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Weinbrenner, Friedrich
Architektonisches Lehrbuch (Band 1): Geometrische Zeichnungslehre, Licht- und Schattenlehre — Tübingen, 1810

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https://doi.org/10.11588/diglit.6992#0050
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Unser SehOrgan gedacht werden, ohne das Daseyn eines besondern materiellen (ausströmenden oder in
Bewegung gesetzten ) Wesens vorauszusetzen. Immer ist das Licht eine mächtig wirkende Kraft. Im Allge-
meinen lässt sich davon mit Gewissheit nur dieses annehmen:

1) dass es von Licht- oder Feuerkörpern, nach geraden Linien, excentrisch, mit ausserordentlicher

Geschwindigkeit ausströme ;

2) dass es leuchte und zum Theil erwärme;

3) dass es äusserst fein sey.

Nur nach geraden Linien sehen wir, mit blossem Auge. Da die Lichtstrahlen von dem leuch-
tenden Körper in geradlinichter Richtung ausgehen, und eben so wieder von einem Object zu
uns gebracht werden; so können wir Gegenstände, auch nur in solcher Richtung wahrnehmen. Gehen
sie aber von einer durchsichtigen Masse in die andere über, so ändert sich ihre Richtung. Sie werden
auf der Grenze beider Medien gebrochen, und die Fläche, auf Welcher dieses geschieht, heisst
desswegen die brechende.

Kein "Werk der plastischen Kunst kann anders, als durch den Sinn des Gesichtes, unserer Seele sich
darstellen. Dieser kann aber nur thätig seyn bei Licht und Schatten. Wichtig, unentbehrlich für jeden
Künstler ist daher die Lehre von Licht und Schatten. Durch Anwendung derselben , können
körperliche Gegenstände, mit Erhöhung und Vertiefung, selbst auf einer glatten Fläche, bis zur Täuschung
ähnlich abgebildet werden. Optik und Katoptrik gehören indessen hieher nur, so weit sie dem ausübenden
Künstler nothwendig sind, das heisst, so weit sie die Gesetze des Lichtes und des Schattens angeben.

In Absicht auf das Licht, sind zu unterscheiden:

1) der Lichtkörper, ein für sich oder ursprünglich leuchtender Körper, bei welchem uns
scheint, dass das, was wir Licht nennen", aus allen seinen Puncten in geraden Linien nach allen
Seiten, als Radien, ausfliesse. So die Sonne und die Fixsterne, so die Lichtflamme, der
Phosphor, faules Holz, manche Insecten, todte Fische.

a) das Licht, die Beleuchtung, das, was von dem Lichtkörper auszugehen scheint, und
andere ihm zugekehrte Gegenstände sichtbar macht.

3) das Reflexions- oder zurückgeworfene Licht, das von einem für sich leuchtenden
Körper, auf einen nicht leuchtenden oder dunkeln geworfen ward, und von diesem zurückprallt.
Nur mittelbar kommt es von dem leuchtenden Körper. Ohne die Reflexion des Lichtes, würden
die dunkeln Körper, also die allermeisten körperlichen Gegenstände, unsichtbar, und nur die,
welche das Licht reflecliren, sichtbar seyn. So wird unsere Erde bei Nacht durch die von dem
Mond reflectirten Lichtstrahlen der Sonne; so wird bei Tage die Decke eines Zimmers bloss
durch das reflectirte Licht beleuchtet Auch erfüllen alle Arten von Spiegeln, ihre Bestimmung
nur durch Reflexion.

Der Gegensatz von Licht, oder vielmehr von Erleuchtung oder Helle, sind:

1) Finsterniss, Dunkelheit, Nacht. Hier ist, wie schon bemerkt, gänzlicher Mangel den
Lichtes; daher dem Sinn des Gesichtes jede Thätigkeit unmöglich ist. Keinen bildliches.
Eindruck vermag hier dieser Sinn der Seele zu geben.
 
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