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Waetzoldt, Stephan
Die Kopien des 17. Jahrhunderts nach Mosaiken und Wandmalereien in Rom — Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Band 118: Wien, München: Schroll-Verlag, 1964

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https://doi.org/10.11588/diglit.50950#0016
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DIE SAMMLUNGEN

Kopien als Illustrationen zur Geschichte der Kirche und der Päpste: Onophrius Panvinius,
Pompeo Ugonius und Alfonso Chacon (Ciacconius)
Die frühesten Kopien nach Malereien außerhalb der Katakomben und nach Mosaiken haben Bildnisse
der Päpste zum Gegenstand. Sie waren bestimmt zur Illustrierung von Lebensbeschreibungen in der
Art der humanistischen Bildnisvitenbücher, wie sie den Historikern der katholischen Reform, vor allem
durch Paolo Giovios weitverbreitete Elogiensammlungen, vertraut waren20.
Der wahrscheinlich 1530 in Verona geborene Augustinerpater Onophrius Panvinius21 war der bedeutendste
Papsthistoriker der Reformzeit. Mit Studien über das klassische Altertum, einer Beschreibung der Antiken
seiner Vaterstadt22 und Monographien über die großen römischen Familien hatte schon der Jüngling sich
ausgezeichnet. Der Orden gestattete ihm, außerhalb von Konvent und Regel ganz seinen Studien zu
leben. Kardinal Alessandro Farnese, der Bauherr von Caprarola, war sein Protektor. An dessen Hof
ist er mit bedeutenden Künstlern und Gelehrten der Zeit zusammengetroffen. Gemeinsam mit Annibale
Caro ist er vielleicht für das Programm der Ausmalung des Farnese-Schlosses verantwortlich gewesen23.
Unter dem Einfluß des Reform-Kardinals Marcello Cervini, dem späteren Papst Marcellus II., wechselte
Panvinius von der profanen Historie zur Kirchengeschichte über. Mit dem methodischen Handwerkszeug
humanistischer Gelehrsamkeit und auf der Basis gründlicher Quellenforschung arbeitete er an einer
umfassenden Kirchengeschichte, deren Vollendung durch den frühen Tod des Gelehrten 1568, im Alter
von 39 Jahren, aber vereitelt wurde. Nur Vorarbeiten wurden publiziert: die 1568 in Köln erschienene
Edition der Papstviten von Platina mit einem Anhang »De ritu sepeliendi mortuos apud veteres Christi-
anos et eorundem coemeteriis«24, eine im gleichen Jahr bei Antonio Lafreri in Rom gedruckte Geschichte
der 27 bedeutendsten Päpste mit 24 Bildnissen25 und die »Sette Chiese« von 1570, eine Romguida, in der Pan-
vinius »sich als erster wirklich eingehend wissenschaftlich mit den sieben Hauptkirchen... beschäftigt hat«26.
Die »Sette Chiese« bilden einen Extrakt aus dem umfangreichen und wichtigen Material, das Panvinius
für eine auf zehn Bände angelegte Geschichte der kirchlichen Bauten Roms »De antiquis et recentioribus
ecclesiis, monasteriis, coemeteriis« gesammelt hat27. Einzelabhandlungen über S. Paolo fuori le mura,
über Alt-St. Peter und den Lateran sind von der jüngeren Forschung aus diesen Manuskripten ediert
worden28, die noch mehr als die »Sette Chiese« von ungewöhnlicher Akribie der Quellenforschung und
genauen Beobachtungen an Ort und Stelle zeugen.
Umso erstaunlicher ist es, daß seine Sammlung von Papstbildnissen, der erste Versuch einer vollständigen
Ikonogranhie der Päpste überhaupt29, die Monumente der Kirchen Roms nicht stärker berücksichtigt.
Die Arbeit entstand im Auftrag von Johann Jakob Fugger, der seit 1562 durch seinen Agenten Pietro
Lintris mit Panvinius in Verbindung stand. Über Inhalt und Ausführung der Papstikonographie berichtet
Panvinius in einem Brief vom 22. Dezember 1562: »Ich übersende E. Gn. einen Entwurf oder vielmehr
20 Vgl. zu Giovio: J. Schlosser, Die Kunstliteratur, Wien 1924, S. 174, 177, und P. O. Rave, Paolo Giovio und die Bildnisviten-
bücher des Humanismus, in: Jahrbuch der Berliner Museen 1, 1959, S. 119ff., bes. S. 146.
Der Mailänder Kardinal Federico Borromeo, der während seines römischen Aufenthaltes zum Kreis der Archäologen um
Ugonius, Ciacconius und Bosio gehört hat und die Sammlung von Kopien nach römischen Mosaiken und Malereien in der
Ambrosiana anlegte, besaß eine Porträtsammlung nach dem Muster der Galerie des Giovio.
21 D. A. Perini, Onofrio Panvinio e le sue opere, Rom 1899; E. Müntz, Les premiers historiens des mosaiques romaines, in:
Melanges Paul Fabre, Paris 1802, S. 485f.; Fremiotti a. a. O., S. 26ff.; DACL 13, 1, Sp. 1071 ff. mit Literatur.
22 Antiquitatum Veronensium libri octo, Verona 1648.
23 Perini, a. a. O., S. 16.
24 Battista Platina, De vitis Pontificum, Köln 1568.
25 XXVII Pontificum Maximorum elogia et imagines accuratissime ad vivum aeneis typeis delinatae, Rom 1568.
26 De praecipuis urbis Romae sanctioribusque basilicis, quas septem ecclesias vulgo vocant, Rom 1570. Gleichzeitig erschien die
italienische Übersetzung von M. A. Lanfranchi: Le sette chiese Romane. Vgl. L. Schudt, Le guide di Roma (Quellenschriften
zur Geschichte der Barockkunst in Rom), Wien-Augsburg 1930, S. 97 und Nr. 435, 436.
27 Siehe Anhang 1, S. 23.
28 Aus Cod. Vat. lat. 6780 über S. Paolo fuori le mura bei S. Pesarini in Studi Romani 1, 1913, S. 386ff.; aus Cod. Vat. lat. 7010
über Alt-St. Peter bei A. Mai, Spicilegium Romanum, Rom 1844, S. 194-382; aus Cod. Vat. lat. 6110 über den Lateran bei
Ph. Lauer, Le palais du Latran, Paris 1911, S. 410-490.
29 O. Hartig, Des Onophrius Panvinius Sammlung von Papstbildnissen in der Bibliothek Johann Jakob Fuggers, in: Histor.
Jahrbuch d. Görres-Gesellschaft, 38, 1917, S. 286; Fremiotti, a. a. O-, S. 32f.; L. de Bruyne, a. a. O., S. 2f.

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