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Weiss, Franz; Kuby, Wilhelm [Hrsg.]
Die malerische und romantische Rhein-Pfalz: dargestellt in Original-Ansichten in Stahlstich von Deutschlands bedeutendsten Künstlern — Neustadt a. d. Haardt: Verlag von A.H. Gottschick's Buchhandlung, 1857

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https://doi.org/10.11588/diglit.62779#0385
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271

Seiten das Rheinthal einschließen, entschädigen muß. Wir be-
treten die Straße bei Germersheim, welches wahrscheinlich
die Stelle des alten römischen Castells VIeus ckulii einnimmt.
Kaiser Conrad I!. soll hier eine Burg erbaut haben, bei welcher
sodann Rudolph von Habsburg 1276 die Stadt anlegte. Rudolph
selbst starb hier 1291 auf seiner Reise von Straßburg nach
Speyer, wohin er sich begeben wollte, um, wie er sich scherzend
ausdrückte, die todten Kaiser zu besuchen.
Unter Ludwig dem Bayer kam die Stadt als Pfand, unter
Ruprecht dem Ersten als Eigenthum an das pfälzische
Haus, unter welchem sie bis zur französischen Revolution der
Sitz eines Oberamts war. Ein hartes Schicksal erfuhr sie im
30 jährigen Kriege. Hier nämlich hielt Kurfürst Friedrich V.,
als er von seiner Flucht aus England zurückkehrte, 1622 seinen
feierlichen Einzug, mußte aber bald die Stadt den Truppen
Tilly's überlassen. Furchtbar wüthetcn die Croaten gegen die
Bewohner, Lis Erzherzog Leopold den Befehl gab, jeden Mörder
augenblicklich zu erschießen (Seite 49).
Etwa 50 Jahre später, 1674, gaben die Franzosen unter
Türenne die Stadt den Flammen Preis. — Harte moralische
Bedrückung wegen der Religion litt sie im Reunionskriege, indem
die Franzosen alle Mittel anwendeten, die Protestanten zur
katholischen Kirche zurückzuführen; dagegen blieb sie, weil sie als
Allodialgut der Pfalzgräfin Elisabeths Charlotte angesehen wurde,
von Plünderung und Verheerung frei. Als Landau französisch
wurde, machte Ludwig XIV. noch einmal Anspruch auf das Ober-
amt Germersheim, weil es zum Elsaß gehöre, wurde aber vom
deutschen Reiche zurückgewiesen, und so blieb dasselbe bei Kurpfalz.
Von den alten Werken, der Bnrg Conrad's II. und dem
von dem Kurfürsten Friedrich II. zwischen Bellheim und Zeiskain
erbauten Jagdschlösse „Friedrichsbühel" ist keine Spur mehr vor-
handen, wie denn die ganze Stadt seit 1834, in welchem Jahre
ihre großartige Befestigung begann, ein ganz neues Ansehen ge-
wonnen hat.
Die strategische Wichtigkeit der Gegend von Germersheim
ist nicht zu verkennen, weßhalb es schon frühe Verschanzungen
erhielt. Dies erkannte insbesondere auch der Marschall von
Sachsen, der in Jahre 1739 von Landau bis Germersheim
längs der Queich eine Reihe von Schanzen anlegen ließ. Diese
wurden seitdem eingeebnet, was, wie Manche meinen, nicht zweck-
 
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