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Zoepfl, Heinrich
Deutsche Staats- und Rechtsgeschichte: ein Lehrbuch in zwei Bänden (1): Deutsche Volks- und Staatsgeschichte in quellemmäßigem Abrisse bis zur Stiftung des Deutschen Bundes — Stuttgart: Krabbe, 1844

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https://doi.org/10.11588/diglit.47336#0196
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Volksgeschichte. IV, Zeitraum (vom J, 1372 bis 1493).

feinden. Im Uebrigen rechtfertigte er jede Erwartung, welche die
Fürsten, das deutsche Volk und der päpstliche Stuhl bei seiner Wahl
auf ihn gesetzt haben mochten. Er liess sich vor allem die Erhaltung
des Landfriedens mit dem grössten Ernste angelegen sein8), zerstörte
viele Raubschlösser und begann somit der Zügellosigkeit der damaligen
Ritterschaft in dem gemeinschaftlichen Interesse der grösseren Landes-
herren und der Städte Schranken zu setzen. Vorsichtig enthielt er
sich aller eigenmächtigen Verfügungen in wichtigeren Angelegenheiten
und erledigte dieselben nur unter Mitwirkung und Zuziehung der Kur-
fürsten, welche demnach unter seiner Regierung anfingen, einen grösseren
und regelmässigeren Antheil an der Reichsregierung zu nehmen, als
es vorher der Fall gewesen war 9). Den päpstlichen Stuhl hatte Ru-
dolf durch die Ueberlassung mehrerer von demselben in Anspruch
genommenen Landstriche, welche seitdem die Hauptbestandteile des
päpstlichen Staatsgebietes bildeten, in der Art zufrieden gestellt 10),
dass derselbe ihn wenigstens mit dem Ansinnen, einen Kreuzzug zu
machen, nicht drängte. Auch im übrigen beschränkte sich Rudolf
in Betreff der italienischen Angelegenheiten auf diplomatische Unter-
handlungen n). Sorgfältig vermied er alle Veranlassung zu kriegerischen
Händeln in Italien. Er starb im 73. Jahre seines Alters (1291, Jul. 15.)
ohne einen Römerzug unternommen zu haben und als Kaiser gekrönt
zu sein, aber geliebt und betrauert von der Nation, welcher er Frie-
den und Ruhe zurückgegeben hatte. Seine Bemühungen, die Fürsten
*) Die Landfrieden und Reichsgesetze, welche unter Rudolf von Habsburg
errichtet wurden, finden sich am besten bei Pertz, Leg. T. II. p. 382—458. —
9) So erklärt Rudolf z. B. alle Veräusserungen (donata) von Reichsgütern,
welche von seinen Vorgängern im Reiche seit der Absetzungs-Erklärung Fried-
rich’s II. durch Innocenz IV. (1245) vorgenommen waren, für ungültig —
„nisi consensu majoris partis principum in electione Romani regis vocem habentium
fuerint approbata.“ Sententia Rudolphi (1281 9. Aug.), bei Pertz, Leg. T. II.
p. 435. —-
,0) Vergl. Rudolphi confirmatio privilegiorum ecclesiaeRomanae (1275 Oct.22.)
bei Pertz, Leg. T. II. p. 404. —
”) Durch die unter päpstlicher Vermittlung gepflogenen Vergleichsverhandlungen
wurde Karl von.Anjou (§. 42) bewogen, die angemasste Statthalterschaft über
Toscana wieder aufzugeben, wogegen er mit der zu dem burgundischen Königreiche
gehörigen Grafschaft Provence belieben wurde, welche er als Nachfolger seines
Schwiegervaters in Anspruch genommen hatte. Rudolphi pax cum Carolo, Siciliae
regi (1280, Mart. 22) bei Pertz, Leg. T. II. p. 423. — Sicilien selbst ging aber
bald hierauf (1282) nach der sog. sicilianisclien Vesper, in welcher alle Franzosen
in Sicilien ermordet wurden, für Karl von Anjou verloren. —
 
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