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Jrlai'.d mit ciner kühlen und festen Weigcrung
deantwortel."

Geverai Boulanger.

Clemenceau, der stch bei der AMre Bou-
langer einige Tage in Schweigen gehüllt, ist ihm
nun doch zu Hilfe gekommen, aber die Hilfe ist auch
darnach. Ein Telegramm ver „Vosi. Ztg." berichtet:
„Der Opportunistenführer Ranc hatl im „Matin"
gejchricben : General Boulanger habe bci verschie-
denen Anlässen Uebereifer und Maßlosigkeit gezeigt;
er sei es gewesen, welcher den Secretär Tbibaudin's,
Capitän Maujan, wegen persönlicher Differenzen in
eine Strsfcompagnie versetzt habe. Ranc's Artikel
schließt: „Bleihen Sie ein guter Kriegsminister, aber
hüten Sie stch vor der Politik, Sie haben kein
Glück damit." Daraufhin ist dasOrganClemenceau's,
die „Justice", aus ihrer seitherigen Reserve herausge-
1reten,indem ste einen heftigenArtikel gegen dteWider-
sacker Boulangers, insbefondere gegen die Oppor-
tunisten richtet. Zum Schluß heitzt es: „Nur die-
jenigen stnd zu tadeln, welche dem Herzoge von
Aumale, dcm Onkel des Prätendenten, so lange eine
der cinflußreichften Stellungen in der Armee über-
ließen." Berichtigend wird erwähnt, Maujan, der
Secretär Thibaudins, sei nicht von Boulanger,
sondern vom opportunistischen Minister Campenon
bestraft worden. — Wenn es verkehrt gewesen ist,
dem Herzog von Aumale eine einflußreiche Stellung
in der Armee zu überlaffen, dann ist es doch da-
durck nicht entschuldigt, daß Boulanger erstens an
diesen einflußreichen Mann Bittgesuche gerichtet
und zweitensnachher dieselben abgeleugnet hat.

Die Bouapartks,

sowie die Notabilitäten der Partei ohne Unter-
schied der Schattirungen werden sich, wie ein Pariser
Blatt meldet, am Napoleonstagr, den 15. August,
auf dem Schloffe Prangins in der Schweiz unter
dem Vorsttze des Prinzen IeromeNapoleon ver-
samnieln, um zu einer Verständigung zwischen allen
ssractionen der bonapartistischen Partei zu gelangen.
Prinz Victor hätte auf eine diesbezügliche Aus-
sorderung geantwortet, er würde nicht erscheinen,
denn „das Kaiserreich sei er." — Wenn auch iein
Onkel Louis Napoleon seine öffentliche Laufbahn
damit begonnen hat, stch lächerlich zu machen, so
darf doch der kleine Victor nicht daraus den Schluß
ziehen, daß auch für ihn die Lächerlichkeit der erste
Schritt zum Thron sein wird.

Der Couflict dcr Uuion mit Mexico.

Eine in Newyork veröffentlickte Devesche aus
Mextco meldet, daß Prästdent Diaz bei einer
Unterredung geäußert habe, er befürchte nicht,
daß die Cutting-Affäre irgeud eine ernste
Schwierigkeit verursachen werde. Auch soll der
Piäsident die Ansicht ausgedrückt haben, daß die
amerikanische Regierung in Folge der ersten unge-
nauen Berichte übereilt gehandelt habe, und daß
die volle Erklärung des Sachverhalts, die bereits
nachWashington abgegangen sei, zu einer gütlichen
Beilegung der Sache führen werde.

Deutschland

Ä Berlin, 6. August. Gestern hat der Kaiser
in Gastein dss eingetretenen heftigen Regenwetters
wegen die üblichen Morgenpromenaden unterlaffen.
Morgen früh wird der Staatssecretär Graf Herbert
Bismarck ebenfalls in Gastein zu mehrtägigem Auf-
enthalte eintreffen. Am 3. August, dem Geburts-
tage König Fciedrich WilhelmS llst, hat der Kaiser
das Badeschloß nicht verlasien, sondern, wie alljähr-
tich, diesen Tag in stiller Zurückgezogenheit zu-
gebracht.

— Die Kaiserin' empfing in diesen Tagen in
Schlangenbav den Oberbürgermeister Pelzer von
Aachen in besonderer Audienz.

— Der Kronprinz traf von Schlangenbad
aus, wo er der Kaiserrn einen Besuch abzestattet
hat, über Frankfurt a. M. heute früh gegen halb
8 Uhr auf der Station Großbeeren ein und suhr
von dort aus sosort «ach Potsdam weiter.

* Die „Mind. Ztg." schreibt unterm 5. August:
„Dcr Stöckerprozetz der Mindener Zeitung
kommt wieder an die Oberfläche! Mehrere Wochen
vor Beilegung dieses Prozeffes verlangte der Ver-
tieter des geistlichen Klägers von dem verantwort-
lichen Redacteur d. Bl. die Aufnahme einer Be-
richtigung über Behauptungen seitens der Re-
daction, die thatsächlich weit über den Rahmen des
vom Preßgesetz zugestandenen Berichtigungsrechtes
hinausging. Die Redaction verweigerte die Auf-
nahme dieser Berichtigung. Längere Zeit nach
Berlegung des Prozeffes — die wir schon hundert
Mal bereuten — empfingen wireine Aufforderung
der Amtranwaltschaft, post kostum die Berichtigung
zu veröffentlichen und 15 Mk. Geldstrase zu zahlen,
gegen welches Ansinnen wir richterlichen Entscheid
provocirten. — Be^ der heute stattgehabten Ver-
bandlung vor dem Schöffengerichte wurde der Jn-
halt der antiquirten Berichtigung in keiner Wetse
dahin geprüft, ob er den Anforderungen des Preß-
gffetzcs enspreche, sondern die gegen uns verhängte

Festgäste eingeladen sind, in ihren Costümen zu
erscheinen.

Der heutigc Vormittag rief uns wieder in die
alte gothischs Stistskirche zurn Heiligen Geist. Es
versammelten sich vorher der Lehrkörper der Hoch-
schule, dte Abgesandten der Schwesteranstalten in
ihren Amtskleidern, die Studentenschaft in und vor
dem Universitätsaebäude. Pünktlich um 9 Uhr
zogen sie feierlich, das neue Universitätsbanner,
dre Pedells und Musik voran, durch die Straßen
zur Kirche hin. Hier bot sich ein dem gestrigen sehr
ähnlicher Anblick. Die Spitzbogenwölbungen des
herrlichen Baues sind in jüngster Zeit von einer
Menge verunstaltender Schmarotzerbauten befrett
worden, die palatinische Bibliothek, die vordem aus
einer Empore hoch unter den Seitenschiffen auf-
gestellt gewesen, ist anderswo untergebracht. Die
Kirche ist zu den Festacten sehr geeignet. Hat sie
doch immer in naher tnnerer Beziehung zur Hoch-
schule gestanden seit den Tagen der Gründung, dte
von hier ausgegangen, der Reformation, die in ihr
ihre Lshren vcrkündet, bis heute. Wieder hatten
Sänger und Orchester im hinteren Abschluß Platz
genommen, wieder standen die Sesiel für die höchsten
Herrschaften in der Mitte des Hauptschiffes, wieder
füllte die erlavchte Versammlung dcr Ehrengäste die
Sitze im Mittelraum. Wie gestern waren den
Damen die seitlichen Emporen vorbehalten.

Der Zug der Universität hatte sich kaum im
Jnnern vertheilt, da schmetterte draußen die Militär-
musik das „Heil Dir im Siegerkranz", Hochrufe
kündeten das Nahen des Hofes, der dcnn auch bald
cintrat in derselben Ordnung wie gcsiern. Nach
kurzem Orgelvorspiel ertönte das Hallelujah von
Händel durch die Wölbung. Wieder stand dcr
Vortrag auf der Höhs der Vollendung, die hellen
Sopranstimmen schwangen sich frisch, kräftig und
glockenrein durch den Raum, der Lobgcsang erzielte
eine große Wirkung. Hatten wir gestcrn an der
gediegenen Predigt des Theologen, Prof. Baffer-
mann, uns erhoben, in der Aula den von Herzen
Loniü.enden, schwungvollen Wortcn des Großherzogs,

Klldstrafe wurde einfach bestätigt. — Gegeu das
Urtheil ist die Berusung angemeldet."

* Das Organ der Hirschberger Conserva-
tiven, die „Pöst aus dem Riesengebirge", schließt
einen Artiket über die gerichtlichen Strafverkürzungen
sür Hcrrn Durholr, den Redacteur des Hirsch-
bsrger libemlen „Boten aus dem Riesengebirge",
mit folgendcn Worten: „Der Segnungen der libe-
ralen Gesetzgebung sind wir uns noch selten so be-
wußt geworden, als bei Empfang dieser Nachricht."
— „Pfui" — setzen andere schlesische Blätter dem
mit Recht hinzu. Das conservative Hirsckberger
Blait scheint seine Hoffnungen nicht auf die Gründe
zu setzen, die es vorzuvringen vermag, sondern es
hofft von den Gerichten, daß sie für die conserva-
tiven Blätter eine Art von staatlichem „Schutz der
nationalen Arbeit" bilden, daß die ttberalen
Redacteure eingesperrt und dadurch an der Be-
teuchtung der conservativen Politik verhindert
werden.

* Der Jesuit Frhr. Ludw. v.Hammerstein,
aus deffen Schriften die „Germ." Auszüge bringt,
ist ein richtiger Vetter des Chefredacteurs der
„Kreuz-Ztg.". Die Väter der beiden Herren waren
Brüder. Frhr. Ludwig v. Hammerstein ist 1832 m
Pommern geboren uno mit 23 Jahren katholisch
geworden. Er wohnt in einem niederländiichen
Kloster. Ein anderes Mitglied der Hammersteinschrn
Familie, Frhr. Helge v. Hammerstein, von der
Equador Linie, ist im Jahre 1848 katholisch ge-
worden, bat in die eisrig ultramontane Fcwülie
Stolberg-Stolberg hineingeheirathet und tebt als
kaiserlicher Kämmerer in Oesterreich. (B. M. Z.)

* Ueber den wegen Landesverraths fest-
genommenen Jngenieur v Hartung berichtet der
„Anz. f. d. Havelland": Hartung war, wie wir er-
sahren, in früheren Jahren, so vtel erinnerlich,
von 1877 bis 1881, Agent für die Armeelieferanten-
firma Wollank und hat sich auch in hiesiger
Garnison danials um Lieferungen beworben.

* sBürgerliche Eheschließung uud kirchlicheS
Eherecht.j Nach dem „Berl. Volksbl." ftndet fich
an der katholischen Kirche zu Neuenahr ein öffent-
licher Aushang, gerichtet an eine Anna Homann,
welche in Civilehe lebte mit einem von seiner ersten
Frau gerichtlich geschiedenen Doctor Schmitz. Unter
Berufung auf die Entscheidung in einem kanonischen
Eheprozeß wird die Anna Homann von dem
bischöflichen Offtcialat in Trier aufgefordert, unier
Androhung der Ausschließung aus der Kirche die
Verbindung mit dem vr. Schmitz aufzugeben, weit
dieselbe mit den Lehren der Kirche über die Un-
auflösbarkeit der Ehe flagrant in Widerspruch stehs
und dieselbe den gläubigen Katholiken großes
Aergerniß berelte. — Die Ausschließung aus einer
Kirchengemeinschaft wegen Zuwiderhandlung gegen
die Lehren der Kirche muß jeder Kirchengemeinschaft
freistehen — bemerkt dazu die „Freis. Ztg," —, auch
wenu die Thatsache, auf welche sich die Aus-
schließung gründet, dem bürgerlichen Recht ent-
spricht. Etwas anderes crber ist es, vb die Form
einer solcheu öffentlichen Aufforderung nicht drn
Charakter einer strasbaren Ehrverletzung zeigt.

* Die aus sechs Geschützen bestehende Batterie
Vorderlader, Modell 1812, welche zum Geschenk
des Kaisers für den Sultan von Zanzibar
bestimmt ist, wird, nach dem „Anz. f. d. Havell."
morgen fertiggestellt sein. Die Vernickelung ist in
Berlin ausgesührt worden. Am Sonnabend trifft
der Abtheilungschef des Kriegsdepartements zur
Besichtigung der Batterie in Spandau ein.

* Im Straßburger Gemeinderath ist die
Spracheusrage, d. h. die Frage, ob die Geschäfts-
und Verhandlungssprache die deutsche oder
die französische sein solle, in der einfachsten Weise
dadurch gelöst worden, daß beide ersten Elsäffer,
welche zum Worte gelangten, sich der deutschen
Sprache bedienten. Auch in dem neuen Gemeinde-
rathe von Metz wird der Antrag auf Einführung
der dcutschen Sprache gcstellt werden, währens da
bis jctzt noch das Französische Geschäftssprachewar.

Das Juliheft von „Petermanns Mit-
theilungen" enthält eine ausführliche, auf der amt-
lichen Neichsstatistik basirende Arbcit von Carl
Strauß über die Auswanderung aus dem
deutschen Reiche nach überseeischen Ländern in
den Jahren 1871 bis 1884. Die Zuverlässigkeit der
in dieser Arbeit zusammengestellten Daten wird
allerdings dadurch wesentlich geschmälert, daß die
amtliche Auswanderungsstatistik bekanntermaßen
nicht erschöpfend ist, indem viele Personen heimtich
und auf nicht controlirten Wegen Deutschland ver-
laffen; immerhin aber ist das öetr. Zahlenmaterial
wrchtig genug, um hier wenigstens der Hauptsache
nach recapitutirt zu werden:

Es sind in den Jahren 1871 bis 18S4 über deursche
Häfcn und Antwerpen ausgewanderl 1 30S 272 Perlonen.
Nach amtlicher Schätzung beträgt die Zahl der in den
Jahren 1821 bis 1870 ausgewandertcn Pcrsonen 2 770 000,
so daß im Ganzen von 1821 bis 1884 4 079 272Personen
aus Deutschland ausaewandert sind. Außerdem sind noch
nach französischcn Quellen übcr Havre von 1871 bir
1374 63 183 deutsche Auswanderer geganzen. Auf 100 M0
Einwohner kommen iu Deutschland von 1871 bis 1883

der fein gegliederten, im Inhalt bedeutungsvollen
Rede des päpstlichen Abgesandten, der wahrhaft
klassischen Ansprachs des französischen Gelehrten
unsere höchsten Sympathien entgegengebracht, so
war es heute Kuno Fischer allein, der die sehr lange
Festrede hielt. Sie war wesentlich historischen Jn-
halts, alle Jahrhunderte seit Gründung der Uni-
versität und das gesammte Deutschland umfassend.
Der gelehrte Rhetoriker sprach vergleichend von
Wenzeslaus und Kaiser Wilhelm, den Kaisern
des Reiches bei Gründung der Universität und
bei threr Jubelseier, er schilderte die Zeiten
beider und vcrweilte länger bei dem dreißigjährigcn
Kriege, den Schrecken und Nöthen, die er üver
Heidelberg gebracht. Als er dann auf das Jubiläum
von 1686 kam und zu der Zeil der Pfalzver-
wüstuny, die bald darauf über das unglüaliche
Land embrach, klang heißer, heiliger Zorn aus
seiner Rede. Zum ersten Male in diesen Tagen
wurden von ihm die Schrecknisse scharf gerichlet,
welche die Horden Ludwtg's XIV. über Heidelberg
gebracht haven. Die Geschichte der Pfalz geistvvll
mit derjenigen der Hochschule verknüpsend, ging er
besonders ausführlich auf die Reformation ein und
schloß dic mehrstündige Rede erst in dem Augen-
blick, in dem dieser knappe Bericht zur Post gehen
muß. Die eingehende Arbeit erscheint sofort im
Druck und füllt 7V2 Bogen einer Broschüre.

Jn diese beiden Tage, gestern und heute,
drängen sich die Hauptmomente des Jubclfestes
«lsammen. Es folgl nach kurzcr Rast das ojsicielle
Festmahl in den Sälen der Museumsgesellschaft
und ani Abend ein Fackelzug, den die Studenten-
schaft ihrem Itsetor waAuiüoeiitissiMiis bringt. Der
deutschc Kronprinz soll schon heute Abend die Rück-
reise autietcn, der Großherzog kehrt nach Karls-
ruhe zurück, wohin er am morgenden Donnerstag
die sremden Abgesandten, den Lehrkörper und
andere Festgäste von Bedeutug aufs Schioß ge-
laden hat. Zum historischsn Festzuge am Freitage
kehrt er wieder in die Jubiläumsstadt zurück.

jährlich 198 Auswanderer. in England dagegen
432. in Schottland 527. in Jrland 1206. in der
Schweiz 192, in Schweden 36ö, in Norwegen (1871—
1882) 642, DLnemark 260, Frankreich (1871-1882) 13,
Jtalien (1876-1883) 143 und Portugal (1872-1881)
306 Answanderer. Deutschland stebt also noch besier
da, als alle anderen germanischcn Staaten. Unter den
Auswanderern waren in den Jahren von 1871 bis 1884
57 ^ Männcr und 43 A Frauen. An der absoluten
Gesammtauswanderung sind am meisten betheuigt
Pommern, Westpreußen, Poscn, Hannover, das
rechtsrheinische Baiern, Schleswig-Holstein, Württem-
berg und Brandenburg. Was die Auswanderungs-
häfeu bcirifft, so steht für den Zeitraum von 1871 bis
1884 obenan Bremcn mit 648 930 Auswandercrn, dann
folgt Hamburg mit 581 670 und Antwerpen mit 121 043;
die übrigen Häken (meist Stettin) besörderten nur 7629
Auswanderer. Von der Gesammtzahl aller AnSwanderer
ginaen uach Afrika 2929, nach Asieu 441, nach
Australien 14 664 und nach Ämerika 1 291 238. Letztere
verthcilten sich auf die Vereiuigten Staaten von Nord-
amcrika 1250 937, Brilisch-Nordamerika mit S289.
Mexico und Mittelamerika mit 444, Westindien mit 916,
Brastlien mit 27 128, dic Argentinischen Staaten mit
3858, Peru mit 7« 0 und Cbile mit 2002.

Soudershauseu, 5. August. Seit Sonnabend
weilen auf dem Jagdschloffe Gehren, wo jetzt das
regierende Fürstenpaar scinen Sommeraufcnthalt
genommen hat, die Tochter des verstorbenen Königs
von Hannover, Prinzessin Frtederike von
Hannover und deren Gemahl, Freiherr v. Pawel-
Rammingen, sowie ferner der Prinz Albert von
Sachsen Altenburg und deffen Gemablin, Prinzessin
Atbert, geb. Piinzessin Marie von Preußen.

* AuS Gastein wird der „Freis. Ztg." ge-
schrieben: Seit dem 1. Juni bis jetzt sinv etma
3500 Gäste hier gewescn. Trotz des regnerischen
Wetters sind die Gasthöfe und Privathänser über-
füllt, insbesondere weilt hier viel österrelckischer
Adel. Jm Gefolge des Kaisers Wilhelm befinden
sich im Ganzen 57 Personen. Von dem Ausenthalt
des Kaisers merkt das Publikum hier sehr wenig.
Der Kaiser wohnt bckanntlich im Hotel „Bade-
schloß", welches dem Kaiser von Oesterreich gebört
und an einen Unternehmer verpachtet ist. Das
„Badeschloß" ist dreistöckig und hat jeder Stock
7 Fenster in der Front. Jn der Mitte befindet sich
ein Balkon, der vor 3 Fenstern entlang geht.
Dieser ist mit Kränzen geschmückt, in deren Mitte
stch der Buchstabe IV., in Edelweiß ausgesührt,
befindet. Der Kaiser benutzt die erste Etage.
Das Eäziinnnr rechts ist sein Speisesaal, links
ein Arbeitszimmer. Letztcres Zimmer hat zwei
Fenster, und erscheint dcr Kaiser dort im Laufe des
Vormritags und des Nachmittags sehr oit am
Fenster, ähnlich wie am historischen Eckfenster in
Berlin Jn den letzten Tagen bat der Kaiser weniger
daS Badeschloß veclaffen. Fre lich hat es seit Ende
Juni fast tagtäglich geregnet. Das „Badeschloß"
lregt auf einec Anhöhe. Vor den Thüren deffelben
kann man vinircn. Der Kaiser spricht oft in seiner
Leutseligkeit dre dort speisenden Personen an.
Vis-ü-vis vom „Badeschloß" ist Hotel „Straubinger",
wo Minister v. Bötticher nnd Fürst Hohenlohe
wohnm. Der Kaiser ist in seiner AnspruchSlosigkeit
in Gastein sehr bcliebt. Oft besuchte er das „Cafe
zur schwarzen Liesl". Die Besitzerin dcffelben soll
sein Bildniß, mit seiner Unterschrist versehen, besitzen.
Eugländer haben ihr schon viel Geld Vafür geboten,
jevoch ist es ihr nicht käuflich.

Oesterreich-Angaru.

F-iume, 5. August. Während der letzten zwei
Tage ist kein Cholerafalt vorgekommen.

Pest, 5. August. Die Journale eröffnen Samm-
lungen, um den Leichnam Franz Ltszt's nach
Ungarn heiwznbringen.

Gugland.

Lsndon, 5. August. Das Schreiben, in
welchem Gladstone seinen Entschluß, flch vorlänfig
znrückzuziehrn, ausspricht, ist an Mr. Biorley ge-
itchtet und lautet:

„ . . . Dic Anstrengung. der ich mich während dcr
letzten 6 Jahre zu unterziehen hatie, ist groß gewescn,
und ich muß mich nach einer Gclegenheit umschauen,
Veränderung und Ruhr zu beksmmen, sci es in der
Heimath odcr im Auslandc Absr in einer wichtigen
Brziehung fühle ich, daß Abhilfe ge'ucht werden. und
setbe daueind s-in muß. Durch Verhältnisic ist
es mein Schicksal. die Last ciner persönlichrn
Correspondenz zu haben, die zum Theil hochinleressant
ist, größer abcr, wie ich anzunebmcn geneigt bin, wie
sie irgend eine andere Perjon zu tragen gehabt hat.
Meine Privatsecrctäre haben, wenn ich im Ämre war,
duich hartc Arbcit so viel erledigt. was die Gcschätte
eines Deparlements nmfaffen möchte. Jch kann weder
Liefc Einrichtung aufrecht erhalten, noch versprechen, fo
viet Zcit zu verwenden und so viel von meiner persön-
lichen Freideit zu opfeni, wie sie die Erledigung eines
Briefwcchsels mit mehr als 20000 Personen erfordert.
Jch bin deshalb gezwungcn, ein für alle Mal meinen
Correspondenten bekannt zu^geben, daß ich, wie sie leicht
verstehen werden, nicht im Stande bin, Briefe zu beant-
worten, oder Manuscripte und andere an an msine
Adreffe gerichtete SenduNgen zurückzuschicken. Möge man
mein Schwcizen gütig dahin auSlegen, daß ich in bem
betreffenden Falle nichts zu sagen habe."

Der „Morning Post" zufolge beabsichtigt
Gladstone im Lause bieses Monats Jrland zu
besuchen.

*Belfast istMittwochAbend wiedcrumdurch
ernsteKrawalte beunruhigt worden, wenngleichdie
Behörden Vorsichtsmaßregeln ergriffen hatten. Die
Aufregung begann, als dte Arbeiter ihre Werkstätten
vertießen. Man bcgrüßte sie auf den Straßen au
verschiedenen Punkten mit einem Steinhagel, und
die Arbeiter übten Wiedervergeltung, tndem sie
eiserne Schrauben und andere Eisenthcile unter die
Pöbelmenge schleuderten. Der Kampf und der
Widerstand des Pöbels wurden schließlich so ernst,
daß die Polizei feuern mußte und eine Abtheilung
Rittitär zu threm Beistande herbeieilte. Alsdann
gelang es bald, die tumultuartschen Massen zu zer-
ftreuen. Die Nachbarschaft von Shankhill-road
befand sich während des Abends in sotch aufgeregtem
Zustande, daß Capirän Keogh die Aufruhracte
verlas. Als er htermit beschästigt war, wurde er
durch einen Steinwurf so ernstiich verletzt, daß
mehrere Dragoner ihn zum Arzte escortiren mußten,
wo seine Wunden verbimden wurden. Ein zweiter
Frtedensrichter, Oberst Millar, wurde gleichfalls
von eineni Steine getroffm unv schwer verletzt.

Rußland.

* Bei den großen Herbstmanövern in
Polen, bei denm die Truppen des Warschauer
Militärbezirks gegen die des Wilnaer kämpfen
werden — aus jeder Seite etwa drei Armeccoips
—, wird Generailicutenant Pawloff, Commandenr
des 6. russischen Armeecorps, gegen GeneiaUieutenant
PetruschewLki, Commandeur des 4. Armeccorps,
opericen. Beide Generäle habeu eine giänzende
militärische Lauföahn zurückgelcgt, denn beide
wurden nach noch rsicht dreißigjähriger Dienst-
zeit Corps - Commandeure. Beide sind aus
dcm Generalstabs hervorgegangen und stehen
jetzt im Anfang der Fünfziger. Namentlich erfreut
sich General Pctruschewski, der Nachfolger Skobe-
lcffs im Corps-Commando, in Nußland eineS bc-
deutenden militärischen Russ, zu dcm er in mehreren
Fcldzügen, namentlich im letzten Kciege, in dem er
die 14. Drvision auf dem Schipkapaß befehtigte,
den Grund gelegt haben soll. Er gilt bet den
Ruffcn jetzt für einen der bestm russischen Heer-

führcr, dem vielleicht noch eine große Zukunft be-
vorstehe. Oberstec Leiter jener Manöver wirv
General Gurko, der General - Gouverneur von
Warschau, sein._ (Ostd. Pr.)

Danzig, 7. August.

Wetter-Aussichten für Somttag, 8. August,
auf Grund der Berichte der deuischen Seewarte.

VeränderUcheS, kühles Wetter mtt mäßigen
Winden meist aus West bis Nordwest.

* sAusgebliebeue Postsen-ungZ Neben anderen
Briefsendunaen aus Berlin sind heute auch die
„Telegraphifchen Nachrichten"desWolffschenBureaus
nicht hier eingetroffen. Jn Folge deffen fehlt uns
der größere Theil der telegraphischen Börsen-Nach-
richtrn. Wir hoffen das Fehlende jedoch in der
Morgen-Ausgabe nachtragen zu können.

* lMarreuburg - Mlavkaer EiseubahoZ Jm
Monat Jult haben,snach provisorischer Ermittelung,
die Einnahmen betragrn: im Personenverkehr
30 000 Mk., im Güterverkehr 68100 Mk., an
Extraordinarien 10000 Mk., zusammen 108100 Mk ,
d. i. 11 584 Mk. (darunter 8819 Mk. aus dem
Güterverkehr) wenrger als nach definitiver Fest-
stellung im JuU v. I. — Die Einnahme währenv
dec letztverflossenen 7 Monate betrug, so weit bis
jetzt festgestellt, 951907 Mk. (220989 Mk. weniger
ats in der gleichen Zeit v. I.).

* (Curse für Zeicheulehrer.j Zur Ausfühnmg der
Bcstimmuugen, belreffend die Einführung der obligato-
riscbeu Handwerker-Fortbildungsschulen, solleu
dem Minister aus den einzelnen Städten geeignete Lehrer
zur Ertbeilung des Unterrichls im Freihandzeichnen nam-
hafl gemacht werden. welche, wenn die Commune nichr
die Kosten dafür übernimmt, ev. aufKosten des StaateS
zu einem ungefähr sechswöchentlichcn Cursus im Frei-
hand,eichnen nach Berlin einberufen werdcn.

* lFortbilSungsschulzmang für Han»lungslehrli»ge.I
Beim Ministerium für Handcl und Gewerbe ist die
Frage angeregt wordcn, ob die Gewerbeordnung Lahin.
abzuändcrn sei, daß die durch die 88 106 und 126 der-
selben in der Faffung vom 29. Juni 1869 gegebene:
Möglichkeit. auch die Lehrlinge des Kaufmannsstandes
durch Erlaß eines Ortsstatuts zum Besuche einer Fort-
bildungSschule zu verpflichten, welche jetzt Lurch den 8154
ausgeichloffen ist. wieder hergestellt wird. Die Bezirks-
Regierungen sind deshalb veranlaßt, darüber Auskunst
zu ertheilen, welche Fortbildungsschulen für Kaufleute
in den bezüglichen Verwaltungsbezirken bestehcn, von
wie viel Schülern dieselben besuckt werden, wie vicle
derselben noch nicht 18 Jahre alt sind. ob die Frequenz
der einzelnen Anstalt am Schlnß des Semcsters an-
nähernd dieselbe ist, wie im Anfange, und ob bei den-
sclbcn der Mangel eines gesetzüchen Zwanges zum
Besuche des Unterrichts sich fühlbar gemacht hat, sowie
ob und aus welchen Gründen der Wunsch nach Wieder-
herstellung des Zwanges in weiteren Kreiscn besteht.

* ITie österreichischen Torpcdobütel „Habicht" un
„Sperber" haben gestern Nachmittag den Hafen vo
Nenfahrwaffer vcrlaffen und die Reise nach Pola fort-
gesetzt.

* IKanfmöuuischc NeVlichkcitZ Ein Kanfmann irr
Thorn war vor einer Reihe von Jahrcn in Vermögens-
verfall gerathen und es haltcn bei dem Zusammenbruch
seines Geschäfts auch einige Danziger Firmen namhafte
Verluste erlitten. Der Ersatz dicscr Schäden war jedoch
stels der sehnlichste Wnnsch jenes Ehrenmannes gewesem
Derseibe ist jetzt dnrch Angehörige in der coulaniesteir
Weise erfüllt worden, uachdem der Ertrag gewinn-
bringender Unternehmungen im Auslande ste dazu irr
den Stand gcsetzt hat. Nähere Mittheilungen über die
erfreuliche Angelegenheit unterlaffen wir gern aus Rück-
sicht auf die von Len Bctheiligten ausgesprochenen
Wünsche, wir erwähnen daher nur, daß den s. Z. durch
Verluste geschädigtcn hicsigen Glänbigern dieser Tage die
bctreffendcn Beträge erstattet worden sind.

ö sTomiuiks-PferSemartt j Dcr heutige letzte
Tag des Pferdemarkts zeigte fast vollständige Geschästs-
stille. auch war der Pferdebcsland im Verhältniß zu den
beidcn vorangegangenen Tagen ein nur gcringer, da die
meisten Privatkäufer, ebens» die größeren Händler dea
Bcarkt mit ihren Pferden bercits gestern verlaffen
haben, weil auf convenirendc Vcrkäufe nicht mehr zn
rcchnen war. Es sind noch nie zuvor so viele Pferde
aus dem hiesigen Markt znm Verkauf gestellt worderr,
als in diesem Iahre, aber der Markt ist auch wohlnoch nie
jo scblccht nnd die Kauflust cine so geringe gewefen.

lArmku-UnterftützungS-Berein.) Zu der am
Freitag, den 6. August, abgehaltenen Comite-Sitzung
«aren 698 Gesuche cingcgangen, von welchen 25 adge-
lehnt und 673 genehmigk wurden. Zur Verthcilung pro
August gclaugen 37tö Brode, 438 Portionen Kaffee,
1070 8 Mehl, 2 Hemdcn, 1 Knabenjacke, 1 Paar Knaben»
hosen, 2 Paar Holzpantoffeln.

IPviizciberrcht vom 7. Angi.stj Verhaftct: Eirr
Mädchen wegcn Diebstahts, 6 Obdachlose, 3 Bettler,
4 Dirnen, 1 Drehorgclspieler wegen Gewerbe-Contra-
vcntion. — Gestohlen: ein Porkcmonnaie enthaltend
2 und 4 Pfandscheine, 1 weiß und schwarz carrirtes
Umschlagetuch, 1 goldene Damenuhr mrt Nickelkette und
Medaillon, 6 üo -Z. und mehrere Pfefferkuchen, ein
goidener Ring — Verloren: Am 2. August cine goldene
Broche. schwarz emaillirt mit rothem Stein. — Gefundenr
1 Nolizduch, 1 Rohrstock, 1 Portemonnaie, abzuholsrr
von der Pol zei-Dircction.

Elbtng, 6. August. Nach einer heute hier eingc-
troffenen tetegraphischen Meldung sind gestern von Spezzia
(Jlatien) 5 italienrsche Marine-Offiziere übcr
den Brenner nach hier abgcgcmgen. Densetben folgt in
den nächsten Tagen ein italienisches Marrne-Commando
von 6 Seeoffizieren und 27 Matrosen. Das Letztere
wird zwei für die rtalienische Diarinc auf dcr hiesigen
Schichau'jchen Werft gebaute Torpedoböte nach Jtalren
überführen. (E Z.)

Grauvenz, 6. August. Das Sprichwort: „Krndcr
haben rhre Engel" hat sich wieder einmal bewahrheitet.
Vor einigen Tagen hatte eine Frau irr dcr Oberberg-
straße des Abends, währcnd ihr dreijährftes Söhnchen
schlief, sich auf kurze Zeit aus ihrer im dritten Stock
gelegenen Wohaung entfernl. Jnzwischen erwachte der
Knabe, und als er sah. daß er allein im Zimmer war,
stieg er auf das Fensterbrett und sprang 30 Fuß tref
hinab. Obwohl der Roden unter dem Fenster aus
festgctretenem Ziegeljchutt besteht, blieb der Knabe voll-
stärrbig unverletzi; heute läufr er frisch und munter
herum wic zuvor. (Ges.)

Aus Sem Kreise Strasburg, 5. August. Jn An-
betrachk, daß trotz strenger Greuzausstcht in letzter Zeit
wieder aroßarlige Schmuggeleien, wie in Gorzno
und dei Neidendurg, vorgekommen sind. soll, wie man
dem „Ges." schreibt, das Grenzaufjeher-Perjonal möglichst
vermehrt und zwischen Gc- Lensk uad Soldau eine rrene
Station eingejchoben werden.

Passenbeim, 5. August. Unser Städtchen bcging
dkser Tage das Fest dcs 500jährigen Bestehens.
Dre Bewohner halten dem Orte durch Eingrabcn vieler
Tannenbäume an idren Häusern das Aussehen eines
Tannenwaldcs gegeben. Am 3. August, Abends 6 Uhr«
beganncn die Feiertichkeiten mit einem Concerte. Um
9 Uhr Abends fand großer Zapfenstreich nebst Fackelzug
statt. Schon um 6 Ühr Morgens des folgenden Tages
wnrden die Bewohner durch Reveille aus dem Schlafe
geweckt. Vom Rathhauslhurme aus crlönte um 8 Uhr
ftüh das Lied: „Nun danket Alle Gott." Um 9 Uhr
verjammelten sick die Festtheilnehmer in dem geschmückten
Gotteshause. Älsdann fand auf dem Markte
die Hauplfeier statt. Von dem Balkon des Rath'
hauses Iprach zunächst Prediger Möwes einen
Prolog anf die Stadt Passenheim. Bürgermeister
Reichert las dann aus der Chronik bie wichtigsten That-
sachen aus dem 500jährigen Lcben der Stadt vor. Da-
rans entnehmen wir, daß durch Urkunde vom 4. August
1386 das Dorf Heinrrchswalde von dem Hochmerster
Conrad ZLllner von Rothstein zur Stadt erhoben ist
und deir jetzigen Namen zu Ehren des Comturs Baffen-
heim von Elbing erhalten hat. Nach dem Festact folgte
cin Umzug durch die Stadt, sväter ein Diner. Während
Lcs Drners wurden zwei Telegramme an den Kaiser
nach Gastein und an den Kronprinzen nach Heidelberg
gesandt. Auf letzteres traf sofort eine telegraphische Ant-
wort ein. Ein Waldfcst, ein großes Feuerwerk, sowiec
ein Ball beschioffcn die seltcne Feier.
 
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