohir, „schlecht werden, verrotten“, puz, „Verrottung, das
Stinkende“; das Tupi-Wort für schmutzig, puxi, lässt sich mit dem
lateinischen putidus, und das am Columbiafluss übliche o-pun-pztn für
das Stinkthier mit ähnlichen Namen für andere stinkende Thiere, dem
sanskritischen pütikä, „Zibethkatze“, und dem französischen putois,
„Iltis“, vergleichen. Aus der französischen Interjection haben
sich schon längst Wörter gebildet, welche der Sprache angehören,
wenn sie auch nicht von der Akademie authentisirt worden sind;
im mittelalterlichen Französisch war „maistre f-f“, ein üblicher
Name für einen Gassenkehrer, und fi-fi Bücher sind noch nicht
ausgestorben.

Wedgwood, „Origin of Language“’, p. 83, „Dictionary“, Introd. p. XIII. und
s. v. „foul11. Prof. Max Müller protestirt in der zweiten Serie seiner „Vorlesungen“
S. 92 gegen die leichtfertige directe Ableitung von Wörtern aus solchen Hufen und
Interjectionen ohne Vermittlung bestimmter Wurzeln. Was den gegenwärtigen Punkt
betrifft, meint er, dass das lateinische pus, putridus, das gothische fuls, das englische
foul Grimms Gesetz zufolge von einer einzigen Wurzel abgeleitet seien. Dies selbst
zugegeben, hat man jedoch noch die Frage aufzuwerfen, wie weit reine Interjectionen
ihre directen Ableitungen, welche an sich expressive und so zu sagen lebendige Laute
sind, phonetischen Veränderungen unterliegen, wie sie das Grimmsche Gesetz for-
dert, welches von articulirten Lauten gilt, die an sich nicht mehr expressiv sind,
sondern durch blosse Ueberlieferung sich erhalten. So trifft man p und f in einem
und demselben Dialekt in Interjectionen des Ekels und der Abneigung, wie z.
und fi! in Venedig und Paris üblich sind, und ähnliche Laute in London. Wenn man
diese Wörtergruppen von den frühesten arischen Formen an verfolgt, muss man auch
bedenken, dass das Sanskrit nur ein sehr unvollkommner Führer ist, denn sein Alphabet
hat kein f, und es kann also wol schwerlich in diesem Punkte die Regel für Sprachen
abgeben, die sowohl p wie f besitzen, und so im Stande sind, diese Klasse von Inter-
jectionen genauer wiederzugeben.
 
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