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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 5.1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.9076#0029
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Nr. 52 des „Wahren Jacob" gelangt am 1. Mai 1888 zur Versendung.

408

Werkrvüröige Kunstfreunde.

Auf der LctnöpartHie



Herr: Mein Fräulein, sehen Sie mal, was

In einer musikalischen Soiree befinden sich merkwürdig viele Glatzköpfe. Ein Herr fragt ^

seinen Nachbar, was für ein Musikstück auf der Violine vorgetragen werde? Worauf dieser das für ein riesiger Ochse ist!
maliliös entgegnet: Dame: Wahrhaftig! Gegen den gehalten sind
„Zu Ehren der Gäste — die M on d s ch eins on ate!" Sie das reinste Kalb!

Greiffenberg-Kammin.

Ein sich'rer Wahlkreis ist ein Schatz;

Er kostet nichts und muß man sterben,

Wird man versetzt, so kann den Platz
Ein Mitglied der Familie erben.

So war's in Greiffenberg-Kammin —

Man hat es höhnisch-laut verkündet;

Die Macht des Hauses Koller schien
Auf Erz und auf Granit gegründet.

So war man denn im hohen Rath
Des Ausgangs der Ersatzwahl sicher —

Daß auf den Plan der Forlschritt trat,

Erregte lediglich Gekicher.

Geladen waren schon die Böller
Znin Siegesfest bei Herrn von Koller.

Doch ach, die Welt ist kugelrund

Und will sich dreh'n, sogar in Pommern;

Was noch so fest und sicher stund,

Zerkrümelt schon nach wenig Sommern.

Der Bauer selbst wird obstinat

Uud macht sich eigene Gedanken

Und, taub für väterlichen Rath,

Bringt er den ganzen Bau in's Schwanken.

Da hilft kein Landrath, kein Gendarm,

Kein Pfaff, kein Tuschelu mit den Weibern,

Da hilft kein noch so ems'ger Schwärm

Von stockloyalen Urnentreibern.

Man zieht die Fahne ein vom Söller,

Und — Stichwahl giebl's, mein Herr von Köller!

Von Frankfurt eilt ergrimmt herbei

Der früh're Hüter des Mandates,

Der Chef der dort'geu Polizei.

(Der Silberdieb entkam — was that es?)

Hier stand zu Vieles auf dem Spiel —

Man muß in einem heißen Ringen

Und doppelt glänzend an das Ziel

Den Erben des Mandates bringen.

Man greift zu Mitteln, die bis jetzt

In diesem Wahlkreis sehr entbehrlich;

War hier doch Alles bis zuletzt

Nach Väterweise schlicht und ehrlich.

Das Wahllokal wird voll und völler —

„Mein Weizen blüht", denkt Herr von Köller.

Doch irrt der Mensch, so lang er strebt,

Selbst Polizeichefs können irren;

Das ist kein Makel, der da klebt
Blos an den Spitzeln und den Sbirren.

Es wuchs uud wuchs der Stimmen Zahl,

Doch manches Auge wurde trüber
Und Galle ward das Abendmahl —

Der Kohli blieb dem Köller über.

Verhagelt ist die Hoffuuiigssaat,

Im Mund quillt der Partei der Bissen;
Den Köller'schen ist das Mandat
Durch eiueu Fortschrittsmann entrissen!
Es war schon toll — nun ward's noch töller;
Der Sitz ist futsch, mein Herr von Köller!

Sonst nnd Jetzt!

Der alte Burschenschafter:
Deutschland, Deutschland über Alles!
Vaterland, ja dir erschall' es:

Dir zum Ruhme woll'u wir leben
Und für Recht und Freiheit streben;

Selbst, wenn uns auch der Kerker droht,
Der Freiheit treu bis in den Tod!

Der neudeutsche Reichs-Korps-Student:
Deutschland, Deutschland über Alles!

Alles, alles nur keiu'n Dalles!

Darum laßt uns „streben^', „streben",
Nur um möglichst gut zu leben;

Halten wir's mit der Gewalt,

Sind wir selbst bald Staatsanwalt! —

Ans der Reichshanptstadt.

Fremder: War das die Berliner akademische
Jugend, welche Stöckern wegen seiner Rede über
Heinrich Heine Beifall zujauchzte?

Berliner: Jugend mag et wol jewefen sind,
ob sie aber akadähmisch oder -dämlich war, weeß
ick nicht. Wird aber wol dattselbe sind.

Kassenrevision.

Kommis: Wie kommt es nur, daß die
Direktion bei diesem miserablen Geschäftsgange
so oft Kassenrevision halten läßt?

Buchhalter: Sie will nur erfahren, ob nicht
endlich Geld in die Kasse kommt.

Die Backfische in der Gemälde-Galerie.

Frieda: Was sind denn das für komische We-
sen mit Hörnern im Triumphzuge des Bacchus?

Hermiue: Das sind wahrscheinlich die ver-
heirateten Diener des Weingottes.

Meeranesisches.

Der Stadtrath von Meerane hält
Das Volk gern fest am Zügel,

Er hat sür's Armenhaus bestellt
Die Lattenstras' und Prügel.

Er läßt in eine Leinenhos'

Die Weiber schamvoll stecken,

So ist an ihnen ganz famos
Das Prügeln zu vollstrecken.

Man fände dies zu andrer Zeit
Wohl etwas sehr chinesisch.

Doch in dem lieben Sachsen heut
Ist's äben — meeranesisch!

Niederträchtig.

A.: Bitte, zünden Sie in der Nähe dieses
Herrn Ihre Zigarre nicht an.

B: Warum nicht?

A.: Der Mann ist Strohredakteur.

Briefkasten.

N. H-, Berlin. Sie irren. Heinrich Heine starb be-
reits im Jahre 1856. Er konnte atso nicht voraussehen,
daß seine Verse:

Sellen habt ihr mich verstanden.

Selten auch verstand ich euch,

Nur wenn wir im Kolh uns fanden,

Dann verstanden wir uns gleich —
das geistige Band zwischen Stöcker und der christlich-sozialen
Streber-Studentenschast bilden würden.

B., Rostock. Da vermnthlich Ihre Zeichnungen ein
stattgehabtes Ercigniß darstellen sollen, so bitten wir um
eine nähere Erklärung der Skizzen. — Beiträge werden mit
Vergnügen entgegengenommen.

Meerane. Wie Sic sehen, ist Ihr Wunsch bereits erfüllt.

Ungenannt, Pforzheim. Vielleicht läßt sich das Ge-
dicht an anderer Stelle verwenden. Unsere Mitarbeiter be-
handelten bereits denselben Gegenstand.

M. G-f Colditz, Nicht verwendbar.

Arbeiter-Chronik.

Wochenblatt für das arbeitende Volk.

Redakt.: K. Krillenberger.

Erscheint ab 1. April ds. Js. regelmäßig in unserm
Verlag in großem Zeitungssormat. Inhalt: Politische und
sozialpolitische Leitartikel. Reichstagsberichte (nach
Bedarf Parlamentsbeilagen). Politische Ueb erficht.
Original-Korrespondenzen. Feuilleton. Preis
monatlich 30 Pf. srei in's Haus.

Probenummern stehen zum Versandt nach ganz
Deutschland zur Verfügung. Einsendung von Korre-
spondenzen und Angabe von Adressen zur Errichtung von
Filialen willkommen. Alle Bestellungen sind zu richten an

Wörtein «k Komp., Nürnberg.

Redaltion und Verlag: I. H. W. Dietz in Stuttgart. — Druck von Georg Bahler in Stuttgart.
 
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