Hals.
637
dem Magistrat der Stadt Haarlem eine
feste Geldsumme zu seinem Unterhalt be-
kommen zum Lohn für die Meisterschaft
seiner Kunst. Er starb um das Jahr 1665
oder 1666, nach meiner Vermutung wohl
90 Jahre alt oder doch nicht viel we-
niger." Sein großartiges, überreiches Ta-
lent hatte die Unterstützung seiner Vater-
stadt wohl verdient, denn sie schuldet
ihm noch heute ein gut Teil ihres Ruhmes.
Wem würde es heute einfallen, nach Haar-
lem zu gehen, wenn nicht die Schützen-
bilder von F. Hals dort zu sehen wären?
Diese bieten auch eine günstige Gelegen-
heit, seinen künstlerischen Entwicklungs-
gang vom Jahre 1616 bis zum Jahre 1664
zu verfolgen, da dort acht große Bilder
aus den Jahren 1616, 1627, 1633, 1639,
1641 und 1664 nebeneinander hängen und
die Ausbildung eines großen künstlerischen
Talentes wie nirgends sonst beobachtet
werden kann. Die jüngste Kunstforschung
hat auch über Frans Hals das Füllhorn
scharfsinniger Bemerkungen in reichstem
Maße ausgeleert und seit den Siebzigerjah-
ren, seit er und seine Werke im Vordergrunde
der Diskussion oder, besser gesagt, des
Kunsthandels stehen, gibt es Sachverstän-
dige, die genau wissen, wie Fr. Hals in
diesem oder in jenem Jahre seine Palette
gemischt hat, und glauben aus den un-
bedeutendsten Kennzeichen die Ent-
stehungszeit seiner Werke mit Sicherheit
ersehen zu können. Aber man kann sich
um 20 Jahre und mehr und auch in dem
Meister irren und eine gelungene fran-
zösische Fälschung für ein Original hal-
ten. Mit Rubens' Atelier scheint Hals, ob-
wohl dies oft behauptet wurde, nicht das
geringste zu tun gehabt zu haben, denn
es scheint, daß er seit 1600 die Stadt Haar-
lem nicht verließ. Hals war ein bahn-
brechendes, großes Talent. Den ungeheu-
ren Abstand zwischen seinen und den
Werken seiner unmittelbaren Vorgän-
ger zeigen am deutlichsten die Haar-
lemer Schützenstücke; er läßt alle
älteren Meister sofort unendlich weit hin-
ter sich zurück und tritt wie ein Zau-
berer auf, der die kalten, langweiligen
Schemen seiner Vorläufer mit ungeahntem
Leben erwärmt. Früher waren es anein-
andergereihte Portraits, bei Hals wird das
Schützenbild zu einer Versammlung leben-
der und handelnder, allerdings auch
zechender Personen. In seinen früheren
Bildern ist seine Modellierung noch här-
ter, die Töne sind warm und farbig; in
den späteren wird der Lokalton kühler,
in seiner letzten Periode verliert er gänz-
lich den Sinn für die Farbe und redu-
ziert seine Palette auf Weiß, Schwarz und
Rot; die Bilder sehen in der Nähe aus,
wie mit einem Besen hingefegt, und ge-
winnen erst bei größerem Abstände Har-
monie und künstlerische Wirkung. Er ist
ein ganz außerordentliches, in seiner Weise
einziges Talent, dessen Eigenheiten leich-
ter empfunden als charakterisiert werden.
Seine frühesten datierten Bilder sind das
Schützenstück vom Jahre 1616, ein Portrait
des van der Morsch bei Lord Northbrook
und ein Portrait des Schrevelius vom Jahre
1617 bei M. Warneck in Paris; es sind gewiß
viele andere vor diesen entstanden, aber
Jugendwerke des Meisters können nicht
mit Sicherheit angegeben werden; er ist
für uns jederzeit der vollkommen durch-
gebildete und formensichere Meister. Zu
Anfang des vorigen Jahrhunderts war Fr.
Hals wenig beachtet; erst in den Siebziger-
jahren gelangte er zur verdienten Wert-
schätzung, welche, von Kunsthändlern satt-
sam ausgebeutet, heute den Preis der Werke
des Meisters zu einer Höhe hinauf-
schraubt, die beinahe einer Überschätzung
gleichkommt. Da seine charakteristische,
flotte und kecke Manier scheinbar leicht
nachzuahmen ist, wurde sein Name, wie
auch der van Goyens, ein dankbares Ob-
jekt betrügerischer Spekulationen und die
falschen Hals sind auf dem Pariser Bilder-
markt recht häufige Erscheinungen.
Ein Bild des Haarlemer Museums von
M. S w e e r t s (nach älterer Ansicht von
Job Berekheyde), stellt angeblich das
Atelier des Fr. Hals dar und bezeichnet in
einem Blatte auf der Rückseite die fol-
genden Maler als seine in dem Bilde por-
trätierten Schüler: Philip Wouwer-
man, Dirk Hals. Frans Hals d. Jung.,
Her man Hals Fransz. Jan Hals Fz.,
Claes Hals Fz., J. Hals Fz., D. v.
Deelen (Houbraken I. 93, 405; III. 309),
P. Molyn, G. Berckheyden und Job
Bercklieyden; aber die Glaubwürdig-
keit dieser Angaben ist nicht über alle
Zweifel erhaben. Überdies nennt man als
wirkliche oder intellektuelle Schüler: Com.
V e r s p r o n c k, V. L. van der V i n n e
(Houbr. II. 210), P. S out man. B. v. d.
Heist (?) (der gewiß kein Schüler von
Fr. Hals war), Roes traten (Houbr.
II. 191), A. Palamedes (?), P. Codde,
J. A. Duck. A. Brouwer (Houbr. I. 93.
319, 347), A. v. O stacle (Houbr. I. 347),
J. Miensen Molenaer, Met zu (?),
Terborch (?), Jan Steen und längere
Zeit hindurch war es Mode, die halbe
Malergeneration des 17. Jahrh. in seine
Schule zu schicken. Nachahmer seiner spä-
teren Manier sind Jan de Bray, ins-
besondere aber Judith Leyster, die ihm
am meisten von seiner Manier abgesehen
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dem Magistrat der Stadt Haarlem eine
feste Geldsumme zu seinem Unterhalt be-
kommen zum Lohn für die Meisterschaft
seiner Kunst. Er starb um das Jahr 1665
oder 1666, nach meiner Vermutung wohl
90 Jahre alt oder doch nicht viel we-
niger." Sein großartiges, überreiches Ta-
lent hatte die Unterstützung seiner Vater-
stadt wohl verdient, denn sie schuldet
ihm noch heute ein gut Teil ihres Ruhmes.
Wem würde es heute einfallen, nach Haar-
lem zu gehen, wenn nicht die Schützen-
bilder von F. Hals dort zu sehen wären?
Diese bieten auch eine günstige Gelegen-
heit, seinen künstlerischen Entwicklungs-
gang vom Jahre 1616 bis zum Jahre 1664
zu verfolgen, da dort acht große Bilder
aus den Jahren 1616, 1627, 1633, 1639,
1641 und 1664 nebeneinander hängen und
die Ausbildung eines großen künstlerischen
Talentes wie nirgends sonst beobachtet
werden kann. Die jüngste Kunstforschung
hat auch über Frans Hals das Füllhorn
scharfsinniger Bemerkungen in reichstem
Maße ausgeleert und seit den Siebzigerjah-
ren, seit er und seine Werke im Vordergrunde
der Diskussion oder, besser gesagt, des
Kunsthandels stehen, gibt es Sachverstän-
dige, die genau wissen, wie Fr. Hals in
diesem oder in jenem Jahre seine Palette
gemischt hat, und glauben aus den un-
bedeutendsten Kennzeichen die Ent-
stehungszeit seiner Werke mit Sicherheit
ersehen zu können. Aber man kann sich
um 20 Jahre und mehr und auch in dem
Meister irren und eine gelungene fran-
zösische Fälschung für ein Original hal-
ten. Mit Rubens' Atelier scheint Hals, ob-
wohl dies oft behauptet wurde, nicht das
geringste zu tun gehabt zu haben, denn
es scheint, daß er seit 1600 die Stadt Haar-
lem nicht verließ. Hals war ein bahn-
brechendes, großes Talent. Den ungeheu-
ren Abstand zwischen seinen und den
Werken seiner unmittelbaren Vorgän-
ger zeigen am deutlichsten die Haar-
lemer Schützenstücke; er läßt alle
älteren Meister sofort unendlich weit hin-
ter sich zurück und tritt wie ein Zau-
berer auf, der die kalten, langweiligen
Schemen seiner Vorläufer mit ungeahntem
Leben erwärmt. Früher waren es anein-
andergereihte Portraits, bei Hals wird das
Schützenbild zu einer Versammlung leben-
der und handelnder, allerdings auch
zechender Personen. In seinen früheren
Bildern ist seine Modellierung noch här-
ter, die Töne sind warm und farbig; in
den späteren wird der Lokalton kühler,
in seiner letzten Periode verliert er gänz-
lich den Sinn für die Farbe und redu-
ziert seine Palette auf Weiß, Schwarz und
Rot; die Bilder sehen in der Nähe aus,
wie mit einem Besen hingefegt, und ge-
winnen erst bei größerem Abstände Har-
monie und künstlerische Wirkung. Er ist
ein ganz außerordentliches, in seiner Weise
einziges Talent, dessen Eigenheiten leich-
ter empfunden als charakterisiert werden.
Seine frühesten datierten Bilder sind das
Schützenstück vom Jahre 1616, ein Portrait
des van der Morsch bei Lord Northbrook
und ein Portrait des Schrevelius vom Jahre
1617 bei M. Warneck in Paris; es sind gewiß
viele andere vor diesen entstanden, aber
Jugendwerke des Meisters können nicht
mit Sicherheit angegeben werden; er ist
für uns jederzeit der vollkommen durch-
gebildete und formensichere Meister. Zu
Anfang des vorigen Jahrhunderts war Fr.
Hals wenig beachtet; erst in den Siebziger-
jahren gelangte er zur verdienten Wert-
schätzung, welche, von Kunsthändlern satt-
sam ausgebeutet, heute den Preis der Werke
des Meisters zu einer Höhe hinauf-
schraubt, die beinahe einer Überschätzung
gleichkommt. Da seine charakteristische,
flotte und kecke Manier scheinbar leicht
nachzuahmen ist, wurde sein Name, wie
auch der van Goyens, ein dankbares Ob-
jekt betrügerischer Spekulationen und die
falschen Hals sind auf dem Pariser Bilder-
markt recht häufige Erscheinungen.
Ein Bild des Haarlemer Museums von
M. S w e e r t s (nach älterer Ansicht von
Job Berekheyde), stellt angeblich das
Atelier des Fr. Hals dar und bezeichnet in
einem Blatte auf der Rückseite die fol-
genden Maler als seine in dem Bilde por-
trätierten Schüler: Philip Wouwer-
man, Dirk Hals. Frans Hals d. Jung.,
Her man Hals Fransz. Jan Hals Fz.,
Claes Hals Fz., J. Hals Fz., D. v.
Deelen (Houbraken I. 93, 405; III. 309),
P. Molyn, G. Berckheyden und Job
Bercklieyden; aber die Glaubwürdig-
keit dieser Angaben ist nicht über alle
Zweifel erhaben. Überdies nennt man als
wirkliche oder intellektuelle Schüler: Com.
V e r s p r o n c k, V. L. van der V i n n e
(Houbr. II. 210), P. S out man. B. v. d.
Heist (?) (der gewiß kein Schüler von
Fr. Hals war), Roes traten (Houbr.
II. 191), A. Palamedes (?), P. Codde,
J. A. Duck. A. Brouwer (Houbr. I. 93.
319, 347), A. v. O stacle (Houbr. I. 347),
J. Miensen Molenaer, Met zu (?),
Terborch (?), Jan Steen und längere
Zeit hindurch war es Mode, die halbe
Malergeneration des 17. Jahrh. in seine
Schule zu schicken. Nachahmer seiner spä-
teren Manier sind Jan de Bray, ins-
besondere aber Judith Leyster, die ihm
am meisten von seiner Manier abgesehen