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Waagen, Gustav Friedrich
Kunstwerke und Künstler in England und Paris (Band 3): Kunstwerke und Künstler in Paris — Berlin, 1839

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https://doi.org/10.11588/diglit.1322#0209
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Die christliche Malerei von Consianlin bis 750. 195

von dem Geist und der Art der christlichen Malerei
von Constantin dem Grofsen (337) bis gegen die
Mitte des 8ten Jahrhunderts sagen. Die vornehmste
Kunde darüber gewähren einige ältere Manuscripte
mit Miniaturen, besonders in der Vaticana zu Rom,
zu Florenz und in der kaiserlichen Bibliothek zu
Wien, die Mosaiken dieser Epoche zu Rom und Ra-
venna und die Abbildungen der Wandgemälde in
Roms Catacomben. Aus diesen erhellt nun, dafs, wie
in der Sculptur, mit Ausnahme der christlichen Ge-
genstände, welche an die Stelle römisch-mythologi-
scher getreten waren, darin in allen Theilen die an-
tike Malerei fortgesetzt worden ist. Ja bisweilen
wurden selbst die antiken Gegenstände beibehalten
und nur anders gedeutet, wie z. B. der die Thiere
durch sein Spiel anziehende Orpheus auf Christus.
Demgemäfs ist für's Erste die ganze Auffassung noch
durchaus antik, Localitäten, Tageszeiten, Zustände,
wie z. B. der Schlaf, Eigenschaften der vorgestellten
Hauptpersonen, finden sich öfter durch die den Al-
ten seit so langer Zeit her geläufigen Personifikatio-
nen ausgedrückt. Desgleichen sind das Costüm, der
Wurf der Gewänder, die Beiwerke aller Art noch
ganz in der Weise der antiken Welt. Auch das
richtige Verständnifs der geistigen Bedeutung der
Züge des menschlichen Gesichts zur Bezeichnung ver-
schiedener Charactere, welches die Alten noch nicht
verloren hatten, ging auf diese christlichen Bilder
über. Ebenso findet sich der architectonische Styl,
oder die richtig und fein abgewogene Vertheilung
der Figuren in dem gegebenen Raum, das Gefühl für
edle und graziöse Bewegungen, welches der antiken
Kunst, selbst im Zustande tiefen Verfalls, eigen ge-

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