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Das 500jährige Jubiläum der Heidelberger Universität im Spiegel der Presse: Dresdner Anzeiger — 1886

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https://doi.org/10.11588/diglit.16723#0007
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Amtsblatt des Königl. Landgerichts, des Königl. Amtsgerichts, der Königl. Polizei-Direction und des Raths zu Dresden.

. - > -.->x> Stiftungs-Eigenthum. x> -—--

Mv« 221. Montag den 9. August 1886. 18V. Jahrgang.

Monatd!,""« Lus-ndungrgebühr) "ierteljährlich 1 M!., zweimonallich S Mk., monatlich 1 Mk. S» Pf., bei den Kaijerl. Deutschcn Postanstalten viertcljährlich 4 MI. S»Pf.. für dcn zwciten und dritte»

BurgiSzcile 15 Ps., untcr' Einaelandt die drcimal oeluoi.en-dt-' Oesterr.-Ungar. Monarchic hro Ouarial g Guld. 17 Kr. excl. Agiozuschlag. Einzelne Nnmmcrn kosien L» Pf. Jnsertiouspreis sür die scchsmal gcspaltene

»rab°17,1. Etage! WocheMa » sr °,n 8-1L u L u ü u M-- GMüftsze.t d-r Expeditiouen <K. S. Adreß-Co.nptoir).- tU.tstadt. au der Krcuzsirche lS. I.. Wocheutags sr. °°n s bis Abds. 5 Uhr, Soun- u. Festtags sr. °°n S-'/Il Uhr, l,te..stadt, Haupt-

h . s achm. von s L Uhr, Sonn. u. Fcfttag» sr. von S-1L Uhr. Jnserate sur die Nummer dcs sslgcndc» TageS «erden j-doch in beiden Expcditioncn WochentagS nur bis t Uhr Nachmittagü angeuommen.

Lerantwortlich sür denrcdactio.icllenTheiln. dieBörsenbeilage: RedacteurHsrmannTheniuS,
sür den Jnlerateutheil. Jnspcctor Moritz Walther, beide in Dresden.

Aernsprcchstesscn:

Altstadt Nr. SSL. — Nrustadt »r. S4S.

Den rcdactionellen Theil betreffei.de Mittheil.mgen find an dic Redartio», aus Jnserate und
Abonnemcnts bezügliche Zuschriften an die Expcditio» zn adresfiren.

T elegraMMe

VeS DreSSner MnZeigevS.

Berlin, 7. August. S. M. Krcuzer „Möve", Commandant
Corvetter.-Kapitän Boeters und S. M. Kanonenboot „Hyäne",
Commandant Corvcttcn - Kapitän Langemak, sind am 7. August e.
von Aden nus in See geaangen.

Vad Gastein, 7. Aagust. Se. Majestät der Kaiser Wilhelm
nahm heute dc» Bortrag des Chefs des Militärcabinets, General»
Licutenants v. Albedyll, cntgegeu. An dem heutigcn Diner bei
Sr. Majestät werden theilnehmen Prinz Wilhelm, Fürst Biömarck
und der Botschafter Prinz Lieuß.

Wien, 7. August. Von gestern Mittag biS heute Mittag
sinb an der Cholera >n Fiume 4 Personen crkrankt und 5 gestorben,
in ganz Jstrien 19 Pcrsonen crkrankt und 4 gestorben.

Heidelberg, 7. Angust. Die JubiläumSfcicr fand heute
Abend mit der Veleuchtung deS Scklosses ihren ofsiziellen Ab-
schluß. Eine große Menschenmenge wohnte auf dem rechte»
Ncckarufer zwischen den beidcn Brücken dem großartigcn Schau-
spiele bei. Die großherzogliche Familie sah von einer Privalvilla
aus zu und war bei der Anfahrt und bei der Abfahrt der Gegen-
stand der warmsten Ovationen. Aus dem Wasscr hielten die
Corps in kteinen, mit bunten Lampen rcich dekorirten Fahrzeugen
und ließen die Corpsfarbcn zcigende Rakcten stcigen. Lstit Len
Nachtzngen verließen Tausendc von Frcmden die Stadt.

Brüssel, 7. August. Auf Anordnung der Gerichtsbehörde
ist cin Plakat» welches zur Anarchie aufforderte, entfernt bez. mit
Beschlag belegt worden.

Paris, 7. August. Der Ertrag der indircktcn Abgaben im
Monat Juli o. übersteigt den budgctmäßigen Boranschlag um
15M 000 und den Ertrag deö Monat Juli 1884 um 1900000
Francs.

London, 7. August. Der StaatSsecretär deö AuSwärtigen,
Lord Jddcsleigh, empfing heute im Answärtigen Amt sämnitiiche
hier beglaubigten Botschaster und Gesandte mit Ausnahme dcr
Botschafter von Oesterreich und Jtaüen, wclche sich auf Urlaub
befinden.

Belfast, 7. Augnst. Heute kam eS bier abermals zu Nnhe--
störungen, die Polizei wurde mit Slcinwürfcn angegriffen, mcbrcre
Polizeibeamte wurden verwnndet. Schlicßlich wurden die diuhc-
störer indcß von der verstärkten Polizei auseinandergetricbcn.

Belfast, 7. August, NachtS. Jm Laufe des Abends wieder-
holtcn sich die Nuhestörungen. Zwischen dcn Rnhcstörern und der
PEzei ^^d den tzjx jxtzwrxn unterstützcndcn Truppen kam cs
wchrere Male zu hcftigcn thätlichen Zusammcnstößen. Hierbei
wnrden gegcn 50 Pcrsonen verwundet.

3«r Nachtzeit eingehende Telegramme befinSen fich
in der 3. Beilage.

^Kolitifche MachrLchtesk.

^Berlin, 7. August. Morgen gedenkt dcr Minister v. Giers
cndlich seine Reise ins AuSland anzutreten. Damit ist zuglcich
angcdeutet, daß Rußland gewillt ist, aus der Vcreinsamung, in die
es zu gerathen drohte, sich möglichst schnell zu relten. Herr v. Giers
wird die Gelegenheit benntzen, um mit dem Fürsten BiSmarck und
dem Grafen Kalnoky zusainmen zu kommen und äußerlich wird
Alles wieder in sckönster Ordnung sein. Man wird nicht ermangeln,
der Welt zu vcrkündigen, daß das Dreikaiserverhältniß wieder her-
gestellt sei und es wird wohl auch nicht an Lcutcn fehlen, die dies
gtauben werden. Jn Wahrheit hat sich aber doch seit den Tagen
von Skierniewice und Kremsier so Vieles geändert, daß nur äußerlich
an das angeknüpft werden kann, was damals zwischen den drei
Kaisermächten vereinbart worden ist. Nußland hat seitdem allzu
deutlich seine wahre Natur cnthüllt, alS daß es noch von irgend
ciner Seite ats ein zuverlässigcr Factor in der Politik betrachlet
werden könnte. Es hat gezeigt, daß es Verträge nur so lange
achtet, als der Bruch derselben verhängnißvolle Folgen nach sich
zu ziehen droht, und daß es für Abmachungcn feicrlicher Akte ein
sehr schlechles Gedächtniß besitzt. Nur wirkiiche Macht kann dicsem
Staat imponiren und deshalb ist es erforderlich, für das Vorhan-
denscin einer Macht zu sorgen, dercn Gewicht stark gcnug ist, die
russische Eroberungsgier zu zügeln. Als solche Macht hat sich
bisher allcin der deutsch-österreichische Bund bewährt und deshalb
uiuß die friedliebendc Welt die Gasteiner Kaiserziisammenkunft,
welche diesen Bund neu kräftigen wird, mit besonderer Genug-
thuung begrüßen. Die Erhaltnng und Befestigung dieses BundeS
kommt der Erhaltung und Befestigung des Wellfriedens gleich. —
Herr von Schlözer ist auf seiner Uclaubsreise hier eingetroffen und
wird sich demnächst nach Lübeck begeben, um seine dorligen Ver«
wandlen zu besuchen. Er hat vor seiner Abreise, die sich uuge-
wöhnlich lange verzögerte, wichtige Verhandlungen mit der Curie
gcführt und allcm Anschein nach zu einem befriedigenden Abschluß
gcbracht. Ein erfrculiches Ergebniß seiner Bemühungen ist die
soeben durch den Papst erfolgle Designation des Domherrn vr. Leo
Redner zum Bischof von Kulm. Nach Allem, was man hört, ist
dieser Prälat von durchaus gemäßigter und friedfertiger Gesinnung,
er wird sich voraussichtlich nicht, wie sein Vorgäuger, dazu hergcben,
ein Werkzeug der nationalpolnischen Bewegung zu sein und seinen
BischofSsitz zu einem Hauptherde der polnischen Propaganda zu
wachen. Daß die Wahl gerade auf ihn gefallen ist, zeigt von
Neuem, daß vie Curie nicht länger gcwillt ist, ruh'g zuzusehen,
iu den östlichen Provinzcn des prcußischen Staates der Katho-
^ciSmus mit dem Polenthum vollständig identificirt wird. Jst die
^rennung erst einmal gründlich durchgeführt, dann wird der kirch-
üche Friede in Preußen vollends wieder hergcstellt sein. Der An-
daz» ist ja in ver glücklichsten Weise gcmacht, der Fortgang
T'wd nicht fchlen. Hcißt es doch mit aller Bcstimintheit, das; Hcrr
Schlözer bereits nüt der Curie die Grundlagen vcrcinbart
anf denen sich die bevorstehende wciterc Ncvision der
vreußffHeg Maigesetze vollziehen soll. — Warschauer Blätter

melden, daß Prinz Wilhelm von Preußen zum 1- Sep-.
tember als Gast dcs Kaisers von Rußland zur Jagd in
Skiernievice erwartet werde. Berliner Blätter drncken diese Mit-
theilung ohne WeitereS nach und übersehen gänzlich. daß am z
1. September die Bcrliner Herbstparade stattfinden wird, an der auch
das Potsdamer Husaren-Regiment theilnimmt, deffen Oberst Prinz
Wilhelm ist. Der letztcre wird doch aber sicher nicht darauf ver-
zichten wollen und dürfcn, scin Regiment seincm kaiserlichen Groß-
vater vorznführen.

Bekanntlich sind mehrfach Wünsche laut geworden, die auf
Aenderungen des Krankenversicherungsgesetzes in Einzel-
punkten abzielen. Neuerdings hat auch eine in Diiffeldorf ab-
gehaltene Versammlung von Gemeindebeamten und Kaffenvorständen
bezügüche Beschlüffe formulirt. Der „Hann. Corr." faßt die
Hauptgesichtspunkte dieser Aendernngsbestrebungen folgendermaßen
zusammen: „Es kann nicht übcrraschen, wenn bei einem Gesetze von
so großer Tragweite, wie das am 1. December 1884 in Geltung!
gctretene vom 15. Juni 1883, schon nach iz Jahren Wünschc
nach Ergänzungen und Abänderungen in größerer Zabl hervor-
getreten sind. Der Wunsch der Reichsregierung, allen Bethciligten
gerecht zu werdcn, hat deshalb zur Hervorhebnng von fünf Be-
stimmungen dieses GesetzeS qesührt, über deren Aenderungsbedürftig-
keit baldthunlichst die Aufsichtsbehörden der Krankenkaffen, und zwar
zweckniäßig nach Berathung mit den Kaffenvorständen, gegen die
Regierungsbehörden und diese wicderum gegen die Centralbehörden
sich zu äußern haben. Es stnd dicses neben der nicht gerade
dringlichen Möglichkeit der Abschaffung dreitägiger Carenzzeit (K 6
Abs. 2) der vicisach zur Umgehung der Versiche>-ungspflicht benntzte
Absatz 2 des ^ Z, dje aus dem Z 6 Nr. 1 resilltirende Verpflichtung
der Kassen, den zwar im Kassenbezirke bcsckäftigten, aber außerhalb
desselben wohnhasten Mitgliedern ohne BeitragSerhöhung die kost-
spieligcre ärztliche Behandlung nebst Brznei zu aewähren, sowie
die Ungerechtigkeit gegen die unverheiratbeten Mitglieder, welche
darin liegt, wenn auf Grund deS Z 21 Nr. 5 den verheirathcten
Mitgliedern sreie Arznci »nd ärztliche Bebandlung der Familien-
mitglieder, sowie deren Ebefrauen v -eüröchige Wochenbettunter-
stützung bei gleich hohen Beiträgen ver Ledigen und Verhcirathcten
gcwäbrt wird, endlich die durch den ß 49 Absatz 1 bcschränkte
Meldcvflicht der Arbcitgeber, in Folge deren sowohl angeblicks
Nlitglledcr gnalifizirter Hilfskassen Gelegenheit sindcn, dcm Bei-
tritte zu den Ortskrankenkaffcn und der Zahlung von Beiträgcn
sich zu cntziehen, obglcich diese Kassen im Falle der wirklickcn Er-
krankung doch zu dercn Unterstützung verpflichtet sind. — Die von
anderer Seite aufgeworftne Frage, ob den Hinterbliebenen von
Selbstmördern die gesetzlichen Stcrbegelder zn versagen sinv, wird
anscheineiid der Regelnng durch die Kassenstatute ebenso zu i'iber-
laffen sein, wie nach ^ 26 Nr. 2 die Versagung oder Berringenmg
dcS statntenmäßigen Krankengeldes im Fglle der selbstverschuldeken
Krankheit oder Körpervcrletzung der statntarischen Regelnng über-
wiesen ist. Die Fürsorgs für die Beerdignng würdc alsdann den
Orts- nnv Landarmenverbänden anheimfallen."

*Die Erstattnng des Schlnßberichtes der englischen
Enguötecommission über die Ursachen des gesckäfilichen
Rückganges von Handel und Jnduflrie wird binnenKurzem
erfolgen. Dem Vernehmen nach würde in dem Berichte cntwickelt,
daß von eincm eigentlichen „Geschäftsrückgange", soweit als nntcr
diesem Wort die Einschränkung geschäftlicker Abmachungen vcr-
standen wird, den CommissionSmitgliedern nichts bekannt geworden
sei. Jm Gegentheil HLtten ste gefunden, daß der Umsang des
britiscken HandelS über das Verhältnißmaß zu der Bolksvermehrung
binaus gewachsen und daß die aügemeins industrielle Lage des
Landes befriedigend sei. Niedrige Preise und entspreckende
Verminderung des Unternehmergewinnes sind ngch dem Com-
missionSbcricht die wahren Ursgchen der geschäftlichen Nothlage.
Diese wiedcrum werden bedingt dnrch die ungewöhnlich lange Daucr
der Ueberproduction — als Folge deS coloffal gestcigerten National-
reichthmns — und durch das Darniederliegen der englischen Land-
wirthschaft. Letztere habe namentlich den Rückgang des heimischen
Umsatzes zur Folge gehabt, der im Uebrigen kein nnbefriedigendes
Bild anfwcise, zmnal die Lage der arbeitenden Klassen innerhalb
der beiden letzten Jah.-zehcnte eine sehr bedeutende Anfbesscrnng
erfahren habe. Des Wciteren kommt der CommissionSbcricht auf
das immer stärkere Eindringen der festlandischen, namcntlich der
deutschen Concurrenz zu sprcchen und constatirt, daß der deutsche
UnternehmungSgeist sich imnicr kühner entfalte und den Eng-
ländern sowohl auf ihrem eigenen, als auf dcm Wcltniarktc,
hart auf dcn Fersen sitze. Gleichwohl bringt der Bericht
keine Maßregcln zur Sichernng deö heimischcn Marktcs in Vor-
schlag. Dcr Wettbewerb auf dem Weltmarkte sollte dcn englischen
Unternehmern durch Verbcsserung der Confularberichterstgttung und
zweckmäßigere AuSnutzung der Consularberichte erleichtert werden.
Anßerdcm mnßten die englischen GeschäftSfirmen siÄ mehr den
GeschmackSneigungcn ihrer Abnehmer auf dem Weltmarkte anpaffen.
Auck hier constatirt der Bericht abermals die Ueberlegenbeit der
deutschcn Kaufleute und Jndustriellcn übcr ihre cnglischen Collegen.
Der Bericht trägt die Unterschrift Lord JddcSleighs, des jetzigcn
Ministers der auöwärtigen Angelegenheiten. Es mag viclleicht
intcressiren, an dieser Stelle der wirthsebaftlichen Grundsätze des
jctzigen Schatzkanzlers, Lord Randolph Cbnrchill zu gcdcnken, wie
derselbe sie wenigstenö bis vor zwei Jahren hegte. Damals er-
klärte Lord Cburchill vor einer Zuhörerschaft in Blackpool Folgen-
deS: „Jeder Zwcig der britischcn Jndustrie leidet an einsr tödt-
lichen Krankheit; wir sehen, wie daS auSländische Eisen, anSländische
Wolle, Seide, Baumwolle sich nack England ergießen, das Land
überschwemmcn, den englischen Jndnstriellcn ersäufen und vernichten.
Und wer ist die Ursache dieser lödtlicken Krankheit der englischcn
Jndustrie? Jch (Lord Randolph) erkläre, daß die zollsreie Ein-
fuhr der genannten Artikel die englische Jndustrie nwrdet. Seide,
Leder, Wolle und Eisen kommen zollfrei nach England und unter-
bieten unsere englischen Erzeugnisie im hoffnnngöloscn Kampfe; sie
trcibcn dadurch den englischen Nrbeiter aus dem Lande, in die Ber-
zweiflung, in daS Arbeitshaus oder in das Gcfängniß." Lord
Randolph erklärte sich dgmalS also alS cntschiedensten Schutzzöllner.

Deutscheö Reich. Von dem Klliser ist nuninehr auk-
gesprochen worden, daß von einem allgcmeincn feierlichen Bczehcn
des Todeötages FriedrichS desGroßen Abstand genommeii
werben soll. Nnr in der Hof- und Garnijonkirche zu Potövam,
an der Ruhestälte des KönigS, soll davon eine AuSnakme gemacht
werden, und zwar durch Abhaltung eines GottcSdienstes am
17. August. An dieser Feier sollen Vertreter der Truppentheile,
die Cadctten, die Zöglinge dcs Militär Waisenhauses und, srweit
cs geht, auch die Sckulen der Stadt Antheil nchmen. Seibst-
verständlich wird die königliche Familie, sowcit sie um dicse Zcit
in Potsdam versammelt sein wird, zu dieser Gedüchlnißseier er-
scheinen.

Die ultramontane „Germania" ist, dank ihrer blinden Wuth
über die unerwartete Entwickelung der Dinge in Bayern, in eine
so böse Sackgasse gerathen, daß man niit diesem sonst geschickter
operirenden Blatt wirklick Mitleid en'pfinden muß. Sie hat in
letzter Zeit besonders heftig gegen die klerikale „Donau - Zciinng"
polenüsirt und muß nun zu ihrem Entsetzen erfahren, daß hinler
diescni Blatt Graf Konrad Preysing, ciner der Hauplführer der
bayrischen Klerikalen, steht. Kürzlich suchte sie sich noch durch hoch-
fahrende RcdenSarten über die Bedeutung dieser unan.,enehmcn
Entdeckung hinwcgzutäiischcn. Jnzwilchen muß aber, vielleickt mit
dem Poststeinpel EmS, wo bckanntlich der Abg. Or. Windtborst
weilt, etwaS anf der Redaclion eiugetroffcn sein, denn plötzlich
kriecht die stolze „Germania" zu Kreuze und bringt einige ver-
schämte Entschnldigungcn. Sie versichert, daß sie niemals eine
subjcctive Vcischuldung auf Seite des Grafen Prehstng an-
genommen habe, sondern nur „eine aus achtungSwerthen Grund-
lagen hervorgehende Aufregimg". Ob sick Graf Prcysing mit dieser
lendcnlahmen AuSrede des Berliner CentriimSblattes zufrieden geben
wird? Jedenfalls steht scviel unter allen Umständen fest, daß
Or. Windthorst in Zukunst nicht mchr niit Berechtigung sein
stolzeö Wort wiederholen kann, daß der Thurm dcs Centrnms
inniittcn allcr Parteien allcin uncrschütterlich sei. Dieser ehcdem
so feste Thurm reigt neuerdings bedenkliche Sprünge!

Das fürstbischöfliche Generalvicariat in Breslau erläßt eine
Verordnung zur Abhaltuna ösfcntlicher Gebete für den bedenklich
erkrankten BreSlaner Fürstbischof.

Der Jnstizratb Friedlcben aus Frankfurt a. M. ist am
6. d. M. Abends 8 Uhr in Heidelberg an Hcrzlähmung ganz
unerwartet verstorben. Am Morgen war heftige Kelik eingetreten.
Der Tod selbst war sanft und schmerzloS. Der Vcrstorbcne hatte
in Begleitung seineS SohneS, der zur Gesellsckaft der Hambnrger
gehört, an den Festlickkeiten tbeilgenommen und auf dem Commers
dcr Gesellschaft am Montag Abenv das 99. Semester gerieben.

Aus Frankfurt a. M., 7. August, wird dcm „B. T." gc-
nieldct: Der aus der Friedhofsaffaire bekannte Polizeicommissar
Meyer wurde hente beguadigt, ebenso der Schutzmann Sckwciger;
den Schutzleutcn Wingeleith und Homann, die gleichfallö zu Ge-
fängniß verurtheilt waren, wurde dic Strafe in eine Geldstrafe
von je 80 und 40 Mark umgewaiidelt.

* Die badisch-schweizeriscke Uebereinkunft, betreffend
die gesnndheitliche Uebcrwachung dcs von der Schwciz nack, Baden
gerickteten Neiseverkchrs auf dem badischen Babnhof zu Bascl bci
drohenden odcr auSgebrochenen Scuchen, liegt niinmehr im Wort-
laut vor. Es wird darin bestiniint. daß die Untersuchnna der nach
Badsn Reisenden in abgegrenztem Lokal durch eincn badischen Arzt
geschieht, dcr nicht zur Praxis auf Schweizer Gebiet bereckitigt zu
sein brauckt; doch bat er sich den allgemeinen schweizsrischen sanitätS-
polizcilichen Anordnungen zu unlerziehen. Deutscke Reiscnde, wclche
der Arzt von der Weiterrcise ausschließt, werden nach einem badischen
Grenzorte gebrackt; wenn aber der auf dem Baknhofe stationirte
Sckweizcr Ärzt odcr i» Ermangelung eincs solcken das stavtische
Vbysikat einen WeitertranSport als unznlässtg erklart, so wirv der
Kranke in Basel nach den dort gcktendcn gesundhcitspolizeilichen
Vorschriften anf Kosten der bavischen Vahnverwaltung vcrpslegt.

^ Der Waffe.baubezirkSingenieur Herr Friedel in Bletz ist,
nack „Aus allen Wcltiheilen", durch eine Anzahl Großindustrieller
Westfalens und der Rheinprovinz beauftragt worden, einen Ent-
wurf zur Kanalisirnng der Mosel auSzuarbeitcii. Dieser
Plan, deffen AnSführbarkeit und Nützlichkeit bereits durch die Re-
sultate der Kanalisirnng der obercn Moselstrecke bis Metz nach-
gewicsen ist, soll die Moscl, cincn der wasierrcichsten Ströme deS
westlicken Deutschlands, zu einer guten Wasserstraße machen, wo-
durch die sehr darnicdcrliegende E'senindustrie, sowie jede Art von
Iudnstriezweigen jencr Bezirke gchoben wcrden wird, wie durch die
Handclökammern von Metz, Trier, Coblenz und DuiSbnrg, sowie
durch den Vereln für bergbauliche Interessen zu Dortmund aus-
gesprochen wurde. Die Hauptgegenstände, die des erlcichterten
TranSporteS anf der Mosel nach dem Rheine harren, sind: Dach-
schicfcr, Holz, Holzkohlen, Kalk, Steinkoblen, GipS, Pottasche, Salz,
Lvhrinde, Glaswaaren, Schleifsteine, Weine, Erze, Stahl, Eiscn,
Kupfer, Blei und Zinn. Die geplante Kanalisirung ist anf eine
Länge von 300 Icm m Aussicht genommen und einschließlich Grund-
erwcrb, Entschädigung für Mühlen, Telegraphenbauten, Wohn-
ungen für Bcanite ic. auf 10 6000M Mk. veranschlagt, so daß
der Kilometer auf 35 0M Mk. zu stehen käme. Bon anberer fach-
kundiger Seite meint man mindcstens 16 Millionen Mark dafür
ansctzen zu müffen. Wenn man in Betracht zicht, daß bei einer
Verniiiideriing dcr Frachtkosten um wenigstens 30—40 Proc. im
Vergleich zur Eiscnbahnfracht alljährlich mindestens eine Million
Tonnen Erze, außervcm aber Massen von Kohlcn und Noheisen rc.
zur Bcförderung kommen werden, so darf auf eine gute Leizinsung
des Anlaackapitals gerechnet werden.

Oesterrcich. Die dicöjährige Synode der altkatholi-
schen Kirche Oesterreichs findet am 8. nnd 9. Septcmber in
Wicn statt. Besondere Bedcutung erlangt diese Synode dadurch,
daß auf derselben die Bischofsfrage endgrltig gelvst wcrden soll.
Die zur Erhaltung eines Bischofs uud seincs Secretariats noth-
wcndigen Mittel erscheinen fast schon gesichert. Jm Jahre 1887
wird ein allgemeiner altkatholischer Congreß nach Wien cinberufen,
wozu nicht blos die altkatholischen Gemeinden, sondern auch die
anglikaiiischc, evangelische und griechisch-orientalische Kirche em-
geladen werden.
 
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