Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 14.1897

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6610#0023

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
2372

Heldenthuin.

In alten Heldenliedern ist manche Mr mahlt
Zon treuen Waffenbrüdern, von Helden auserwählt.
Da war von Kampfesnöthen, von grimmer Schwerter Schlagen,
Zon kühnem Drachentödten gar viel zu singen und zu sagen.
Ist denn nun ganz erstorben der stolzen Recken Ruhm?
Ist still ins Krab gesunken der Lorzeit Heldenthum?
Wo sind die Kraftgestalten, so fest wie Stein und Lrz,
Kn denen wir bewundert den starken Krm, das tapfre Herz?
Der Zage dichte Nebel durchdringt des Menschen «Leist,
Dem sich das fest «Leglauöte dann oft als Trug erweist:
Kn vielen Hochgebornen bleibt nichts von edler Kraft,
8on Schönheit, Weisheit, Kille im Zellen Licht der Wissenschaft.

Doch dafür tritt manch Andrer in reinem «Llanz hervor,
Der sich bisher im Dunkel der fernen Zeit verlor.
Das sind die wahren Helden, die an das Zoll geglaubt, sKauxt.
Kekämpft für seine Freiheit mit Schwert und Feder, Krm und
Dem Zolle selbst gebühret der höchste Heldenpreis
Für das, was es geschaffen mit seiner Arbeit Schweiß,
Für das, was es so standhaft an NotZ und Schmach erlitten.
Für das, was es im «Lrimme sich als sein gutes Recht erstatten!
Des größten Kampfes Stunde, schon rückt sie nah herbei.
Auf, auf, du Sohn des Zolles! der Kampf nur macht dich frei.
Nicht wird's an Helden fehlen, die wie aus Stein und Lrz.
Zen Sieg erringt die Wahrheit, es triumphirt das tapfre Herz!

Etwas über Fabriken-Inspektion.
Kein Fabrik-Inspektor darf eigenmächtig eine Revision vornehmen,
sondern hat zu warten, bis er vom Fabrikbesitzer dazu eingcladen wird;
der Besuch hat an einem Sonntag stattzusinden, damit der Herr Inspektor
nicht durch Maschinenlärm oder durch Rauch und Ruß belästigt wird.
Beim Eintritt ins Haus führt man ihn ins Speisezimmer und bewirthet

ihn gut. Die Frau des Hauses wird dabei die Honneurs machen, sich
mit ihm über das Wetter, über Politik, Mode, Theater, Gesellschafts-
klatsch u. s. w. unterhalten und so werden dem Beamten die Stunden
seines Besuchs angenehm vergehen. Mit der freundlichen Einladung, ge-
legentlich einmal wieder zu kommen, verabschiedet man ihn.
Sollte indeß ein Fabrik-Inspektor indiskret genug sein, die Fabrik
sehen zu wollen, dann trägt man auch diesem Verlangen Rechnung.

Was wir brauchen.
Ass Tages Losung ist Kampf und Streit,
Ist Nörgeln und Kritisiren —
Wie könnte die Nebel der bösen Zeit
Man gründlich noch kuriren?
Nit kleinen Mitteln ist nichts gethan,
Die würden schwerlich lohnen —
So wendet ein Radikalmittel an:
Wir brauchen neue Kanonen!
Man sagt, der Klaube sei aus der Welt,
Der sündigen, beinah' geschieden.
Der Arme zu viel vom Diesseits hält.
Ist nicht mit dem Jenseits zufrieden.
Drum gilt es, vor sträflicher Ketzerei
Zu schützen die Religionen,
Ihr fragt, welches Nittel das wirksamste sei?
Wir brauchen neue Kanonen!
Ls wird die Vrdnung, dis Autorität
Im Staate oft untergraben.
Gefährdet ist alles, was heute besteht.
Wenn schlechte Kanonen wir haben.
Der Proletarier wird radikal.
Liegt nicht mehr im Staub vor den Thronen;
Das soll sich nun ändern mit einem Mal —
Wir brauchen neue Kanonen.
Die alten tödten nicht schnell genug.
Vernichtender wirken die neuen.
So will die Regierung mit Recht und Hug
Nit diesen uns erfreuen.
Drum Reichstag — hier wird nicht gezagt und
Zweihundert Millionen sgeschwankt.
Bewillige, wie die Regierung verlangt —
Wir brauchen neue Kanonen!

Der kleine Tausch in der Westentasche.
Rurzgefaßter Leitfaden der politischen Polizei.
Vorwort.
Der gute Wille der politischen Polizei, ihre
Unentbehrlichkeit zu erweisen, ist über allen Zweifel
erhaben, ihre Pflichttreue ist bewunderuswerth
und ihr Eifer unvergleichlich.
Doch dem Vollbringen mangelt zu oft nur
die tiefgründige Kenntnis; der Vorbedingungen des
Erfolgs, die Berechnung der tauglichen Biittel
greift fehl und die entworfenen Pläne zeigen die
bedauerlichen Mängel strategischer Erfahrung.
Der „kleine Tausch" soll diesen Uebelstüuden
abhelfeu und der politischen Polizei die Fähigkeit
verleihen, durch die That zu beweisen, das; sie die
niemals trügende, durchaus zuverlässige, daß sie
die einzige Stütze von Thron, Altar, Ordnung,
Eigenthum, Sittlichkeit und Gesetzestreue ist. Der
„kleine Tausch" ist für jeden Kriminalisten das,
was der Knopf auf dein Spazierstock, der Wetter-
hahn auf dem Kirchthurm und der Strick au dem
Galgen. Der Herausgeber.
Die Aufgaben des politischen Polizisten.
Die glänzende Zeit des Sozialistengesetzes ist
dahin, das die reinste Lebenslust für die Schüler
Sticbers und Krügers gewesen ist. In der dünnen
Atmosphäre des gemeinen Rechtes gilt es des-
halb, durch doppelte Thatkraft die naturgesetzliche
Nothwendigkeit der politischen Polizei Jedermann
vor Augen zu führen. Wenn mir nicht alle Tage
auf die Gefahren, die dem herrschenden System
drohen, mit Fingern zeigen, wenn wir nicht auf
die Abgründe des Umsturzes weisen und jede
Woche mindestens einmal Staat und Kirche, Ge-
sellschaft und Moral vor den Anschlägen der Re-
volution retten, so wären zwei Drittel der geheimen
Fonds überflüssig.
Die Angst vor dem rothen Gespenste muß
dem Durchschnittsbürger erhalten werden. Sein
Gruseln ist unser Gewinn.

Doch da wir von der öffentlichen Unsicherheit
leben, so genügt es nicht, in den Niederungen
der Menschheit zu jagen. Das Edelwild der oberen
Regionen ist auch eines Pürschgaugs werth, und
je mehr die Verhältnisse sich erhitzen und wie
Schilfrohr im Winde schwanken, um so williger
werden die Mächtigen unsere Hilfe anrufen.
Geschäftig gleich dem Eichhörnchen auf der
Weltesche, das vom Wipfel bis zur Wurzel un-
ablässig läuft und kundschaftet, muß der politische
Polizist horchen, sammeln, spähen und verschlagene
Botschaft hierhin und dorthin trage». Er schürzt
die Knoten der Verschwörung und zerhaut sie
wieder, er spinnt ein dichtmaschiges Netz von
Halbwahrheitcn und Falschheit, von Zweideutig-
keiten und Gerüchten, von Schein und Dichtung,
und in den Maschen zappelt das nur zu leicht ge-
fangene Wild.
Hier stürzt ein Großer, den: er verstohlen ein
Bein gestellt, und der im Falle den Nebenbuhler,
den er sür den Urheber seines Unglücks hält, mit
sich in die Tiefe reißt. Die Rathgcber der Ge-
waltigen verstricken sich in die Fäden, die die
Polizeikunst webt, und ein Fasching der Ueber-
raschuugen erhöht und erniedrigt die Günstlinge.
Die Werkzeuge der politischen Polizisten.
Wer die Anweisungen dieses Leitfadens wirk-
sam ausführen will, muß voraussctzungslos an
sie Herangehen, so wie der Denker an die tiefen
Streitfragen der menschlichen Erkenntniß. Vor
allem muß er ohne den lästigen Ballast des so-
genannten Gewissens die hohen Aufgaben, die hier
gestellt sind, zu lösen unternehmen.
Bedarf er einer Quittung, einer bestimmten
Unterschrift, so wird sie eben geliefert. Es kommt
nicht darauf an, daß die Handschrift echt, der
Name echt ist; wenn das Papier nur ein Glied
in der Kette, ein Hilfsmittel seiner Absichten ist,
darf der Fachmann nicht zaudern, das, was die
Böswilligen eine Urkundenfälschung, kluge Leute
aber eine Korrektur des Glückes nennen, ausführen
zu lassen.
 
Annotationen