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Windelband, Wilhelm
Präludien: Aufsätze und Reden zur Philosophie und ihrer Geschichte (Band 1) — Tübingen, 1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.19222#0206
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Aus Goethes Philosophie.

zur Gattung erhebt. Diese Unsterblichkeit des Jndivi-
duums durch seine Verwandlung in die Jdee hat Platon
in der herrlichsten seiner Dichtungen, im „Symposion",
gelehrt: Goethe hat denselben Gedauken mit weihevoller
Symbolik zum Ausdruck gebracht in dem tiefsinnigen Ge-
dichte an den Nachtschmetterling, das im westöstlichen
Diwan steht uuter dem Titel „Selige Sehnsucht":

Sagt es niemand, nur den Weisen,

Weil die Menge gleich verhöhnet:

Das Lebend'ge will ich preisen,

Das nach Flammentod sich sehnet. —

Jn der Liebesnächte Kühlung,

Die dich zeugte, wo du zeugtest,

Überfällt dich fremde Fühlung,

Wenn die stille Kerze leuchtet.

Nicht mehr bleibest du umfangen
Jn der Finsternis Beschattung,

Und dich reißet neu Verlangen
Auf zu höherer Begattung.

Keine Ferne macht dich schwierig,

Kommst geflogen und gebannt,

Und zuletzt, des Lichts begierig,

Bist du, Schmetterling, verbrannt. —

Und solang' du das nicht hast,

Dieses „Stirb und werde!" —

Bist du nur ein trüber Gast
Auf der dunklen Erde.
 
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