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Weinbrenner, Friedrich
Architektonisches Lehrbuch (Band 2): Perspectivische Zeichnungslehre — Tübingen, 1819

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https://doi.org/10.11588/diglit.6993#0006

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desselben angemessener Vortrag dieser wichtigen, rein mathematischen Wissenschaft in dem Cyclus
des architektonischen Unterrichts um so weniger fehlen, da es nicht gleichgültig ist, wie und von
wem der Jünger der Kunst solchen empfängt. Dieser muss auch hier auf dem kürzesten, seinem
Bedürfhiss angemessenen Wege, ohne sich zu tief in mathematische Erörterungen und Beweise
einzulassen, zu dem Ziel geführt werden, um auf die leichteste Art zur Anwendung und Ausübung
zu gelangen.

Auffallend ist es, dass, ungeachtet so mancher guten theoretischen Anweisung zu der Perspectiv,
dennoch in der Ausübung so viele Fehler begangen werden. Lehrt nicht die Erfahrung, dass weit
die grössere Anzahl der zeichnenden Künstler es darin selbst nicht bis zum Mittelmässigen gebracht
habe? Während viele wähnen, auch wohl sich rühmen, dass sie die Perspectiv nach dieser oder
jener Methode, mit oder ohne Grundrisse, mit perspectivischem Maasstab oder Winkelmesser, mit
Proportional-Cirkel u. dgl., verstünden, *) so zeugen doch ihre Arbeiten nur zu oft und zu auffallend
wider sie, als dass nicht ihre Unkunde sofort am Tage läge, und man den von ihnen auf so mangelhafte
Werke verwendeten Fleiss bedauern müsste.

Wer die Perspectiv nach ihrem ganzen Umfang, wie der geschickte Baumeister, Maler und
Zeichner sie inne haben soll, zu kennen behauptet, muss alle Methoden verstehen, weil alle zu einem
und demselben Resultat führen. Während körperliche Gegenstände am besten und leichtesten sich
wissenschaftlich aufzeichnen lassen, muss man doch namentlich bei den meisten Decorationen in heutigen
Schauspielhäusern, wo die Perspectiv am häufigsten für architectonische, und selbst für idealische, in
der Wirklichkeit nicht wahrzunehmende Gegenstände gebraucht wird, mit Bedauern wahrnehmen, dass
bei Aufzeichnung der Gegenstände keine mathematische Gewissheit für die Illusion der optischen
Erscheinung derselben zum Grund lag, und dass die Objecte mehrenlheils nur nach dem Gesicht

/

i683. gr. 4.), von dem Jesuiten Andreas Pono,«) von andern Italienern, von Deutschen, Engländern und Franzosen.
Aber so gründlich, systematisch und umfassend, als Lambert , war es keinem von ihnen gelungen. Seitdem haben
durch Lehrbücher um diesen Theil der Mathematik sich verdient gemacht? The Perspective of Architeclure deduced
jrom the l'rinciples of Dr. Broock Taylor. Lond. 1761. 73 Blätter in Imp. Fol. W. /• G. Harstes (im 7. Theil
seines Lehrbegriffs der mathemalischen Wissenschaften), G. H. Werner (Erfurt 1781. gr. 8.), B. F. Münk ich
(Berlin 1704), A. Bursa (Berlin 179'j), Joh. Alb. ErTEhtrEiN (Berlin 1810- 4-) > Joh. Marie ron Quaglio
und Metterer (München 1811. Imperial - Fol.),

*) Die Theorie der Perspectiv hat mit den meisten übrigen mathematischen Wissenschaften dieses gemein , dass sie
fast nur von den Gelehrten studirt wird, und, gleich den todten Sprachen, von der ausübenden Menschenclasse,
welche sie zum Besten ihres Berufs gebrauchen soll , kaum dem Namen nach gekannt ist.

d) Pozzo starb 1709 zu Wien, wo er die Declie der Jesuiten-Kirche, der jetzigen Universität»-Kirche, so wie in Italien Viele» gcmalilt,
und liiedurch einen vollgültigen Beweis seiner grofsen Geschicklichkeit in der practischen Perspectiv hinterlassen hat- Sein Werk
erschien ursprünglich in lateinischer Sprache, unter dein Titel : Andb. Pvtei perspective! pictorum et architectorum. Pars I. Komae
• 6g3. Pars II. ibid. 1700. Fol. Zu gleicher Zeit erschien daselbst eine italienische Uebersetzung teutsch übersetzt unter dem Titel:
Der Mahler und Baumeister Perspectiv, von Ahdr. Pozzo. Ne-ue Aufl. Augsb. 1800. Th. I. mit i»o, Th. II. mit jio Kupfert. in
Fol. Eine ältere Auflage dieser Uebersetzung erschien ebendaselbst, Th. I. 17*6 Th. II. 1709.
 
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