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Zoepfl, Heinrich
Deutsche Rechtsgeschichte (Bd. 3 : T. 2, Geschichte der Rechtsinstitute) — Braunschweig: Wreden, 1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.47346#0299
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IV. Abschnitt.
V E R T R A G S R E C H T.

§• 123.
- Das Vertragsrecht in der merowingischen und karolingischen Zeit*).
I. Aus den Zeiten vor der Aufzeichnung der Volksrechte sind keine
Nachrichten über das Vertragsrecht auf uns gekommen; selbst die Volks-
rechte enthalten nur wenige Andeutungen hierüber. Ueberhaupt ist das
Vertragsrecht ein Rechtstheil, ■ in Bezug auf welchen sich bei allen Völkern
erst spät umfassende gesetzliche Normen bilden, da der Inhalt der Ver-
träge hauptsächlich von der Willkür der Paciscenten abhängt, und in
jedem einzelnen Falle die besonderen Umstände in Erwägung kommen
müssen, worüber am zweckmässigsten das billige Ermessen der Urtheiler
zu erkennen scheint.
II. Die allgemeine Bezeichnung der Verträge war pactus (pactum),
pactio, convenentia oder convenientia-, dasselbe drückt das Wort thinx
(thing — Ding) aus und hat sich noch heut zu Tage in der Form Geding
erhalten; doch verband sich im lombardischen Rechte mit, diesem Worte
noch die besondere Bedeutung einer feierlichen Vergabung (donatio) unter
Lebenden oder von Todeswegen l), sowie auch die Bedeutung von G-e-
richtla).
III. Die Verträge bedurften in Deutschland regelmässig keiner Form
und waren daher sofort mit der Einwilligung der Parteien perfect2),
*) 0. Stobbe, zur Geschichte des deutschen Vertragsrechtes. 3 Abhand-
lungen. Leipzig, 1855.
x) L. Rot har. c. 171: . . . omne thinx, quod est donatio“ etc. —
Siehe oben §. 115. X. — Verwandt mit thinx (thing, Ding) sind bedingen, auf-
dingen, verdingen, Bedingung u. s. w., wobei stets die Idee des Vertrags-
mässigen zu Grunde liegt.
la) Siehe Bd. I. §. 1 Note 14; Bd. II. §. 2. VI.; diese Bedeutung ist dem
Worte Ding das ganze Mittelalter hindurch geblieben und hat sich vielfach noch
in neuerer Zeit erhalten; vergl. Dingpflicht, Dingflucht, tagdingen.
2) Dies sagt die Parömie: „ein Mann, ein Wort.“ — Dieselbe Grundan-
sicht, welche auch als die rechtsphilosophische zu betrachten ist, hat auch das
canonische Recht und der Code Napoleon aufgenommen.
 
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