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Weinbrenner, Friedrich
Architektonisches Lehrbuch (Band 2): Perspectivische Zeichnungslehre — Tübingen, 1819

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https://doi.org/10.11588/diglit.6993#0103

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3'i

Für die Veisinnlichung dieser Aufgabe bediene man sich einer ebenen Tafel, die etwa die Länge von a b
und etwas mehr als die doppelte Breite von a c oder b d haK Auf der Linie c d , als der Bildfläche,
errichte man eine perpendikuläre Glasscheibe, die man etwa in den in c und d mit Nuten versehenen auf-
rechtstehenden Hölzern befestigen kann. Wenn nun S A für die Distanzweite angenommen wird und man die
Fig. I—IX. auf den Boden abcd im geometrischen Grundriss einmal vor die Glasscheibe und dann eben so
verkehrt, hinter dieselbe (jedoch um die Dicke der Glasscheibe entfernter,) geometrisch aufzeichnet,
(was jedoch hier, des perspectivischen Bildes wegen , nicht geschehen konnte) , so hat man einen doppelten
Grundriss gebildet, wodurch man sich die Objecte einmal vor der Bildfläche (liier die Glasscheibe) und einmal hin-
ter derselben geometrisch aufgezeichnet denken kann, wie solches Tab. XI.Fig. 21. erklärt worden.

Zieht man nun auf der Glasscheibe den Horizont HH in der Herne von SA2 und die Distanzpunkte D, D2
in der Weite von AS , so kann man nach den vorhergehenden Aufgaben die Fig. I—IX. auf die Glasscheibe per-
spectivisch zeichnen und etwa auf derselben eingraviren. Wenn man nun in A ein aufrechtes Holz e f g h
anbringt, und in dasselbe in der Höhe vom Horizont S A2 ein rundes Loch in der Form von i bohrt ,
das in einem Punkt (Augpunkt) das Holz durchlocht, so müssen , wenn man alle Körper wirklich auf die
aufgezeichneten Grundrisse hinter die Glasscheibe stellt, so wie sie hier vor derselben geometrisch
im Grundriss aufgezeichnet sind, dieselben durch dieses Loch oder Augpunkt betrachtet, die auf der
Glasscheibe gezeichneten perspectivischen Umrisse genau deken , und man wird sich durch diese Zusammen-
stellung , welche alle Arten von Linien , wie parallele , rechtwinkelige und schiefe enthält , alles hinreichend
erklären und versinnlichen können. Werden endlich die Körper von diesem perspectivischen Apparate wegge-
nommen , so müssen die auf der Glasscheibe gezeichneten perspectivischen Grundrisse die hinter derselben auf
de; Tafel gezeichneten Geometrischen wieder decken.

Erste Anmerkimg. Bei einem solchen Modell kann man auch den Personen , welche in der Perspective nicht
hinreichend bewandert sind , begreiflich machen, dass auf einer geraden , ebenen Bildfläche die Cirkel
nicht immer gleich elyptisch erscheinen (Fig. II, V u. VII), dass der grosse Durchmesser nicht immer
perpendikulär oder parallel mit der Basis in der elyptischen Gestalt erscheint ; dass eine Kugel nur
in rechtwinkeliger Richtung (Fig. IV.) wenn der Augpunkt durch das Centrum geht, rund , in
■ allen andern Fällen aber elyptisch (Fig. I) und dass nur parallel mit der Basis abstehende Körper
wieder gleich hoch erscheinen , so wie die horizontal und rechtwinkelig gegen die Zeichnungsfläche
gerichteten Seiten in den Augpunkt (Fig. VI) alle übrigen aber in den Horizont (Fig. III) verschwinden.
Zweite Anmerkung. Stellt man ein solches Modell mit den Figuren in die Sonne , und lässt die Strah-
len in einem beliebigen Höhenwinkel auf die Bodenfläche abcd fallen und gibt dann ferner der
Bildbasis die verlangte Direction des einfallenden Lichts, so kann auch diese Zusammenstellung der
Körper als eine optische Versinnlich ung für Licht- und Schattenformen bei perspectivischen Bildern
dienen. Für die genaue Distinguirung der Verschiedenheiten des Lichts und Schattens thut man
wohl , wenn man sich dieselbe von weiser Materie fertigen oder sie weiss anstreichen lässt.
 
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