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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 14.1897

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https://doi.org/10.11588/diglit.6610#0157

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2499

Auch ein Geschäft.


Kaufmann: Was sind Sie, mein Herr?
Reisender: Giftfreier Eierfarben-Fabrikant.

Bessere Leut'. -
(Schwäbisch.)


Dickhubcr: Du, heut Obend ischt a Vcrsammlong zur Hebung von
Bildung und Wissenschaft, wozn de bessere Leut ci'glade send. Do g'höra
mir eigentlich au na.
Banchhuber: Sell wohl, aber heut heut mer jo Schafskopfabcnd.

Verbrecher-Kolonien.
A. : Was meinen Sie zu dem Vorschläge, in Ostafrika eine Ver-
brecher-Kolonie zu errichten?
B. : Eine solche Verbrecher-Kolonie besitzen wir schon längst.
A. : Wieso?
B. : Na, haben nicht Leist, Wehlan, Peters re. in Afrika geweilt?

wurden sie liebenswürdig und zuvorkommend,
luden mich zum Sitzen ein, nahmen mich in die
Mitte und überfielen mich ohne Weiteres mit
detaillirten Darlegungen über eine neugcgründete
Baugenossenschaft auf Aktien, welche schon in
voller Thätigkeit sei und großen Geivinn ver-
spreche.
Ich machte mehrfach den Versuch, zu Worte
zu kommen, und als mir dies endlich gelang,
erlaubte ich mir die bescheidene Bemerkung, daß
ich von derlei Dingen gar nichts verstehe.
Die Herren Kohnreich und Baron Karstadt
nahmen dieses Bekenntnis; mit großer Befrie-
digung auf und Fürchtegott Ganef nickte sogar
triumphirend, als ob er sagen wollte, der Mangel
an Vcrständniß für eine Sache sei das noth-
wendigste Erforderniß, um etwas Bedeutendes
darin zu leisten. Man ließ endlich die Bemer-
kung fallen, daß man mich für die Baugenossen-
schafts-Aktiengesellschaft zu gewinnen hoffe und
das Nähere beim Mittagessen besprechen wolle,
zu dem ich „selbstverständlich" cingeladen sei.
Ueber diese Einladung empfand ich namentlich
in der Magengegend eine lebhafte Befriedigung
und ließ mich von meinen neuen Freunden ohne
Widerstand in ein nahegelegenes Weinrestaurant
eskortiren, wo wir in einem eleganten Separat-
kabinet Platz nahmen. Alsbald waren mehrere
Kellner eifrig mit unserer Ernährung beschäftigt,
auch wurde ein solider, vertrauenerweckender Noth-
wcin kredenzt.
„Und da behauptet man, die Börse sei ein
Giftbaum!" sagte ich mir und langte tüchtig zu.
Nach dem Essen wurde Champagner gebracht,
und nun begann so beiläufig der Prozeß meines
Reichwerdens. Die liebenswürdigen Herren stellten
mich als zweiten Direktor der Baugenossenschaft
an, mit 20 000 Mark jährlichem Gehalt, welches
aber größtentheils in Aktien der Gesellschaft be-
zahlt wurde. Herr Kohnreich notirte alles mit
Bleistift und gab das Blatt an Herrn Ganef,
der das Weitere zu regeln versprach. Schließlich
fragte man mich höflichst, ob mir eine Baarsumme
von 500 Mark als Entschädigung für meine per-
sönlichen Auslagen genüge? Ich erklärte mich

mit der gebotenen Summe völlig befriedigt und
nahm sie in Empfang. Dann mußte ich einige
Wechsel der Gesellschaft, einen großen Prospekt
und einige Reklameartikel unterzeichnen, welche
sofort an die Zeitungen versandt werden sollten.
Das waren Beweise von Vertrauen, die mich
aufrichtig rührten.
Ich begab mich nun nach Hause, zahlte meiner
erstaunten Wirthin die rückständige Miethe, be-
richtigte noch andere kleine Schulden, kaufte mir
einen neuen Zylinder und ließ Visitenkarten
drucken, auf welchen das stolze Wort „Direktor"
unter meinem Namen prangte.
Leider dauerte es nur wenige Tage, bis aller-
lei sonderbare Erscheinungen auftraten, durch die
mein junges Glück getrübt wurde. Ich empfing
Schmähbriefe, in denen man mich „Betrüger"
und ähnliches nannte, ferner Mahnungen zur
Bezahlung von Schulden, die ich nie gemacht
hatte; sogar die Zeitungen beschäftigten sich mit
mir und nannten mich ein „höchst verdächtiges
Individuum", das plötzlich „aufgetaucht" sei, um
bei dem Zusammenbruch einer blutigen Grün-
dung als Strohmann für die wirklichen Macher
zu fungiren.
Ich fragte den Baron Karstadt, was die Zei-
tungen damit eigentlich sagen wollten; dieser
aber beruhigte mich, indem er mit seinem stolzesten
aristokratischen Lächeln bemerkte, das seien bi-
metallistische und sozialdemokratische Wühlereien,
die keinerlei Beachtung verdienten.
Mittlerweile häuften sich aber die respektlosen
Zuschriften von Handwerkern, die bei meinen
Neubauten beschäftigt waren, und ich beschloß
daher, den Leuten durch persönliches Erscheinen
auf meinem Grund und Boden einmal die nöthige
Hochachtung beizubringen.
Es war an einem Sonnabend Nachmittag,
als ich den Bauplatz meines bis in den dritten
Stock fertigen Hauses betrat.
„Halt! Nichtbeschäftigten ist der Eintritt ver-
boten", rief mir ein Polier zu.
Mit Stolz und Würde gab ich mich zu
erkennen. „Mein Lieber — ich bin der Bau-
herr!"

„Ja so — denn 'rinn!" schrie der Polier und
gab nur einen Schubs, daß ich mitten in das
Gewirr von Steinen und Gerüchen flog.
Wie ein König in seinem Reiche stolzirte ich
einige Minuten auf dem Terrain umher, be-
tupfte hier und da eine Maner, um mit Kenner-
miene ihre Haltbarkeit zu prüfen, oder that eine
fachkundige Frage an die Arbeiter, wie z. B.:
„Warum ist denn Ihr Lehm so schmutzig? oder:
„Sind diese Ziegel auch ordentlich gebrannt?"
Plötzlich kam ein kleiner dicker Mann, mit
grauer Joppe bekleidet, auf mich los und frug
mich, ob ich der neue Besitzer wäre?
Ich bejahte mit einer stolzen Bewegung des
Hauptes.
„Bringen Sie Geld?"
Ich verneinte.
„Und da wagen Sie sich hierher, Sie Lump!"
schrie er. Mittlerweile kamen noch andere zornige
Handwerker angestürmt, die schon von weitem
schrien: „Hat er Geld?"
„Nein!" schrie der erste zurück.
„Dann haut ihn, den Schwindler!" war die
Antwort.
Die Männer umringten mich drohend und
ich versuchte vergebens, ihnen auseinander zu
setzen, daß ich von ihnen gar nichts entliehen und
den Ban überhaupt erst vor drei Tagen gekauft
habe.
Ein wüthcnder Schreinermeister riß eine Thüre
aus den Angeln und warf sie mir an den Kopf.
Der Zimmermeister gab mir einen Fauststoß
zwischen die Rippen, der Steinmetz begann mich
auszuhauen, aber nicht mit dem Meißel, sondern
mit dem Stocke, und der Maurermeister warf
mich über einen Sandhaufen in eine Lehmbutte,
wobei mein neuer Zylinder in einen Behälter
mit frisch gelöschtem Kalk fiel.
„Die Sitten dieser Bauhandwerker sind doch
etwas rauh", dachte ich mir, als ich mich auf-
gerafft hatte und meinen weißgewordenen Zylinder
wieder aufsetzte. „Ein weißer Zylinder ist auch
ganz ebne", tröstete ich mich, ging direkt zu Herrn
Kohnreich und erzählte ihm, was mir geschehen
war. Ein mildes Lächeln ging über seine Züge.
 
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