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Bald wird ein Jubelbrausen schlagen
Empor zum hohen Eiffelthurm,
Wenn sie begehn das kühnste Wagen
Der Väter — den Bastillesturm!
Sie werden ihre Fahnen schwingen
An jenem großen, ernsten Tag,
Da Greise neben Knaben gingen
Zum Sturm bei dumpfem Trommelschlag.
Und doch — um ein Symbol zu werden,
Ein Leuchtthurm, eine hohe Wacht
Für Alles, Alles was auf Erden
Die Herzen rascher klopfen macht,
Wie müßte tiefer Einsicht Walten,
Die wir mit Noth und Tod erkauft,
Die Eisensäule umgestalten,
Die man den Eiffelthurm getauft!
Der Giffet'tHurnr.
(Siehe Illustration Seite 428/429.)
Auf seiner Spitze, wo die reinen,
Die kühlen Höhenlüfte Wehn,
Darf nur das Standbild jener Einen,
Der milden Friedensgöttin stehn.
Ihr Antlitz soll sie still entschleiern,
Jndeß sie leise lächelnd späht
Nach jenen beiden großen Schreiern,
Dem Boulauger und Deroulöde.
Im zweiten Stock des Riesenbaues
Seh' ich zu and'rer Friedensthat
Vertreter eines jeden Gaues
Der ganzen Welt im ernsten Rath.
Sie wissen, es entstammt das Böse
Demselben Quell iu jedem Land;
Sie sinnen, wie man ihn erlöse
Aus Nacht und Druck, den vierten Stand!
Im ersten Stockwerk aber kündet
Ein Lied, das Harmonie erheischt:
Auf ewig haben sich verbündet
Die Völker, die sich sonst zerfleischt!
Daß sie im Geiste Eins geworden,
Daß keines faßt des Schwertes Knauf,
Wogt nicht von räuberischen Horden
Von Osten wimmelnd es herauf!
Dem eingefleischten Friedensstörer,
Der ungeberdig sich benimmt,
Dem Hetzer, Schürer und Empörer,
Sei ein aparter Bau bestimmt.
Die int'ressanten Balkanesen,
Die wir so oft in Wallung sahn,
Sie spinnen drin, bis sie genesen
Allmälig vom Krakehlerwahn.
So sei's! Zertretet jene Würmer,
Die als uusterblich Jemand pries,
Ihr Enkel der Bastillestürmer,
Ihr Straßenkämpser von Paris!
Mit Friedensmyrthe schmückt die Fahnen,
Die oft umzuckt der Blitze Schein,
Und laßt Lateiner und Germanen
Ein Volk von Brüdern fürder sein!
Sie haben, standhaft sich zu hassen,
Im Grunde doch so wenig Grund!
Warum nicht treu zusammenfassen
Die Kräfte all zum Friedensbund?
In Sonnenbrand uud Wettergüffeu
Wachs auf iu's freie Reich des Sturms
Wie wollt' ich deine Schwelle küssen,
Du — Ideal des Eisselthurms!
Zierich (in der Schweiz), den 20. Mai 1888.
Möeru! ^)
Seid sechs Wochen bin ich nn schone Widder uff der Walse un hawwe
nich ä eenz'ges Mal geschrien?. Scheene isses grade nich, awwer niir
isses mehrschdendeels dreck'g gegang' un da had mer geene große Lust
zum Briefschdellern un is froh, wemmer Nachds ärgendwo ä drocknes
Fleckchen had, wo mer sich usf's Ohr legen gönn. Nachher bin ich rein
in de freie Schweiz gemachd, weil's bei'n deidschen Briedern ooch so änne
halbgewalkde Sache is, un da muß ich nu sagen, 's gehd mer seid ä
Weilichen ganz beene. Schufden muß mer, awwer dann weeß mer, was
mer had un indressand isses ooch in seiner Ard. Schon 's Gebärge,
awwer ooch 's ganse Dreim — von so was had mer derheeme nich 'n
blassen Schimmer von änner Idee, ooch wemmer nich von Mutzschen is,
wie nnsereener.
Der Fader würde freilich sagen, das hier gennd'n nischd sinn, denn
's war ja eefach därk'sch. Nu ja, was de Leide sich hier rausuehm
dürfen, ohne daß sich de Bohlezei neinmischd, das schdeigd uff Beeme.
Da machden dieser Dage fier Sozjal-Demegraden ford, die se ausgewiesen
hadden, weil se 's Haubdbladd von'n Rodhen rausgehm dhaden nn gisten-
weise nach Deidschland neinschmnggelden. Bei uns hädden die sich in
aller Schdille druweln missen — hier worden se von'n gansen Arweidern
uff de Bahn gebrachd un ooch noch mid Musike, reene wie de Färschden.
Wer'sch nich gesehn had, der gloobd's eefach nich, 's war awwer so un
mir schdanden alle Haare zu Berge iwwer so ä anarchistschen Zufchdand.
Un nu gommd de eegendliche Boängde. Wie ich noch in de Schule
ging, da hadd'ch egal meinen Biddern, wenn der Schulmeester Widder
behaubde, in Rechen un Schreim da hädd'ch nischd los, nur in der Rellichon
un in Zeechen da war' ich ä Luder, denn der Fader machde mer nachher
galde Umschläge mid'n Gnieriem, bis ich dachde, Ostern un Fingsten
fielen uff eenen Dag. 's is awwer doch gud, wemmer ä hebbchen zeechen
gann, denn ich hawwe mich, undernehmend wie mer sinn, vorgedrengeld
un die fier schdaadsgesährlichen Jndeviedjen schdandepee mid'n Bleifchdifde
uffgenomm', un se sinn ooch gans ähnlich ausgefall'n un nu gennder'sche
eich in aller Ruhe beurgrundsen.
Nummer eens, das is Bernstein, der Rehdakdeer, ä ganz eefaches,
fchichdernes, gudmiediges Männichen soweid, in den mer gar nich sosiel
Gisd un Galle suchen sollve — er had's wahrscheinlich innewend'g, wie
de Ziegen. De Beene sein ä bischen säwelfermig ausgefall'n, das gann
awwer ooch an'n Schneider liegen, der'n ä baar grumme Hosen gemachd had.
Nummer zwee, das is Julius Mvtteler, der rodhe Postmeester,
derde 'n Versand besorgd un der Bohlezei Hunderdmal ä Schnibbchen
*) Dieser Brief wurde un» nebst den Zeichnungen von einem Leipziger Freunde
Migst zur Verfügung gestellt, wofür wir an dieser Stelle unfern Danl aussprechen.
Die Red. d. W, I.
geschlagen Hamm soll. Der siehd schon ä bischen verwogner aus un had so
ä in de Hehe gezwerbelden Schnorrwichs — der Sorde is nie zu drauen.
Nummer drei is Tauscher — ich dachde erschd, 's war' ä gemiehd-
licher bairischer Feldwebel in Zifiel, drotz seiner edwas schdark in de Lenge
endwickelden Nase,
^on un>^ s^che^
deitschenSchbrache.
. Nummer fier is Schlüter, ä ameriganischer Bärger, awwer aus
Schleswig-Holstein („schdammverwand") geberdig. Das scheind mer der
schlimmste zu sinn, denn selwer seine Haare un sein Schnurrbärdchen sein
rodh. — Der had
mer de mehrschde
/ X Miehe gemachd — / -
/ ^ X das quecksilwerige /
/ » X Gerlichen had seine ÄS X
Oogen ieweral un
ich gonnde seiBro-
ftehl nich so rechd
griechen, daß er
ooch von rechds
nach links guckde,
wie de andern; ich
war froh, wie ich
'u eemal hadde
^ un ließen nachher ^
schwimm, 's is ja
schließlich ooch egal, wie er guckd — er isses ahm un das behanbd ich
un dadermid ab.
In der schdillen Hoffnung, Eich änne gleene Freide gemachd zu Hamm,
bin un bleiwe ich ooch in der Fremde Eier
dreier, dankbarer Sohn
Goddlieb Pfefferkorn, gen. Raffaeel der Zweede.
Bald wird ein Jubelbrausen schlagen
Empor zum hohen Eiffelthurm,
Wenn sie begehn das kühnste Wagen
Der Väter — den Bastillesturm!
Sie werden ihre Fahnen schwingen
An jenem großen, ernsten Tag,
Da Greise neben Knaben gingen
Zum Sturm bei dumpfem Trommelschlag.
Und doch — um ein Symbol zu werden,
Ein Leuchtthurm, eine hohe Wacht
Für Alles, Alles was auf Erden
Die Herzen rascher klopfen macht,
Wie müßte tiefer Einsicht Walten,
Die wir mit Noth und Tod erkauft,
Die Eisensäule umgestalten,
Die man den Eiffelthurm getauft!
Der Giffet'tHurnr.
(Siehe Illustration Seite 428/429.)
Auf seiner Spitze, wo die reinen,
Die kühlen Höhenlüfte Wehn,
Darf nur das Standbild jener Einen,
Der milden Friedensgöttin stehn.
Ihr Antlitz soll sie still entschleiern,
Jndeß sie leise lächelnd späht
Nach jenen beiden großen Schreiern,
Dem Boulauger und Deroulöde.
Im zweiten Stock des Riesenbaues
Seh' ich zu and'rer Friedensthat
Vertreter eines jeden Gaues
Der ganzen Welt im ernsten Rath.
Sie wissen, es entstammt das Böse
Demselben Quell iu jedem Land;
Sie sinnen, wie man ihn erlöse
Aus Nacht und Druck, den vierten Stand!
Im ersten Stockwerk aber kündet
Ein Lied, das Harmonie erheischt:
Auf ewig haben sich verbündet
Die Völker, die sich sonst zerfleischt!
Daß sie im Geiste Eins geworden,
Daß keines faßt des Schwertes Knauf,
Wogt nicht von räuberischen Horden
Von Osten wimmelnd es herauf!
Dem eingefleischten Friedensstörer,
Der ungeberdig sich benimmt,
Dem Hetzer, Schürer und Empörer,
Sei ein aparter Bau bestimmt.
Die int'ressanten Balkanesen,
Die wir so oft in Wallung sahn,
Sie spinnen drin, bis sie genesen
Allmälig vom Krakehlerwahn.
So sei's! Zertretet jene Würmer,
Die als uusterblich Jemand pries,
Ihr Enkel der Bastillestürmer,
Ihr Straßenkämpser von Paris!
Mit Friedensmyrthe schmückt die Fahnen,
Die oft umzuckt der Blitze Schein,
Und laßt Lateiner und Germanen
Ein Volk von Brüdern fürder sein!
Sie haben, standhaft sich zu hassen,
Im Grunde doch so wenig Grund!
Warum nicht treu zusammenfassen
Die Kräfte all zum Friedensbund?
In Sonnenbrand uud Wettergüffeu
Wachs auf iu's freie Reich des Sturms
Wie wollt' ich deine Schwelle küssen,
Du — Ideal des Eisselthurms!
Zierich (in der Schweiz), den 20. Mai 1888.
Möeru! ^)
Seid sechs Wochen bin ich nn schone Widder uff der Walse un hawwe
nich ä eenz'ges Mal geschrien?. Scheene isses grade nich, awwer niir
isses mehrschdendeels dreck'g gegang' un da had mer geene große Lust
zum Briefschdellern un is froh, wemmer Nachds ärgendwo ä drocknes
Fleckchen had, wo mer sich usf's Ohr legen gönn. Nachher bin ich rein
in de freie Schweiz gemachd, weil's bei'n deidschen Briedern ooch so änne
halbgewalkde Sache is, un da muß ich nu sagen, 's gehd mer seid ä
Weilichen ganz beene. Schufden muß mer, awwer dann weeß mer, was
mer had un indressand isses ooch in seiner Ard. Schon 's Gebärge,
awwer ooch 's ganse Dreim — von so was had mer derheeme nich 'n
blassen Schimmer von änner Idee, ooch wemmer nich von Mutzschen is,
wie nnsereener.
Der Fader würde freilich sagen, das hier gennd'n nischd sinn, denn
's war ja eefach därk'sch. Nu ja, was de Leide sich hier rausuehm
dürfen, ohne daß sich de Bohlezei neinmischd, das schdeigd uff Beeme.
Da machden dieser Dage fier Sozjal-Demegraden ford, die se ausgewiesen
hadden, weil se 's Haubdbladd von'n Rodhen rausgehm dhaden nn gisten-
weise nach Deidschland neinschmnggelden. Bei uns hädden die sich in
aller Schdille druweln missen — hier worden se von'n gansen Arweidern
uff de Bahn gebrachd un ooch noch mid Musike, reene wie de Färschden.
Wer'sch nich gesehn had, der gloobd's eefach nich, 's war awwer so un
mir schdanden alle Haare zu Berge iwwer so ä anarchistschen Zufchdand.
Un nu gommd de eegendliche Boängde. Wie ich noch in de Schule
ging, da hadd'ch egal meinen Biddern, wenn der Schulmeester Widder
behaubde, in Rechen un Schreim da hädd'ch nischd los, nur in der Rellichon
un in Zeechen da war' ich ä Luder, denn der Fader machde mer nachher
galde Umschläge mid'n Gnieriem, bis ich dachde, Ostern un Fingsten
fielen uff eenen Dag. 's is awwer doch gud, wemmer ä hebbchen zeechen
gann, denn ich hawwe mich, undernehmend wie mer sinn, vorgedrengeld
un die fier schdaadsgesährlichen Jndeviedjen schdandepee mid'n Bleifchdifde
uffgenomm', un se sinn ooch gans ähnlich ausgefall'n un nu gennder'sche
eich in aller Ruhe beurgrundsen.
Nummer eens, das is Bernstein, der Rehdakdeer, ä ganz eefaches,
fchichdernes, gudmiediges Männichen soweid, in den mer gar nich sosiel
Gisd un Galle suchen sollve — er had's wahrscheinlich innewend'g, wie
de Ziegen. De Beene sein ä bischen säwelfermig ausgefall'n, das gann
awwer ooch an'n Schneider liegen, der'n ä baar grumme Hosen gemachd had.
Nummer zwee, das is Julius Mvtteler, der rodhe Postmeester,
derde 'n Versand besorgd un der Bohlezei Hunderdmal ä Schnibbchen
*) Dieser Brief wurde un» nebst den Zeichnungen von einem Leipziger Freunde
Migst zur Verfügung gestellt, wofür wir an dieser Stelle unfern Danl aussprechen.
Die Red. d. W, I.
geschlagen Hamm soll. Der siehd schon ä bischen verwogner aus un had so
ä in de Hehe gezwerbelden Schnorrwichs — der Sorde is nie zu drauen.
Nummer drei is Tauscher — ich dachde erschd, 's war' ä gemiehd-
licher bairischer Feldwebel in Zifiel, drotz seiner edwas schdark in de Lenge
endwickelden Nase,
^on un>^ s^che^
deitschenSchbrache.
. Nummer fier is Schlüter, ä ameriganischer Bärger, awwer aus
Schleswig-Holstein („schdammverwand") geberdig. Das scheind mer der
schlimmste zu sinn, denn selwer seine Haare un sein Schnurrbärdchen sein
rodh. — Der had
mer de mehrschde
/ X Miehe gemachd — / -
/ ^ X das quecksilwerige /
/ » X Gerlichen had seine ÄS X
Oogen ieweral un
ich gonnde seiBro-
ftehl nich so rechd
griechen, daß er
ooch von rechds
nach links guckde,
wie de andern; ich
war froh, wie ich
'u eemal hadde
^ un ließen nachher ^
schwimm, 's is ja
schließlich ooch egal, wie er guckd — er isses ahm un das behanbd ich
un dadermid ab.
In der schdillen Hoffnung, Eich änne gleene Freide gemachd zu Hamm,
bin un bleiwe ich ooch in der Fremde Eier
dreier, dankbarer Sohn
Goddlieb Pfefferkorn, gen. Raffaeel der Zweede.