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Weiss, Franz; Kuby, Wilhelm [Editor]
Die malerische und romantische Rhein-Pfalz: dargestellt in Original-Ansichten in Stahlstich von Deutschlands bedeutendsten Künstlern — Neustadt a. d. Haardt: Verlag von A.H. Gottschick's Buchhandlung, 1857

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https://doi.org/10.11588/diglit.62779#0293
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Menschenhänden, und zwar von sehr rohen, bearbeitet nnd geebnet.
Bauwerk findet man auf dem ganzen Berge nicht. Die Trüm-
mer, welche sich im Thale zeigen, haben Benennungen, die unstreitig
sich auf jene oder andere Legenden beziehen. Die ersten heißen:
„Kehr' dich an nichts!" die andern: „Mnrr' mir nicht viel!"
Es sollen Ruinen von alten Jägerhütten sein, aber ihre Namen
haben sicher eine andere Bedeutung. Dieser Berg scheint mir-
alle Eigenschaften eines Druidensitzes zu haben. Da man kein
Mauerwerk und doch eine Bearbeitung von Menschenhänden ent-
deckt, da er nie zur Vertheidigung eingerichtet war, so gehört
die Terrasse offenbar einer früheren Zeit, als dem Mittelalter
und der römischen Epoche an. Seine einsame Lage im Gebirg,
entfernt von der bedrohten Ebene, der Umstand, daß er allein
mit Eichen bedeckt ist, alles dieses läßt auf keine andere Bestim-
mung schließen. Die Höhle, welche mit Holz, dem eigentlichen
Baumaterial der Gallier, auf beiden Seiten geschlossen sein
konnte, wäre der Kerker der zum Opfer bestimmten Verbrecher
und die Terrasse der Ort ihrer Opferung und der öffentlichen
Ceremonien gewesen, von woher das Feuer in einem großen
Theile des Landes, und besonders auf den benachbarten Abhän-
gen und Hügeln, gesehen werden konnte. Die Priester selbst
hätten nach ihrer Art in mystischer Absonderung in dem heiligen
Eichenhaine gewohnt, welcher den Berg umkränzt. Auf keine
andere Bestimmung scheinen mir Lage und alle andern Umstände
anwendbar. Aus diesen Gründen halte ich den Drachenfels für
den Sitz der Druiden der rheinischen Besitzungen der Medioma-
triker, in deren Mitte er liegt."*)
Vorstehendem haben wir bloß hinzuzufügen, daß die oben
erwähnten Ruinen allerdings von Forsthäusern herrühren, welche
ihre sonderbaren Namen den Uneinigkeiten zu verdanken haben,
welche wegen Waldgerechtsamen zwischen Kurpfalz und Leiningen
bestanden. Der Kurfürst hatte nämlich einen Thurm erbauen
lassen und, gleichsam um den Grafen Friedrich Magnus einzu-
schüchtern, demselben nach dem Geschmacks der damaligen Zeit
den drohenden Namen „Murr' mir nicht viel" gegeben. Da-
gegen erbaute der Graf, um dem Kurfürsten zu zeigen, daß er
sich durch diese Drohung nicht schrecken lasse, in der Nähe ein
Forsthaus, welchem er den Namen „Kehr' dich an nichts" gab.
*) Fr. Lehne, Gesammelte Schriften, herausgeg. von vr. Külb. t836.
 
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