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138

lichkeit" dcrselbm auZmacht, erweist sich bei näherer Untersuchung
als abhängig von einer allgemeineren Form der Vorstellungs-
verknüpsung: jene ist nur dann begründet, wenn sie eine
besondere Anwendung von dieser ist. Daß zwei Empfindungen
a und d als die gleichzeitigen Eigenschasten eines und desselben
Dinges vorgestellt werden sollen, ist nur möglich durch die
Anwendung einer allgcmeinen Regel, wonach überhaupt verschie-
dene Vorstellungsinhalte in der Form der Substantialität mit
einander verknüpft werden sollen. Alle besonderen normalen
Vorstellungsverknüpsungen stehen also in letzter Jnstanz unter
einer Anzahl von allgemeinsten Regeln der Verknüpfung, welche
die Voraussetzungen des normalen Denkens überhaupt bilden.
Es giebt ohne diese Voraussetzungen kein Denken, welches über
die Naturnothwendigkeit der Association hinaus den Werth der
Wahrheit in Anspruch nehmen dürfte. Alles wissenschastliche,
d. h. normale und allgemeingiltige Denken beruht auf der
stetigen Anwendung dieser allgemeinen Regeln: die Aufgabe der
Philosophie ist es, diese höchsten Normen des nach Wahrheit
trachtenden Denkens zum Bewußtsein zu bringen.

Jndem die Philosophie sich aus die Regeln des normalen
Denkens besinnt, ist sie damit beschäftigt, die Thätigkeit zu
begründen, welche die übrigen Wissenschasten an ihren einzelnen
„Gegenständen" fortwährend ausüben. Sie sucht die allgemeinen
Voraussetzungen, welche als normative Bestimmtheit des richtigen
Denkens aller wissenschastlichen Arbeit zu Grunde liegen. Sie
sucht die „Vorurtheile" aus, ohne welche alle einzelnen Urtheile
des alltäglichen Wissens wie des scientifischen Fortschritts
haltlos in der Lust schweben würden. Sie entwirst das theo-
rctische Normalbewußtsein des Menschen und weist die Regeln
nach, unter welche sich alles Denken zu beugen hat. —

Das ist in großen Zügen der Jnhalt jenes wundersamen
Buches, dessen Säcularseier wir begehen, — der Kritik der
 
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