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vie Xunst Mbrecht vürers

Holzstockes dienstbar gemacht und er ist nirgends großartiger als da, wo er
sich ganz primitiv ausdrücken muß.

Dem älteren Nürnberger Holzschnitt gegenüber bedeutet seine Kunst zunächst
eine Vereinsachung, insofern er alle Erscheinung auf rein linearen Ausdruck
zurücksührt. Die Holzschnitte des Schatzbehalters und der Weltchronik geben
ein Feuer, ein Gebüsch, eine Wolkenmasse nicht streng zeichnerisch; so be-
schränkt die Mittel sind, sucht man der Erscheinung doch gewissermaßen von
der malerischen Seite her beizukommen; der einzelne Strich bedeutet wenig
oder nichts, erst der Gesamtesfekt der gehäuften Striche soll das ungefähre
Bild der Sache ergeben. Bei Dürer dagegen hat schon die einzelne Linie ihre
charakteristische Form, jede ist durchgeprüft aus ihren Ausdruckswert und es
sind die brillanten Entdeckungen seiner Jugend, den linearen Ausdruck auch
für die vorübergehenden und plastisch-unsaßbaren Dinge gefunden zu haben:
sür die schlagende Flamme, für blitzende Sterne, sür quellende Wolken, jene
großen stolzen Wolken, mit denen die sunge Generation so prächtig einherfährt.

Der Holzschnitt hatte immer im Umriß seine Kraft. Es ist dann (vielleicht
schon unter Schongauers Einsluß) die Binnenzeichnung im weiteren Umfang
als formerklärend hinzugenommen worden, in dem Sinne, daß die Schatten
nicht nur eine Dunkelheit angeben, sondern durch Verlauf und Richtung die
Form mit erklären sollten. Aber was so geschah, geschah unentschieden und
unökonomisch und man ging kaum über ein Schattieren in kurzen Lagen
hinaus. Jetzt erst, bei Dürer, tritt die Binnenzeichnung in ganzer Bedeutung
hervor: breitströmend, in langen Linien geben die Schatten der Figur erst
Nachdruck und Energie.

Und nun kommt auch Zusammenhang in die Lagen. Er wechselt nicht
beständig und grundlos die Richtung, sondern hält das Zusammengehörige
zusammen, er achtet auf eine reinere Harmonie in der Gesamtbewegung:
die Linien wirken als dekoratives Ensemble, sa, sede einzelne Linie ist nach
ihrem dekorativen Werte durchempfunden.

Damit ist jene neue Art von Zeichnung begründet, wo alles Linienwerk
Form angibt, und doch zugleich als Arabeske genossen werden kann.

Ursprünglich war die Farbe die obligate Begleitung, auf die der Holz-
schnitt rechnete. Sie setzt aber leere Flächen voraus. Je mehr die Umriß-
zeichnung mit Linienwerk sich füllte, um so weniger war sie am Platz. Schon
vor Dürer war die Herrschaft der Farbe erschüttert, allein Dürer hat zuerst
in der Verwendung von Weitz und Schwarz eine ausgesprochen malerische
Wirkung erreicht, die den Wunsch nach etwas anderem gar nicht mehr auf-
kommen läßt. Und dabei verzichtete er auch von Anfang an auf das zum
Flecken ausgebreitete Schwarz, das die Alteren als bereicherndes Motiv gern
 
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