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Schongauer, die Apostel Jakobus d. I. und PhilippuS

In der Darstellung einer Verkündigung kann diese Kunst nwhl eine eigen-
tümliche Schönheit erreichen: es gibt kaum etwas Vornehm-Zarteres als die
Maria aus dem kleinen Stich Schongauers, die den Mantel etwas anzieht,
während sie mit leicht geneigtem Kops nach dem Engel zurückhorcht. Da sieht
man dann, wo diese Empsindung hingehört; aber in bedeutenderen Situationen
erhebt sich die Stimmung zu wenig.

Die große Szene von Golgatha bekommt etwas Matt-Weinerliches. Wie
klein ist der Passionsausdruck bei dem Johannes aus Schongauers berühmtem
Dreisigurenblatt: der schief gelegte Kopf, die verlegen greifenden Hände! Ilnd
wie weit steht Maria gegen ältere Typen zurück! Für das ohnmächtige
Zusammensinken gibt es schöne Beispiele; aber überall da, wo ein aktiver
Zustand gegeben werden soll, bleiben wir enttäuscht. Wo sindet sich eine
Magdalena oon wirklich leidenschaftlichem Schmerzensausdruck? Es bleibt
bei einem sanften llmarmen des Kreuzesstammes. - Der Gekreuzigte selbst
nicht furchtbar und nicht triumphal, sondern von einer gemäßigten Jämmer-
lichkeit.

Jn aller Gebärde ist etwas Kleines, allzu Knappes, Kümmerliches, als
ob man Angst gehabt hätte oor dem starken Ausdruck. Vorgänge wie die
Taufe Christi, die Himmelfahrt der Maria, die Krönung der Maria — sie
haben durchweg etwas Stockendes, bei aller Gewähltheit der Handbewegungen
 
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