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Weiss, Franz; Kuby, Wilhelm [Hrsg.]
Die malerische und romantische Rhein-Pfalz: dargestellt in Original-Ansichten in Stahlstich von Deutschlands bedeutendsten Künstlern — Neustadt a. d. Haardt: Verlag von A.H. Gottschick's Buchhandlung, 1857

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https://doi.org/10.11588/diglit.62779#0067
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zwei Drittheile seines Heeres waren vor Elend kampfunfähig.
Dagegen waren die Kaiserlichen in gewaltigen Massen herange-
zogen. Gallas kam mit 20,000 Mann, besetzte Heidelberg
und das umliegende Land, und vom Niederrhein her drohete
Piccolomini. Herzog Bernhard zog sich nach dem Westrich und
gegen Lothringen zurück; mit ihm zog Pfalzgraf Ludwig Philipp
uud seine Regierung, die sich bisher noch in Frankenthal, aber
machtlos, erhalten hatte. Bei dieser Gelegenheit nahmen sie,
weil man auch die Gräber nicht sicher glaubte, Friedrich's Leich-
nam, der unbeerdigt in Frankenthal gestanden, mit sich fort und
begruben ihn endlich in Metz.
Bald war die ganze Pfalz mit Ausnahme von Frankenthal
in den Händen der Kaiserlichen und litt furchtbare Drangsale.
Kaiserslautern wurde am 17. Juli 1635 erstürmt und 3 Tage
lang der brutalsten Plünderung und einem schrecklichen Blutbade
preisgegebeu; auch das Schloß zu Laudstuhl wurde geuommen,
und Frankenthal von der ausgehungerten Besatzung gegen freien
Abzug den Spaniern übergeben. Die Festungswerke von Mann-
heim wurden geschleift.
Alle geordnete Regierung hörte nun auf, uud das Elend
erreichte eine Höhe, an welche der Verstand zu glauben sich
sträubt. Man mordet, schrieb ein Augenzeuge, aus Genuß und
Zeitvertreib, man sucht alle Arten schrecklicher und bis jetzt un-
erhörter Marter hervor, um das arme Volk zu quälen. Schän-
dungen jedes Alters sind nur Spiele, von Plünderungen braucht
man nicht zu reden. Selbst der Regent des Landes, seine Um-
gebung, seine Räthe konnten ohne Bedeckung sich nicht eine halbe
Stunde von der Stadt entfernen, wenn sie vor den Mißhand-
lungen ihrer Beschützer wollten sicher sein. „Das Land, schreibt
Rusdorf, ist völlig ruinirt; die Unterthemen sind trostlos und
in Verzweiflung; das pfälzische Land gleicht einer arabischen
Wüste. Alle Liebe der Unterthanen gegen ihren Fürsten, aller
Gehorsam ist dahin, weil sie sehen, daß man sie vor Mord,
Druck, Peinigung und barbarischer Gewalt nicht schützen kann.
Wir selbst hören nichts als täglich Jammern uud Wehklagen;
die armen Leute rufen unsere Hülfe Lei Gott und allen Heiligen
an, aber wir können nichts, als mit Thränen und Seufzen ihnen
Trost zusprechen."
Diese Seufzer preßten die Verbündeten aus. Die
Feinde konnten kaum noch Jammer hinzufügen; und doch war
 
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