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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 4.1887

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https://doi.org/10.11588/diglit.9080#0018
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307

Das neue Reichstagspräsidinm.

Das ist der lange Herr von Wedell,
Spricht Einer scharf, so klingelt er schnell;
Daneben sitzt der Doktor Buhl,

Ein freies Wort macht ihm schon schwul;
Doch naht der dicke Unruhe-Bomst,
Dann mach' nur, daß du weiter kommst!

Zehn Mark Belohnung!

Im Torgauer Kreisblatt war jüngst zu lesen:

„Zehn Mark Belohnung. Am 21. ds. Mts. sind in dem am Post-
hause angebrachten, nach der Ritterstraße ausmündenden Briefkasten
gegen 8 Uhr Vormittags acht Wahlzeddel vorgefunden worden, auf
welchen gedruckt stand: „Drechslermeister August Bebel in Plauen bei
Dresden, z. Z. im Landesgefängniß Zwickau". Die Zeddet sind von
einem Unbekannten eingeschmuggelt. Wer diejenige Person, welche es
gewagt hat, eine kaiserliche Behörde in dieser frechen Weise zu verun-
glimpfen, dem Unterzeichneten Postdirektor, der für seinen allergnädigsten
Landesherrn sein Leben läßt und für die reichstreue Gesinnung des
ihm unterstellten postamtlichen Personals einsteht, untrüglich nachweist,
erhält obige Belohnung. Torgau, den 27. Februar 1887. Kaiserliches
Postamt. Raab."

Wir können aus sicherer Quelle mittheilen, daß die Herren Dr. Martin
Luther und Philipp Melanchthon in Wittenberg jene Zettel „ein-
geschmuggelt" haben. Sie agitirten für Bebel aus Aerger darüber, daß
die Nationalliberalen mit dem Papst gehen. Auch wollten sie dem Bei-
spiel des Kaisers Karl des Großen auf der Sachsenhäuser Brücke zu
Frankfurt am Main folgen, der öffentlich erklärt hat: „Auch ich wähle
Sabor!" Das Postamt zu Torgau möge die beiden Wittenberger Herren
zur Verantwortung ziehen und die 10 Mark Belohnung gefl. an die
Redaktion des „Wahren Jacob" einsenden.

Ordnungs-Parteiliches.

Unter dem neuen deutschen Reichstage wird nach June n und
Außen die Ordnung energisch ausrecht erhalten. Staatsfeindliche
Aeußerringen werden verfolgt, staatsfreundliche Innungen aber
gepflegt werden.

Regel für Preßsündcr.

Bekämpfst du so vermessen
Den Feind, das rächt sich schwer.

Erst hat der Hieb gesessen.

Dann sitzt der Redakteur.

wohl meine Tochter loslassen!" Und er schüttelte drohend die Faust.
Käthcheu blieb hocherröthend stehen, Matthias aber ging keck nach der Stube.
„Er wird doch nicht betrunken sein", murmelte sie.

Er war es nicht. Aber als er in der Stube ankam, sagte der Ober-
hofbauer höhnisch:

„Er will mir wotst die tausend Thaler bringen?"

„Zehntausend, hunderttausend, wenn Ihr wollt."

„Oho!" lachte der Oberhofbauer. „Da wär' er armer Schlucker ge-
rade der rechte Mann dazu "

„Nun", ineinte Matthias, „auch unser einer kann einmal Glück haben.
Morgen Nacht, Oberhofbauer, heb' ich, so Gott will, den Schatz auf der
alten Burgruine Wildenfels. Was meint Ihr, Oberhofbauer, wenn wir
Halbpart machten? Das wären mehr als tausend Thaler."

Der Oberhofbauer sprang auf. Seine Augen funkelten gierig; der
Schatz auf Wildenfels, der in vielen Volkssagen spukte und nach dein
schon oft, freilich umsonst, gegraben worden war, hatte ihm schon manche
schlaflose Nacht bereitet.

„Jst's auch wahr?" sagte er hastig.

„Alles ist in Ordnung", meinte Matthias.

„Nun, er soll meine Tochter haben", sagte der Oberhosbauer mit
heiserer Stimme; „wenn ich die Hälfte von dem Schatz bekomme."

„Ein Drittel", sagte Matthias, „denn ein Drittel bekommt mein
Schäfer, der den Zauber lösen muß. Der Schatz wird nämlich von einem
bösen Geist in Gestalt eines Ziegenbockes bewacht. Aber ein Drittel des
Schatzes macht Euch zum reichsten Mann der Provinz."

Der Oberhofbauer begnügte sich vorläufig mit dem Drittel, indem
er sich vornahm, Matthias und den Schäfer womöglich um ihren Antheil
zu betrügen.

„Wenn Käthchen seine Frau ist, dann bleibt sein Theil ja auch in
der Familie", sagte er.

„Gewiß", bestätigte Matihias. — — —

Gerade zeigten die fernen dumpfen Schläge der Kirchenuhr im
Dorfe die Geisterstunde an, als der Oberhofbauer und Matthias mit dem
Schäfer die Ruine Wildenfels betraten. Die Nacht war finster und selten
trat der Mond auf Momente hinter den Wolken hervor. Es war schaurig
in den alten Burgtrümmern.

Auf eineul Rasenplatz zündete der Schäfer allerlei Räucherwerk an
und schärfte seinen Begleitern ein, kein Wort zu sprechen, sonst sei der
Schatz unwiederbringlich verloren; auch habe der böse Geist dann Gewalt

Auch ein Kvnnd

Offizier: Weshalb soll der Soldat sein Brot nicht verkaufen?
Soldat: Damit die Zivilisten sich nicht den Magen daran ver-
derben.

über die Schatzgräber. Man müsse schweigend warten, bis die Geister
anzeigten, wo der Schatz verborgen läge. Dann begann er seine Be-
schwörungen mit halblauter Stimme. Da hörte man drinnen in einem
verfallenen Gewölbe ein Gepolter und es klang wie das Meckern eines
Ziegenbocks.

Das war der böse Geist, der den Schatz hütete. Der Oberhofbauer
zitterte uud faßte die Schaufel fester.

Das Gepolter ward stärker uud der Mond, der soeben aus den
Wolken trat, ließ einen schwarzen Ziegenbock erkennen, der drohend aus
dem Gewölbe kam. Den Oberhofbauern übermannte die Furcht, er warf
die Schaufel weg und wollte flüchten, der Bock sprang ihm nach und stieß
ihn mit dem Horn heftig in den Rücken. Der Bauer schrie laut: „Herr-
jemineh!", daß es in dem alten Gemäuer schallte, dann fiel er hin und
blieb liegen, wie todt.

Einen Augenblick herrschte nun Todteustille, dann aber vernahm man
wieder ein mächtiges Gepolter in dem Gewölbe, eine hohe Gestalt trat
heraus, der leibhaftige Satan mit Hörnern und Schweif, und sprach mit
furchtbarer Stimme:

„Oberhosbauer, warum störst Du meine Ruhe?"

Der Oberhofbauer hatte nur einen Augenblick aufgeblickt; nun aber,
als er den leibhaftigen Satanas vor sich sah, drückte er sein Gesicht in
das Gras und antwortete nur durch ein Stöhnen.

„Du bist in meine Gewalt gegeben", fuhr die schreckliche Geisterstimme
fort. „Deine Habsucht hat Dich verführt. Ich lege Dir eine Buße auf.
In vier Wochen heirathet Deine Tochter den Nenhofbauer, oder ich drehe
dir den Hals um, daß Dein Gesicht im Genick steht, und fahre mit Deiner
armen Seele zum Schornstein hinaus."

Der Oberhofbauer ächzte und fiel in Ohnmacht. Seine Gefährten
trugen ihn nach Hause; unterwegs erwachte er wieder.

„Ihr habt Alles verdorben, Oberhofbauer", sagte Matthias. „Werdet
Ihr mir nun Eure Tochter geben?"

„Ja", ächzte der Oberhofbauer. „Aber schwört mir Beide, von den
Vorfällen von heute Nacht keiner Menfchenfeele etwas zu verrathen."

Sie schwuren und konnten kaum das Lachen verbeißen.

In drei Wochen waren Matthias und Käthchen ein glückliches Paar.
Den Schäfer und den Ziegenbock, die ihre Rollen als Satan und böser
Geist so gut gespielt, haben sie nach Kräften belohnt.

Der alte Oberhofbauer blieb ein Filz bis an sein Ende, aber nach
verzauberten Schätzen hat er nie wieder graben wollen.
 
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