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Siebentes Kapitel.
Auf Grund der in diesem Kapitel vorgebrachten Zeugnisse
können wir kurz die Schlussfolgerung machen, dass auch in Be-
zug auf die Zählkunst offenbare Beziehungen zwischen dem wilden
und dem civilisirten Leben bestehen. Die Grundmethoden, welche
die Entwicklung der höheren Arithmetik bedingen, liegen ausser-
halb dieses Problems. Es sind meistens sinnreiche Methoden,
numerische Verhältnisse durch geschriebene Symbole auszudrücken.
Darunter finden wir das semitische und das von diesem abgeleitete
griechische Schema, das Alphabet als eine Reihe von numerischen
Symbolen zu gebrauchen, ein Verfahren, das auch wir noch nicht
ganz verlassen haben, mindestens für die grossen Buchstaben, wie
z. B. in Tabellen A, B, etc., ferner sehen wir die Benutzung der An-
fangsbuchstaben von Zahlwörtern als Zeichen für die Zahlen selbst,
so im Griechischen n und z/ für 5 und 10, im Lateinischen C und
M für 100 und 1000, und in den indischen Numeralien selbst,
welche ursprünglich die Anfangsbuchstaben von „eka“, „d^i“,
„tri“ etc. gewesen zu sein scheinen; das Mittel, Brüche auszudrücken,
das wir in rudimentärem Zustande in dem griechischen /, ff für
J/s, Vl y6 für 3/4 sehen; die Einführung der Null und die An-
ordnung der arabischen Ziffern in einer bestimmten Reihenfolge,
so dass durch die Stellung Einer, Zehner, Hunderter etc. bezeichn et
werden; und schliesslich die moderne Bezeichnung der Decimal-
brüche, indem man die Proportionsordnung, welche Jahrhunderte
lang nur über der Einheit in Gebrauch gewesen war, auch unter
dieselbe hinunter fortsetzt. Die altägyptische und die noch ge-
bräuchliche römische und die chinesische Zählweise beruhen in
der That auf wilder Bilderschrift1), während die Rechentafel und
das chinesische Swanpan erstere noch ein nützliches Schulgeräth,
letzteres in vollem praktischen Gebrauch ihren Keim in der wilden
Sitte, nach Gruppen von Dingen zu zählen, haben, wie die Südsee-
Insulaner mit Cocusnusstengeln zählen, indem sie jedesmal wenn
sie bei 10 angelangt sind, einen kleinen Stengel beiseit legen,
und jedesmal bei 100 einen grossen, oder wie afrikanische Neger
mit Kieseln oder Nüssen rechnen, und sie jedesmal bei 5 in einem
kleinen Haufen beiseit legen* 2).
Wir haben uns hier besonders mit dem Geberdenzählen an
den Fingern, einer bei Kindern und Bauern noch gebräuchlichen
x) „Urgeschichte der Menschheit“, S. 133, (Original, p. 106).
2) „Ellis, „Polyn. Iles.“ vol. I, p. 91; Klemm, „C. G.il Bd. III, S. 383.
Siebentes Kapitel.
Auf Grund der in diesem Kapitel vorgebrachten Zeugnisse
können wir kurz die Schlussfolgerung machen, dass auch in Be-
zug auf die Zählkunst offenbare Beziehungen zwischen dem wilden
und dem civilisirten Leben bestehen. Die Grundmethoden, welche
die Entwicklung der höheren Arithmetik bedingen, liegen ausser-
halb dieses Problems. Es sind meistens sinnreiche Methoden,
numerische Verhältnisse durch geschriebene Symbole auszudrücken.
Darunter finden wir das semitische und das von diesem abgeleitete
griechische Schema, das Alphabet als eine Reihe von numerischen
Symbolen zu gebrauchen, ein Verfahren, das auch wir noch nicht
ganz verlassen haben, mindestens für die grossen Buchstaben, wie
z. B. in Tabellen A, B, etc., ferner sehen wir die Benutzung der An-
fangsbuchstaben von Zahlwörtern als Zeichen für die Zahlen selbst,
so im Griechischen n und z/ für 5 und 10, im Lateinischen C und
M für 100 und 1000, und in den indischen Numeralien selbst,
welche ursprünglich die Anfangsbuchstaben von „eka“, „d^i“,
„tri“ etc. gewesen zu sein scheinen; das Mittel, Brüche auszudrücken,
das wir in rudimentärem Zustande in dem griechischen /, ff für
J/s, Vl y6 für 3/4 sehen; die Einführung der Null und die An-
ordnung der arabischen Ziffern in einer bestimmten Reihenfolge,
so dass durch die Stellung Einer, Zehner, Hunderter etc. bezeichn et
werden; und schliesslich die moderne Bezeichnung der Decimal-
brüche, indem man die Proportionsordnung, welche Jahrhunderte
lang nur über der Einheit in Gebrauch gewesen war, auch unter
dieselbe hinunter fortsetzt. Die altägyptische und die noch ge-
bräuchliche römische und die chinesische Zählweise beruhen in
der That auf wilder Bilderschrift1), während die Rechentafel und
das chinesische Swanpan erstere noch ein nützliches Schulgeräth,
letzteres in vollem praktischen Gebrauch ihren Keim in der wilden
Sitte, nach Gruppen von Dingen zu zählen, haben, wie die Südsee-
Insulaner mit Cocusnusstengeln zählen, indem sie jedesmal wenn
sie bei 10 angelangt sind, einen kleinen Stengel beiseit legen,
und jedesmal bei 100 einen grossen, oder wie afrikanische Neger
mit Kieseln oder Nüssen rechnen, und sie jedesmal bei 5 in einem
kleinen Haufen beiseit legen* 2).
Wir haben uns hier besonders mit dem Geberdenzählen an
den Fingern, einer bei Kindern und Bauern noch gebräuchlichen
x) „Urgeschichte der Menschheit“, S. 133, (Original, p. 106).
2) „Ellis, „Polyn. Iles.“ vol. I, p. 91; Klemm, „C. G.il Bd. III, S. 383.