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Waetzoldt, Stephan
Die Kopien des 17. Jahrhunderts nach Mosaiken und Wandmalereien in Rom — Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Band 118: Wien, München: Schroll-Verlag, 1964

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https://doi.org/10.11588/diglit.50950#0265
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J. Garber86, der als erster einen Teil der hier verzeichneten Kopien auf ihren Quellenwert prüfte, legte
folgende Motive, als die am getreuesten überlieferten, seiner Untersuchung zugrunde: Die Proportion
der Figuren, der Faltenwurf, die Verteilung der Figuren im Raum, die Architekturen, die Landschaft,
die Kostüme. J. White87 hat die Kopien nach den Langhausmalereien von Alt-St. Paul in zwei jüngst
erschienenen Veröffentlichungen mit Erfolg zu Stiluntersuchungen herangezogen. Als »extremely
reliable« beurteilt er die Wiedergabe der Gesamtanlage der Komposition, die Verteilung und die Struktur
der dargestellten Architekturen88. Doch sind beide Forscher, so intensiv sie sich mit den Nachzeichnungen
beschäftigt haben, eine Kopienkritik im strengen Sinne schuldig geblieben. Sie muß also hier an einem
für die gesamte Gruppe der Kopien des 17. Jahrhunderts typischen Beispiel durch Vergleich zwischen
Nachzeichnungen und erhaltenem Vorbild nachgeholt werden.
Von der Mariengeburt Cavallinis in S. Maria in Trastevere (Abb. 299a) existieren drei Kopien (Kat.
Nr. 539, 549, 555). Zwei von ihnen stammen von Antonio Eclissi. Die Zeichnung Eclissis in Windsor
(Kat. Nr. 549, Abb. 306) ist relativ genau: die Proportionen des Bildfeldes stimmen mit denen des
Vorbildes fast überein. Die geringfügige aber kompositionell wichtige Schräglage des Lagers Mariae
ist genau wiederholt. Doch bestehen bei den Figuren Unstimmigkeiten zwischen Original und Kopie.
Das Größenverhältnis der Gestalten untereinander ist verschoben. Die Magd rechts hat relativ größeres
Gewicht, ebenso die Anna, die spannungslos wirkt und wie eingesunken erscheint. Eclissi hat die deutliche
und doch unauffällige Zuordnung von Figuren und Architektur nicht verstanden. Bei Cavallini befindet
sich der Scheitelpunkt des Nimbus der Anna genau unterhalb der Spitze des Vorhanges; die Magd
mit der Kanne ist auf die Vertikalachse der Mauer dahinter bezogen. In der Kopie bestehen diese
Relationen nicht. Alles ist leicht verschoben und wirkt deshalb bei anscheinender Treue gegenüber
dem Original wie aufgeweicht, spannungslos. Sehr schlecht sind die Gesichter getroffen, die flach und
unscharf wirken. Die Faltenführung ist abgekürzt wiedergegeben. Dem Original gleichen oft nur die
Säume und die wesentlichen Bahnen. Die Architektur, besonders die geknickte Mauer in der Mitte des
Bildes, ist im Sinne der Zentralperspektive verändert. Eclissi vereinfacht auch hier: die Gesimse werden

zu einem Doppelstrich.

Die Kopie in dem 1640 von Eclissi signierten und datierten Cod. Barb. lat. 4404 (Kat. Nr. 539, Abb. 299)

ist viel sorgfältiger ausgeführt, der Kopist versucht sogar durch eine Art Pointillismus die Mosaik-

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Jriginales verfälscht. Dies liegt vor allem daran, daß
Bett der Anna steht jetzt parallel zur Bildgrenze, die
weil ihre tektonischen Teile, die Wände mit denfenster-
rächtigt die Architektur die Wirkung der Gestalten.


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f der Windsor-Zeichnung.
Lat. Nr. 555, Abb. 307), stammt von einem Zeichner,
r Wirkung kommen läßt. Während Eclissi, ein sehr
mitt steht, kann der Zeichner des Codex 5408 mehr,
ter. Seine Komposition ist noch mehr in die Breite
Anstellungen in der Architektur des Bettes im Original
Verhältnis der Figuren untereinander entspricht ganz
*echts, die bei Cavallini aus kompositionellen Gründen
l1 als Kind gekennzeichnet - in der Größe den anderen
hinter dem Tisch dagegen ist, perspektivisch richtig,
sser Kopie gewichtiger als im Original, und der Zeichner
k verkröpft sich über den pfeilerartigen Wandstücken,
*ht als im Original. Die Faltenführung folgt dem Vor-

l: Journal of the Warburg and Courtauld Institutes, XIX, 1956,
London 1957.
,s eigentliche Bildfeld ohne Rahmen) beträgt etwa: beim Original
■49) 10:11,1, bei der Barberini-Zeichnung Eclissis (Kat. Nr. 539)

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