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Zoepfl, Heinrich
Deutsche Rechtsgeschichte (Bd. 1 : T. 1, Geschichte der Rechtsquellen) — Braunschweig: Wreden, 1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.47344#0118
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§. 21. Fortbildung des Rechts durch Gewohnheiten.

mühte, ihren Satzungen Eingang zu verschaffen, und eine positive Aner-
kennung ihrer Autorität, eine bevorzugte Stellung ihrer Diener, sowie die
Sicherstellung ihres Vermögens und ihres Erwerbes zu erwirken lö).

II.

Geschichte der ' Rechtsquellen vom Ende des IX. bis zur Mitte des
XV. Jahrhunderts.

§• 21.
I. Die volkstümliche Rechtsbildung vor der Entstehung neuer Rechtsbücher.
a) Fortgebrauch der alten Volksrechte. Gute und böse Gewohnheit.
I. Wenn gleichwohl die politische Verbindung Deutschlands mit
Frankreich seit der Absetzung Karl’s des Dicken im J. 887 vollständig
und für immer aufgelöst worden war, so äusserte doch zunächst dieses
politische Ereigniss keinen Einfluss auf den Entwickelungsgang der deut-
schen volksmässigen Rechtsbildung im Allgemeinen. Dies kann um so
weniger befremden, als die Leges Populorum weit weniger Gesetze im
eigentlichen Sinne, als vielmehr nur unter königlicher Autorität verfasste
oder modificirte Aufzeichnungen des altherkömmlichen Volksrechtes der
einzelnen Stämme gewesen waren.
II. Für den Fortgebrauch dieser Leges konnte daher das Empor-
steigen Deutschlands zur nationalen Selbstständigkeit kein Hinderniss sein.
Wohl aber trat ein anderer Grund ein, aus welchem der unmittelbare
Gebrauch der alten Leges allmählig in den Gerichten abnehmen musste
und sie selbst immer mehr der Vergessenheit übergeben wurden, wenn-
gleich sich Spuren ihrer Kenntniss und Berücksichtigung bis in das
XIII. Jahrhundert und bis zur Entstehung neuer volksthümlicher Rechts-
bücher verfolgen lassen1)- Dieser Grund liegt in der grösseren Entwicke-

1S) Vergl. oben die Geschichte der Lex Ripuariorum, Alamannorum und
Bajuvariorum etc.
i) So z. B. erwähnt eine Urkunde von 1021 (Cod. dipl. zur Bamberger
Deduction über Fürth Nr. 20): „praedia bavaricis legibus subdita;“ eine Urkunde
von 1094 (Schannat, vindem. lit. I. 175): „Bodo Noricus, vivens Bavarica lege“
(vergl. Zeuss , die Deutschen etc. S. 376). —Urk. CCIX., a. 1126, im Berchtes-
gaden sch en Sckenkungsbuche, in den Quellen zur bayer. u. deut. Gesch. Bd. I.
München, 1856, p. 361: „Rudolfus de loco Tercento, prolessus ex natione mea
lege vivere Romana.“ — Erwähnt ist schon in §. 7. IX. die Verleihung der L.
Bajuvariorum an die Ungarn durch Iv. Heinrich III. a. 1044; in §. 10.
V. und §. 12. XVI. die Erneuerung der L. Saxonum und L. Burgundionum
durch K. Conrad II.; und in §. 14, V. der fortdauernde Gebrauch der Leges
Langobardorum. — Von der L. Salica berichtet Otto Frising. Chron.
L. IV. c. 32: „Ilac lege (Salica) nobilissimi Francorum, qui Salici dicuntur,
 
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