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Zoepfl, Heinrich
Deutsche Rechtsgeschichte (Bd. 3 : T. 2, Geschichte der Rechtsinstitute) — Braunschweig: Wreden, 1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.47346#0300
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284 §• 123. Das Vertragsrecht in der merowing. und karoling. Zeit.
sofern nicht die Natur des Vertrages, wie z. B. bei allen jenen Verträgen,
die ein Wieder geben (zurückgeben) bezwecken, eine Ausnahme in
der Art begründet, dass erst der eine Theil eine Leistung gemacht haben
muss, bevor der andere verpflichtet sein kann. Doch schloss man die
Verträge auch häufig vor Gericht3) oder vor Zeugen4), oder errichtete
Urkunden (testamenta) 5 6) darüber, um den Beweis des Geschäftes festzu-
stellen. Dahin zielten auch die vielfachen bei dem Abschlüsse der Ver-
träge ebenso, wie bei der Uebergabe von Grundstücken gebräuchlichen
Symbole fi).
IV. Bei gewissen Geschäften, wie namentlich bei Vergabungen (tra-
ditiones, donationes) von Immobilien, dem fränkischen adfatimus^ dem reipus,
dem lombardischen thinx u. s. w. war aber bereits die Beobachtung ge-
wisser Formen unerlässlich für den Rechtsbestand des Geschäftes 7).
V. Am häufigsten wird in den Volksrechten der Kauf (penditio,
comparatio)8) erwähnt, und beim Kaufe beweglicher Sachen grosses Ge-
wicht darauf gelegt, dass der Kauf öffentlich, d. h. nicht heimlich,
geschieht 9). Auch treten bei dem Kaufe mitunter schon die römischen
3) Hierdurch wurden die Schöffen zugleich Zeugen, und also Notorietät des
Geschäftes bewirkt.
4) Gewöhnlich war hierbei die Formalität, die Zeugen am Ohre zu
zupfen. L. Bajuvar. Tit. 16 c. 2: „Si festem habuerit per aurem trac-
tum.“ — Vergl. ibid. Tit. 15 cap. 2. 12; L. Rip. 59; L. Alam. 94; Ines,
Gesetze, c. 25; Aethelstan II. c. 14. — Sehr alt scheint auch das Bewirthen
von Personen, welche Zeugen eines Geschäftes sein sollen, mit Wein oder Bier:
daher z. B. die Bezeichnung eines Kaufes in solchem Falle als „Weinkauf,
mercipotum.“ — G. L. v. Maurer, über das gerichtliche Weinen und Be-
weinen und die gerichtliche Beweinung. München, 1846. — Vergl. die Magde-
burger Rechtsweisung für Goldberg (Saecul. XII.), bei Gaupp, Magdeb. u.
Hall. R. p. 222 c 18: „Si quis alium pro debitis in querimoniam traxerit, nullis
testibus inductis convincere eum poterit, nisi adhibeat illos, qui forractum
eorum audiverint, et forte vinum in testimonium rei auditae biberint.“ — Ueber
Weinkauf, s. meineAlterthümer, Bd. I. 158. 161; über Kauf in Bierweise,
Hinkelmannsbier, ebendas. Bd. III. 334.
5) Testament um bezeichnet im Mittelalter jede Urkunde. Bei der Er-
richtung war stets die Zuziehung von Zeugen (häufig sieben, wie bei den eigent-
lichen römischen Testamenten) gebräuchlich, die in der Urkunde selbst als solche
erwähnt werden.
6) Vergl. besonders Grimm, in der Einleitung zu den deutschen Rechts-
alterthümern.—Reyscher, Beitr. z. Kunde des deutschen Rechtes. 1. Beitr.
Ueber die Symbolik des germ. Rechtes. Tübingen, 1833.
’) Vergl. z, B. L. Burgund. Tit. 43 de donationibus. — Siehe die oben
in §. 101 angeführten Stellen.
8) Venditio: L. Bajuvar. XV. de v en ditioni bus; comparatio:
Luitprand. c. 70.
9) Z. B. L. Sal. Herold. L. de filtortis: „publice negotiare.“ Vergl.
Euitprand c. 79.
 
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