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Die Landschaftsmalerei

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stammende Vedutenmalerei, Nebenwerk gegenüber dem Schaffen
jenes Richard Wilson, der neben Reynolds und Gainsborough in
der Royal Academy eine sehr große Rolle spielte und, als er sich
vom Gebiet der Porträts abgewandt hatte, als der größte Land-
schafter der Epoche angesehen wurde. Den Beinamen des „eng-
lischen Claude“ verlieh man ihm erst nach seinem Tode.
Holländisches und Italienisches bestimmten seine Anfänge. Die
feinen Romantiker unter den niederländischen Künstlern, die Mit-
glieder des „Romschen Bent“, der in Rom angesiedelten Holländer,
wie etwa Breenbergh, waren seine Ideale und Geistesverwandte,
dazu Joseph Verriet mit seinen goldnen Lüften. Natürlich studierte
er auch den großen Stil der Landschaft, wie ihn an der Ecole Fran-
(jaise zu Rom Gaspar Dughet-Poussin trieb, und verfeinerte hier sein
Gefühl für den Aufbau der Pläne und der Schichtungen der Land-
schaft. Aber das Heroische und das Großformat waren seine Sphäre
nicht, das berühmte Gemälde der „Villa des Mäcenas“ läßt seine
schönste Eigenschaft vermissen, den Zauber der malerischen Luft
und des goldnen Lichtes. Wilsons stiller, träumerischer Natur
sind in seinen besten Stunden Dinge erreichbar, die an Corot denken
lassen, nur daß sein Licht nicht silbern, sondern golden strömt. In
den „Badenden“ malt er den Sonnenuntergang über einer ebenso
klar gebauten wie naiv gesehenen italienischen Flußszene, das
durch Moucheron zeitweise etwas trivial gewordene Versatzstück
des gebogenen Baumes glaubt man ihm aufs Wort und er ist un-
befangen genug, die schöne grüngoldene Harmonie des Ganzen mit
köstlichen Farbenjuwelen zu schmücken, mit orange Lichtern auf
dem Laub der Bäume und mit dem schönen Silber neben den
goldnen Akten. Lyrisch, in musikalischer Empfindung gibt er
sich in solchen Werken, mit aufrichtiger Romantik, ohne die Angst,
mit seiner Südsehnsucht das bescheidene eigene Kapital, das er
mitbrachte, zu vergeuden. Italien war ihm das Liebste, und er
dichtete diese Schönheit so nach, wie er sie empfand. Aber der
Name des englischen Claude führt irre. Von heroischer Stilstrenge
weiß er nichts; eine bescheidene, feine Natur, ein sorgloser Schwär-
mer, der besser malen gelernt hatte, als alle seine landschafternden
Landsleute. Das Fremde in ihm war nicht so übermächtig und so
ausschließlich, daß es dem Heimischen den Weg versperrt hätte.
Englands malerische Schönheit ward außer von dem trockenen
John Wootton, einem durch Claudes Schule gegangenen Schüler
des Thomas Wyck, von den Aquarellisten entdeckt, von Gains-
 
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