Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Weinbrenner, Friedrich
Architektonisches Lehrbuch (Band 2): Perspectivische Zeichnungslehre — Tübingen, 1819

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6993#0166

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Linie herunterwinkeln , so erhalt man die erscheinende Oberfläche des ganzen Tisches. Zieht man dann
ferner für die erscheinende Dicke des Tisches von A auf die untere Ecke x die excentrische Linie bis auf
den Boden, so erhält man auch diesselbe durch x2 unten auf dem Boden. Da die Fasse des Tisches
gleich dick sind, und in dem geometrischen Grundriss auf der gleichen Stelle, wo sie auf dem Boden auf-
stehen , geometrisch aufgezeichnet worden sind , so darf man solche nur von da aus dem Standpunkt S,
in so fern sich diese Seiten daselbst dem Auge darstellen, von S aus excentrisch in ihrer Erscheinung dar-
stellen . Auf gleiche Art werden nun alle Gegenstände aus dem geometrischen Grund - und Aufriss gegen-
seitig mit einander aufgezeichnet, und es ist hiebei wieder der Fall, dass alle Objecte, welche mit dem
Boden als der Bildfläche parallel gehen , auch im Perspectiv wieder in ihren reinen geometrischen Formen ,
und nur nach dem excentrischen Sehwinkel vergrössert erscheinen. So darf man z. B. für die Erscheinung
des ivruges nur das Gentrum von S und A aus in den Grund - und Aufriss excentrisch verlängern,
und etwa f ür die Umrisse der Form des Kruges die punktirten Diametergrössen von den Durchschnitts-
zirkeln i1 , i3 , i4 , i5 ebenfalls excentrisch als Cirkelscheiben für die Erscheinung annehmen, wornach
sodann der Krug ganz genau in seiner Erscheinung aufgezeichnet werden kann.

Auf ähnliche Art werden nun auch die um den Tisch stehenden Sessel, und überhaupt alle Objecte
durch den geometrischen Grund- und Aufriss gezeichnet, und es lassen sich noch alle Arten optischer Täu-
sch; lagen, in so fern sie sich mit Linien begrenzen lassen, aufzeichnen.

So wie dieses Zerrbild gibt es auch eine besondere Art von Täuschungsbildern, welche dazu dienert , in
einem Gebäude einen Gegenstand anders erscheinen zu machen, als er ist. *)

Anmerkung. Rücksichtlich des Schlagschattens, wovon hier nur die Ilauptcontouren bei einfallendem Son-
nenlicht angegeben worden, hat man besonders in Erwägung zu ziehen, dass nur die auf das Tisch-
blatt fallenden Schatten, welches mit seiner Fläche vor der Bild- (oder Boden-:) Fläche zwischen
dem xluge und derselben erscheinen soll, sich vergrössern uud dass die auf den Boden fallende Schat-
ten als auf der Bildfläche selbst im geometrischen Maas des Grund-und Aufrisses unverändert sich darstellen.

ZWOELFTE AUFGABE.
Tab. XUV. Fig. i. ist ein solches Täuschbild, welches in der Durchschnittszeichnung Fig. 2. in einem

*) Pater Puzzo , welcher im XVII. Jahrhundert lebte, hat dieselben sehr vielfach benutzt, um in einem Gebäude das noch zu ersetzen,
was ihm etwa'■ wegen Beschränkung des Baues fehlte. \

\

So hat er z. B. in der Jesuiten - Kirche zu Wien in der geraden Decke der Kirche ober dem Hochaltar eine Klippel mit von
oben durch eine Interne einfallendem Licht sehr täuschend gemalt, wenn man vorn an dem Altar dieselbe betrachtet. An andern
Punkten fällt jedoch diese Täuschung hinweg, und der Betrug ist dann sehr auffallend, weil man daselbst dfe entgegengesetzte Sei-
te der Laterne sieht, die man in der Wirklichkeit nicht sehen würde.

>
 
Annotationen