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Wolff, J. A.
Die St. Nicolai-Pfarrkirche zu Calcar, ihre Kunstdenkmäler und Künstler: archivalisch und archäologisch bearbeitet ; ein Beitrag zur niederrheinischen Kunstgeschichte des Mittelalters — Calcar, 1880

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https://doi.org/10.11588/diglit.14704#0034
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2. Heinrich von Heymersheim.

In dem obengenannten Verzeichnisse aus dem J. 1456 wird der Maler Heinrich von Heymersheim
erwähnt'). Beide gedachte Meister kommen anderswo nicht mehr vor. —

3. Heinrich Nyelen.

In der Stadtrechnung v. J. 1450 finden wir die Notiz, dass in diesem Jahre dem Maler Heinrich
Nyelen zur Vollendung des im hiesigen Rathhauso noch vorhandenen auf Eichenholz gemalten jüngsten
Gerichts l1/2 rhein. Gulden ausgezahlt wurden: Item Henrich Nyelen gegeuen tot vollest den gemaelder
tafelen int raithuys dair id ordcl Godts op gemaelt steet l'/2 rynsche Gulden fac. XIX schillingh 1 denaer.
Es dürfte eine kurze Beschreibung dieses Gemäldes hier am Platze sein. Die Höhe desselben beträgt
1,28 in., die Breite 2,21 m. — Bekleidet mit dem rothen Siegesmantel sitzt der Weltrichter auf dem
Regenbogen; die Weltkugel dient ihm zum Fussschemel. Die Arme ausstreckend weist er mit der Rechten
nach oben, während die Linke sich mehr nach unten hin neigt. Von dem rechten Auge ausgehend ist
ein Lilienstengel gegen die Seligen, vom linken ein Schwert gegen die Verdammten gerichtet. Darunter
rechts Maria in weissem, fast durchsichtigem Schleier, rothem Kleide und blauem Mantel, links Johannes
der Täufer in gelbem Untorgewande und rothem Mantel, beide knioend mit anbetend, nicht fürbittend
erhobenen Händen. Denn Maria, ohne Sünde empfangen, und Johannes, ohne Sünde geboren, beide ohne
persönliche Schuld, fallen dem Gerichte nicht anheim. Hinter ihnen, etwas höher, zwei posaunenblasende
Engel. Unten, dem Hintergründe zu, in der Mitte der Tafel, eine gebirgige Landschaft, in deren Mitte
eine mittelalterliche Burg mit Nebengebäuden sich befindet. Links oben das Feuer der Hölle und ein
grosser Kessel; darunter die Darstellung des Frasses und der Völlerei; Teufel in verschiedenartigen scheuss-
lichcn Gestalten serviren beim Mahle. Seitwärts, der Mitte zu, werden die Gottlosen verschiedentlich
gequält. Rechts eine Burg in einem barocken Stile; auf dem Helme eines der Thürme sieht man den
türkischen Halbmond. Der geöffnete Eingang strahlt hellen Lichtglanz aus: Darstellung des himmlischen
Jerusalem. Unter den eintretenden Gerechten erkennt man zunächst die Stammeltern Adam und Eva;
hinter ihnen Noe mit der Arche, Abel mit dem Lamme, Moses mit den Gesetzestafeln, David mit der
Krone und Harfe und den reumüthigen Schacher mit dem Kreuz unter dem Arme. Sämmtliche Figuren
sind unbekleidet. Die Darstellung des Himmels und der Hölle ist offenbar aus späterer Zeit nnd ohne
Geschmack. Die obere Partie ist in Zeichnung und Ausführung edel und natürlich; der Gesichtsausdruck
der Maria ungemein zart und erhaben. Auf dem Rahmen sind nachstehende vier Sprüche der hl. Schrift
in neugothischen Majuskeln angebracht. Oben rechts vom Richter: „Koempt ghy, ghebenediden myns
vaders, hebt dat rieke, dat v bereyt is van beghyn der werelt", d. h. „Kommt, ihr Gesegneten meines
Vaters! Nehmet zum Erbe das Reich, welches euch bereitet ist von Grundlegung der Welt an." Matth.
25, 34. Links vom Heilande: „Gaet gy vermalediden int ewige hier, dat den dueuel inde synen yngelen
bereyt is", d. h. „Weichet von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, welches bereitet ist dem Teufel
und seinen Engeln." Matth. 25, 41. Seitwärts und rechts: „Die rechtverdigen suylen inder ewicheyt
leuen ind oer locn is inden beere", d. h. „Die Gerechten leben ewiglich und im Herrn ist ihr Lohn."
Weisheit 5, 16. Links: „Daer sal wesen schreyinghe inde kwelynche der tanden", d. h. „Dort wird sein
Weinen und Knirschen der Zähne." Matth. 25, 30. Unter dem Gemälde: „Oer golt inde syluer en sal
oer nyt moeghen verloesen inden dagh der gramschap", d. h. „Ihr Gold und ihr Silber wird sie nicht
retten können an dem Tage des Zornes des Herrn." Sophon. 1, 18. — Die Familie Nyelen kommt noch
im 16. Jahrhundert in den Rechnungen vor; einer dieses Namens war Glasmaler. — Ob das nur noch
in schwachen Resten vorhandene Wandgemälde über dem Scheidebogen des Muttcrgotteschores, welches
das jüngste Gericht darstellt, von einem der genannten drei Meister herrührt, lässt sich nur vermuthungs-
weise behaupten. Dasselbe gilt auch von der Altartafel, Triptychon, unter dem Namen „der Tod Maria"
bekannt, vom ehemaligen Antonius-Altare, sowie ferner von den Darstellungen der Legenden der h. h. Ursula
und Sebastianus, welche, auf Altarfliigeln auf Holz gemalt, nach dem Urtheile von Fachmännern der Mitte
des 15. Jahrhunderts angehören. —

Ein Ort Hcymersheini liegt im Kreise Ahrweiler.
 
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