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Wolff, J. A.
Die St. Nicolai-Pfarrkirche zu Calcar, ihre Kunstdenkmäler und Künstler: archivalisch und archäologisch bearbeitet ; ein Beitrag zur niederrheinischen Kunstgeschichte des Mittelalters — Calcar, 1880

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https://doi.org/10.11588/diglit.14704#0013
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EINLEITUNG.

Concordi sapiens qua regnat in nrbc Scnatus,
Nullius liaec verac laudis cgcre potcst.

Die Stadt Calcar, an der linken Seite des Rheines 12 Kim. südöstlich von Cleve gelegen, war auf
dem Eilande eines Nebenarmes des Eheines erbaut. Die Zeit ihrer Entstehung lässt sich wohl nicht mehr
urkundlich ermitteln. Nach Angabe glaubwürdiger Historiker wurde sie gegen das Jahr 10G0 von
Irmgardis, einer Zütphcn'schen Gräfin an den Erzbischof Anno 11. von Coeln geschenkt. Nicht lange
nachher und bis ins 14. Jahrhundert hinein besassen die Clevischen Grafen die Stadt als ein Cölnisches
Lehen. Calcar ist neben Cleve die älteste Clevischo Stadt. Von den 24 Städten des Herzogthums Cleve
war Calcar eine der 6 Principalstädte dieses Landes und hatte 5 Städte unter sich: Goch, Sonsbeck,
Kervendonck, Grieth und Isselburg, welche sie auf den Land- und Städtetagen vertrat. Die Clevischen
Landesherrn, welche in unmittelbarer Nähe Calcars auf dem Schlosse Monreherg häufig auf lange Zeit
residirten, begünstigten diesen Ort vor allen übrigen des Landes. Calcar besass die grössten Freiheiten
und Privilegien und nannte sich deshalb die „kaiserfreie" Stadt, ohne indessen jemals zu den freien
Reichsstädten gehört zu haben. Das Gericht zu Calcar war ein ITof, an welchen 23 Städte und Ort-
schaften zu appelliren angewiesen waren. Nicht allein wegen der ausgezeichneten Tüchtigkeit ihrer
Bürger, welche alljährlich sämmtliche städtische Beamten, selbst den Richter aus ihrer Mitte wählten,
sondern auch weil alle Verwaltungen bürgerlich waren, hatte die Stadt das Prädikat „Calcaria civilis".
Niemals sahen sich die Landesherrn veranlasst, die verliehenen Privilegien in irgend einer Weise zu be-
schränken. Durch die einheitliche und einträchtige Regierung bewährte die Stadt den (angeblich von
Euripides herrührenden) ihr gewidmeten Spruch, welchen ich als Ueberschrift einer Copic des Calcarer
Stadtrechts fand und vorausgeschickt habe: „Wahres Lob gebührt der Stadt, wo Eintracht herrscht und
ein weiser Senat regiert." Für ihre feste Anhänglichkeit an Herkommen und Recht zeugen die "Worte,
welche nach der Ortsüberlieferung auf einem Raiken des Senatssaales mit goldenen Buchstaben standen:
„Ne transgrediaris terminos antiquos, qnos posuerc patres tui", d. h. Nicht gehe hinaus über die alten
Grenzen, welche gesetzt haben deine Täter, Sprüche 22, 28., und die noch jetzt sich über der Eingangs-
thür des Rathhauses befindliche Inschrift: Diligite justitiam, qui judicatis terram, d. h. Liebet die Gerechtig-
keit, die ihr Gericht übet auf Erden. Weish. 1, 1.

Hinsichtlich der Erwerbs- und Wohlfahrtsqucllcn der Stadt nennen wir zunächst den rings um die
Stadt liegenden, ihr von den Landesfürsten geschenkten sehr ausgedehnten Weidencomplex. Eine zweite
sehr einträgliche Einnahme war das Privilegium der Erhebung der Weinsteuer. Ferner blühten daselbst
sehr ansehnliche Tuchwebereien und Bierbrauereien. Ein unmittelbar an der Stadt vorbeiflicssender, mit
dem Rheinstrom verbundener schiffbarer Canal begünstigte Handel und Verkehr. Calcar war auch eine
 
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